Wutach – Die Interessen von Wasserschutz und landwirtschaftlichen Betrieben sind recht unterschiedlich. Das wurde bei der Vorstellung von Erweiterungsplänen für das Wasserschutzgebiet der Oberletz- und Nussbachquellen für die Wasserversorgung der Nachbargemeinde Stühlingen im Gemeinderat Wutach deutlich. Die Gemeinde Wutach muss im Zuge der Anhörung für den Antrag von Stühlingen eine Stellungnahme abgeben, da knapp 140 Hektar des Schutzgebietes auf Wutacher Gemarkung sind. Insgesamt soll die Schutzzone auf 345 Hektar erweitert werden. Eine Entscheidung soll nach der Sommerpause fallen.
Erhard Graunke und Martin Lang (beide UWW) machten deutlich, dass Landwirte bei einer Erweiterung wegen der Einschränkung der Bewirtschaftung Zukunftsängste haben: "Wasser muss in Ordnung sein, aber die Landwirte brauchen auch Planungssicherheit für ihre Betriebe", erklärte Graunke. Bürgermeister Christian Mauch betonte gleich zu Beginn der Sitzung: "Wir spielen mit offenen Karten und wollen den Dialog mit den Landwirten." Und er erklärte, dass es eine öffentliche Veranstaltung geben werde, in der Landwirte ihre Sichtweise erläutern und Anregungen geben können.
Die Debatte um die Erweiterung des Wasserschutzes liege schon Jahre zurück, sagte Mauch. In Lausheim wurde vor sechs Jahren schon einmal darüber öffentlich diskutiert. Mauch erläuterte auch die Entscheidung der Stühlinger, sich für ein Schutzgebiet und gegen den Zukauf von Trinkwasser vom Zweckverband Gruppenwasserversorgung Hochschwarzwald zu entscheiden. Die Gemeiden Wutach bezieht hier einen Teil seines Trinkwassers.
Ulrich Wagner und Veronika Granacher vom Umweltamt des Landkreises erläuterten die Pläne. Sie betonten, dass die Erweiterung schon jetzt ein Kompromiss gegenüber den ursprünglichen Plänen von 1992 sei. Entscheidend für die Ausweisung dieses Wasserschutzgebietes sei der Nitratgehalt der Nussbachquelle, der mit über 60 Milligramm pro Liter deutlich über den Grenzwert von 50 mg/l liege. Die Absenkung dieser hohen Konzentration sei das Ziel. Wagner informierte darüber, dass die Stühlinger Landwirte die Schutzzonen erhalten wollen, auch weil sie für die eingeschränkte Bewirtschaftung Entschädigungszahlungen erhalten.
Ludwig Käppeler vom Landwirtschaftsamt, das die Interessen der Landwirte vertritt, machte vehement darauf aufmerksam, dass in einem Sanierungsgebiet wie dem geplanten, besondere Einschränkungen für die Bewirtschaftung gelten. Hauptproblem sei für die Betriebe mit Tierhaltung, dass in Schutzzone III eines Sanierungsgebiets "kein wirtschaftlicher Dünger" (Mist, Gülle, Reste aus Biogasanlage,) ausgebracht werden darf, auch Pflanzenschutzmittel seien Tabu. "Diese Vorschriften sind wie ein Korsett für die Landwirte", sagte Käppeler.
Martin Lang, selbst Landwirt, wunderte sich, dass das Schutzgebiet ausgeweitet wird: "Frischwasser zuzukaufen ist günstiger, als Schutzgebiete auszuweisen." Hinzu komme, dass eine neue, schärfere Düngeverordnung für landwirtschaftliche Betriebe angekündigt sei. Darauf allein will sich aber das Umweltamt beim Wasserschutz nicht verlassen, betonte Wagner. Joachim Burger (CDU) regte an, die Entscheidung zur Erweiterung des Schutzgebietes zu vertagen, bis alle Fakten auf dem Tisch liegen.
Ulrich Wanger stellte klar, dass das Verfahren für die Erweiterung weiterlaufe. Und ob die bisher gestrichenen oder ruhenden Planungen von Schutzgebieten zu einem späteren Zeitpunkt nicht wieder aufgerollt werden, ließ er offen. Er wies aber auch darauf hin, dass 20 Schutzgebiete in den vergangenen zehn Jahren aufgehoben wurden. Wagner lenkte aber auch ein und will darüber nachdenken, ob in Stühlingen Schutzgebiete aufgehoben werden könnten, um den Wutacher Landwirten entgegenzukommen.
Für Erhard Graunke ist die Erweiterung ein "Hemmschuh" für wirtschaftliches Wachstum. Die Politik müsse Fördertöpfe für die Landwirte aufmachen, die jetzt noch verschlossen seien. Käppeler sagte: "Zu den Wasserschutz- kommen auch noch FFH-Gebiete. Wo soll die Landwirtschaft noch hin?"
Bürgermeister Mauch erklärte, dass es "keinen Schnellschuss" geben werde, betonte aber, dass Stühlingen die höchsten Wassergebühren im Landkreis habe und seine Gemeinde Stellung beziehen müsse: "Grundwasserschutz geht nur mit den Bewirtschaftern und nicht gegen sie."
Fakten zum geplanten Schutzgebiet
Die Stadt Sühlingen hat die Erweiterung des Wasserschutzgebietes Oberletzquellen und Nussbachquellen beantragt. Die Gemeinde Wutach muss dazu Stellung nehmen.
- Flächenbilanz: Das bestehende Wasserschutzgebiet für Oberletz- und Nussbachquellen beträgt 155 Hektar und befindet sich ausschließlich auf Stühlinger Gemarkung. Das Gebiet soll nun um 345 Hektar erweitert werden, wovon 140 auf Wutacher und 36 auf Blumberger Gemarkung liegen. Ursprünglich war eine Erweiterung um 1387 Hektar geplant.
- Gründe für Erweiterung: Laut der Umweltschutzbehörde im Landratsamt Waldshut müssen unterirdische Einzugsgebiete särker berücksichtig werden. Aktuelle Auswertungen der Quellschüttung der Nussbachquellen ergaben einen Wert von 9,3 Liter pro Sekunde, bisher 5,5 l/s. Gleichzeitig wurden über dem Grenzwert (50 mg/l) liegende Nitratwerte festgestellt. Somit soll das Wasserschutzgebiet ein Nitratsanierungsgebiet werden. Nach der Wasserrahmenrichtlinie ist im Bereich Stühlingen/Wutach ein gefährdeter Grundwasserkörper ausgewiesen.
- Schutzbestimmungen: In der Schutzgebiets- und Ausgleichsverordnung sind die Vorgaben für die landwirtschaftliche Bewirtschaftung. Die 140 Hektar auf Wutacher Gemarkung befinden sich im Sanierungsgebiet in Zone III.
- Verfahrensablauf: Derzeit läuft die Anhörung von betroffenen Gemeinden, Landwirtschafts-, Bauamt und so weiter. Der Planentwurf liegt dann zur Eisicht für jedermann in den Landratsämtern von Waldshut, Schwarzwald-Baar-Kreis sowie den Gemeinden Stühlingen, Wutach und Blumberg aus.
- Entschädigung: Betroffene Landwirte in einem Wasserschutzgebiet werden finanziell entschädigt. In einem Sanierungsgebiet ist ein Pauschalausgleich von jährlich 165 Euro/Hektar plus ein Flächenausgleich von 15 Euro/ha vorgesehen. Beantragt werden kann auch ein Einzelausgleich. Dabei muss der Landwirt für alle Flächen seines Betriebes im Wasserschutzgebiet die entstandenen Nachteile belegen.