Der 168. Chilbi Markt in Birkendorf zog auch in diesem Jahr wieder Hunderte von Besuchern aus der Region an. Rund 80 Marktbeschicker präsentierten ein vielfältiges Angebot. Bei mildem Herbstwetter ging es schon früh morgens los und ab 14 Uhr war reger Marktbetrieb. Die Leute kauften ein und genossen die Geselligkeit an den Ständen mit kulinarischem Angebot.

Den Markt, seit Jahr und Tag fester Bestandteil des kulturellen Lebens in Birkendorf, nutzen Menschen stets auch, Bekannte zu treffen und Gemeinschaft zu pflegen. Längst gibt es keine Schiffschaukeln, Karussell und Autoscooter mehr, aber dennoch hat die Tradition weiterhin starke Anziehungskraft.

Bettina und Roger Renaudin in zweiter Generation seit 40 Jahren am Chilbimarkt – zuerst mit Spielwaren, danach übernahmen sie das ...
Bettina und Roger Renaudin in zweiter Generation seit 40 Jahren am Chilbimarkt – zuerst mit Spielwaren, danach übernahmen sie das Tischdeckengeschäft von Thomas Kleiner. Von links: Bettina Renaudin, Marktmeisterin Leah Stelzer, Mark Stengel vom Bauhof, erstmals dabei Ortsvorsteherin Marianne Buchmüller und Roger Renaudin. | Bild: Ursula Ortlieb

Das besondere Flair, die Atmosphäre und die Begegnungen sind immer wieder ein Erlebnis, das viele nicht missen möchten. Es ist auch der endgültige Abschied von der Leichtigkeit des Sommers und Übergang in den Herbst mit Blick auf den nahenden Winter.

Marktbeschicker seit Generationen

Die Marktbeschicker machen den besonderen Reiz der Chilbi aus. Viele sind seit zwei oder drei Generationen im Geschäft und haben sich einen treuen Kundenstamm aufgebaut. Für sie ist es wichtig, jedes Jahr am selben Platz zu stehen. „Es ist immer wieder schön, die Gesichter unserer Stammkunden zu sehen und unsere neuesten Produkte vorzustellen“, sagt einer der langjährigen Händler.

Peter Schützelhofer ist seit 18 Jahren am Chilbimarkt in Birkendorf mit Puppenkleider, die seine Frau Gabi (hier nicht auf dem Bild) ...
Peter Schützelhofer ist seit 18 Jahren am Chilbimarkt in Birkendorf mit Puppenkleider, die seine Frau Gabi (hier nicht auf dem Bild) alle selbst näht. „Schade, dass meine Kinder das Marktgeschäft nicht übernehmen. Es ist doch lukrativ und man hat seine Freiheit“, meint er. Seit der Spielwarenkollege Scharbatke aufgegeben hat, führt er auch Holzspielzeug. | Bild: Ursula Ortlieb

Beliebte Treffpunkte sind besonders für die Einheimischen die Stände der Vereine, des FC Birkendorfs, der seit 50 Jahren seinen festen Platz hat und der Narrenzunft HüRi aus Hürrlingen-Riedern, die seit rund 45 Jahren dabei ist. Ebenso lange steht die KFD Birkendorf am Marktanfang mit Zwiebelkuchen, Glühwein, Suser und Hefezopf an ihrem Platz. Sie spenden den Erlös für soziale Zwecke.

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Corona verändert Leben der Markbeschicker

Hinter der fröhlichen Atmosphäre des Chilbi Marktes liegt eine Realität, die nachdenklich macht: Langjährige Marktbeschicker ziehen sich zurück, da sie keine Nachfolger finden können. Ihre Kinder sind meist gut ausgebildet und haben andere berufliche Perspektiven. „Sie möchten nicht mehr auf die Märkte“, äußern sich viele der betroffenen Händler. Als 2020/21 die Märkte im Corona-Lockdown ausfielen, hat sich diese Entwicklung beschleunigt. Einige haben ihr Marktgeschäft zwar altersbedingt, aber trotzdem früher als geplant, aufgegeben oder haben sich im Onlinehandel etabliert. So viele Marktbeschicker – so viele persönliche Geschichten kann man erfahren.

Silke und Dirk Bühler sind seit rund 18 Jahren auf dem Chilbimarkt vertreten. Sie präsentieren eigene Kreationen von Silberschmuck aus ...
Silke und Dirk Bühler sind seit rund 18 Jahren auf dem Chilbimarkt vertreten. Sie präsentieren eigene Kreationen von Silberschmuck aus ihrem Atelier in Albstadt. Seit dem Corona Lockdown haben die beiden den online-Handel verstärkt, um über die Runden zu kommen, wie Dirk Bühler erklärt. | Bild: Ursula Ortlieb

Ohne die jahrzehntelange Erfahrung und Tradition der Generationen ändert sich auch die gewohnte Form des Chilbi Marktes.

Die Marktbeschicker und ihre Geschichte

Bettina und Roger Renaudin aus Hilzingen sind seit 40 Jahren auf dem Markt – erst mit Spielwaren und seit neun Jahren mit abwaschbaren Tischdecken. Roger Renaudin stammt aus einer Marktfamilie.An 120 Märkten ist das Ehepaar jährlich vertreten. Auch Renaudins Vater, der 2020 starb, war über 40 Jahre und letztmals 2019 in Birkendorf. Die Kinder sind in Ausbildung und es sei nicht sicher, ob sie einmal weitermachen. „Es bedeutet harte Arbeit und das wollen die Jungen nicht mehr“, sagt der langjährige Händler.

Am Nachmittag herrschte Hochbetrieb unzähliger Marktbesucher an der Chilbi.
Am Nachmittag herrschte Hochbetrieb unzähliger Marktbesucher an der Chilbi. | Bild: Ursula Ortlieb

Der 65-jährige Vittorio Procopio übernahm vor 38 Jahren von seiner Schwiegermutter Frau Trapp den Marktstand mit Damenbekleidung und Accessoires. „Der Markt ist mein Leben“, sagt er. Etwas anderes könne er sich nicht vorstellen. Von 180 habe er auf 100 bis 120 Märkte im Jahr reduziert und wolle weitermachen so lange es gehe.

Vittorio Procopio ist seit 39 Jahren an der Chilbi. Er hat in eine Traditions-Marktfamilie (Ams, Trapp, Renaudin) eingeheiratet. „Der ...
Vittorio Procopio ist seit 39 Jahren an der Chilbi. Er hat in eine Traditions-Marktfamilie (Ams, Trapp, Renaudin) eingeheiratet. „Der Markt ist mein Leben“, sagt der 65-Jährige. Sohn und Tochter haben andere Berufe, was er versteht aber ein bisschen bedauert. „So lange es gesundheitlich geht, mache ich weiter“, sagt er. | Bild: Ursula Ortlieb

Christian Mauch ist mit Hüten, Gürteln und Hosenträger in zweiter Generation Marktbeschicker. Er war schon als Kind mit den Eltern an der Chilbi und musste einmal ein paar Tage in Birkendorf zur Schule, erzählt er. Die Kunden kaufen und bringen auch Gürtel und Hosenträger zum Reparieren. Er hoffe, dass eines seiner Kinder das Geschäft einmal übernimmt.

Christian Mauch hat das Marktgeschäft der Eltern übernommen. Mauch Hüte, Mützen, Gürtel, Hosenträger und Reparaturservice gibt es schon ...
Christian Mauch hat das Marktgeschäft der Eltern übernommen. Mauch Hüte, Mützen, Gürtel, Hosenträger und Reparaturservice gibt es schon über 60 Jahre am Birkendorfer Chilbi-Markt. Er liebt seinen Beruf als Marktbeschicker. Seine drei Kinder sind noch klein und müssen erstmal was lernen. Danach sehen wir weiter, so Mauch. | Bild: Ursula Ortlieb

Ein positives Beispiel ist beim 74-jährigen Giuseppe Rosato zu finden. Er hat einen Nachfolger gefunden. Nach zweijähriger Pause freuen sich die Kunden, ihn wieder mit heißen Maroni und Glühwein am Markt zu sehen. Diesmal ist er als Mitarbeiter des neuen Eigentümers Rafael Schön dabei.

Guiseppe Rosato ist eigentlich seit zwei Jahren in Rente. Aber gerne hilft er seinem Nachfolger Rafael Schön am Glühweistand aus. Seine ...
Guiseppe Rosato ist eigentlich seit zwei Jahren in Rente. Aber gerne hilft er seinem Nachfolger Rafael Schön am Glühweistand aus. Seine Stammkunden freuen sich über das Wiedersehen und über die heißen Maroni, sowie den Glühwein Amaretto. | Bild: Ursula Ortlieb

Chilbimarkt als wichtiger Treffpunkt

Die Chilbi in Birkendorf bleibt ein wichtiger Treffpunkt für die Gemeinschaft, und die Hoffnung besteht, dass neue Marktbeschicker gefunden werden, die wie ihre Vorgänger das Marktleben lieben, die Tradition fortführen und damit den Markt in die Zukunft tragen.

Der Süßwarenstand von Roland Mayer (links) (früher Dierenbach) steht seit über 50 Jahren immer am selben Platz am Chilbimarkt. Mit zwei ...
Der Süßwarenstand von Roland Mayer (links) (früher Dierenbach) steht seit über 50 Jahren immer am selben Platz am Chilbimarkt. Mit zwei Mitarbeitern bewältigt er den Kundenansturm. | Bild: Ursula Ortlieb

Immer wieder freut man sich auf das nächste Jahr, erneut beim beliebten Händler vorbeizuschauen und Leute zu treffen, die man von früher kennt und nur am Chilbi Markt wieder sieht.

Weitere Bilder vom Chilbimarkt sehen Sie hier.

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