Mister Lamb, Großbritannien wählt ein neues Parlament und stimmt damit indirekt auch über den Brexit, also den Austritt aus der EU ab. Bekommt die Städtepartnerschaft zwischen Lewes und Waldshut-Tiengen vor diesem Hintergrund eine neue Bedeutung?
Gerade in Zeiten der dramatischen Veränderungen wie in diesen Tagen, erkennt man die Bedeutung der Verschwisterung. Die Partnerschaft mit Waldshut-Tiengen halte ich für sehr wichtig für Lewes. Die zahlreichen Kontakte zwischen den Bürgern aus beiden Städten beweisen dies. Längst gibt es viele individuelle Freundschaften. Die Partnerschaft zwischen unseren Städten ist wichtiger denn je. Ich spüre auch, dass die Menschen hier in Lewes noch mehr daran interessiert sind, was in Waldshut-Tiengen passiert.
An der diesjährigen Chilbi waren Sie in Waldshut-Tiengen. War dies Ihr erster Besuch in der Partnerstadt?
Nein, vor drei Jahren war ich während des Schwyzertags in Tiengen bei Ihnen. Und eben in diesem Sommer anlässlich der Chilbi in Waldshut. Dieses Mal hat mich besonder die beleuchtete Kaiserstraße beeindruckt.

Die Bürger von Lewes haben bei der Brexit-Abstimmung mit 70 Prozent für einen Verbleib in der EU gestimmt. Was waren aus Ihrer Sicht die Gründe dafür?
Das Leben und die Menschen in Lewes sind geprägt von einem großen Unabhängigkeitsgefühl. Früher dominierte die Labour-Party (Arbeiterpartei), heute stehen die Bürger mehrheitlich hinter den Liberaldemokraten. Grundsätzlich würde ich sagen, dass wir eine progressive, also fortschrittliche Politik in Lewes machen.
Wie stehen Sie persönlich zu einem Austritt Ihres Landes aus der EU?
Die Europäische Union ist sehr gut für unsere Wirtschaft. Also hätte ein Austritt negative Folgen für uns. Die Menschen in Lewes fürchten sich nicht, wenn Fremde in ihr Land kommen. Auch historisch betrachtet waren wir immer ein Teil von Europa. Eine Unabhängigkeit Großbritanniens von der EU halte ich für dumm. Und das sehe nicht nur ich so. Viele Menschen aus Lewes haben in London für einen Verblieb unseres Landes in der EU demonstriert.
Wissenswertes rund um Lewes
Weshalb gab es Ihrer Meinung nach dennoch eine Mehrheit für einen Austritt?
Das liegt wohl nicht zuletzt an der hohen Arbeitslosigkeit bei uns in Großbritannien. Insbesondere für junge Menschen ist es aktuell sehr schwierig einen Job zu finden.

Was passiert aus Ihrer Sicht, wenn es tatsächlich zum Brexit kommt?
Die Leute haben Angst, dass Großbrittanien auseinanderbricht, dass Schottland wegbricht. Viele Schotten sehen sich als unabhängigen Staat innerhalb der EU. Die Wirtschaft wird leiden. Und die Auffassung bei uns im Land, dass Großbritannien in US-Präsident Donald Trump einen guten Verbündeten an seiner Seite hat, teile ich mitnichten. Trump ist meiner Meinung nach ein völlig unzuverlässiger Partner.
Was glauben Sie, wie die Parlamentswahlen in Großbritannien ausgehen?
Ich denke, es wird keine klare Mehrheit geben. Der Premierminister wird auf andere Parteien angewiesen sein. Es wird nicht anders sein, als jetzt. Die Liberaldemokraten ist die einzige Partei die ohne Einschränkungen gegen den Brexit ist. Aber sie wird vermutlich nur auf Rang drei landen.

Wie empfinden Sie die grundsätzliche Stimmung zum Brexit?
Die Leute hier bei uns in Großbritannien haben genug von dem ewigen hin und her. Sie wollen eine Entscheidung. Dies gilt insbesondere für die Verantwortlichen in der Wirtschaft. Die Leute wollen ein Ende der Brexit-Diskussion. Denn aktuell liegen viele Entscheidungen auf Eis. In Lewes sieht meiner Meinung nach eine Mehrheit der Bürger die Chance, die konservative Regierung abzuwählen.
Gibt es aus Ihrer Sicht eine Chance auf ein zweites Referendum, also eine erneute Abstimmung über den Brexit?
Es gibt immer eine Chance. Die könnte aber daran scheitern, dass Labour in der Brexit-Frage in Wahrheit keine einheitliche Meinung vertritt. Wenn es Parteichef Jeremy Corbyn tatsächlich ernst wäre mit einem Verbleib Großbritanniens in der EU, dann würde er mehr dafür tun. Auch finde ich, dass er in jüngster Vergangenheit zu wenig Führungsstärke gezeigt hat.
