Susann Duygu-D'Souza

Allerdings gibt es etliche Faktoren, die zu einer Minderung des Strafmaßes beitragen könnten. Genaue Hintergründe zur Tat gibt es laut Polizei bisher noch nicht. Dietmar Ernst, Pressesprecher der Polizei in Lörrach: "Die Mutter wird derzeit ausführlich vernommen." Auch das Jugendamt in Waldshut führt Gespräche mit der sorgeberechtigten Mutter. Die betroffene Familie sei dem Amt im Vorfeld aber nicht bekannt gewesen.

Das Baby, das am Mittwoch kurz nach seiner Geburt auf dem Parkplatz beim Waldshut Krankenhaus ausgesetzt wurde, befindet sich mittlerweile in der Kinderklinik in Lörrach. Laut Polizeisprecher Dietmar Ernst geht es dem einen Tag alten Jungen soweit gut. "Wir sind zuversichtlich, dass sich das Kind normal entwickeln wird." Laut Spital Waldshut war der kleine Jungen unterkühlt, schwebte allerdings nicht in Lebensgefahr. Auch der Mutter, die das Kind ausgesetzt hat und kurz darauf von der Polizei ermittelt werden konnte, gehe es den Umständen entsprechend gut.

Wird ein Baby ausgesetzt und die Mutter ermittelt, wird in der Regel zunächst mit der Mutter intensiv gesprochen. Das Baby kommt laut Jugendamt, derweil in eine Bereitschaftspflegefamilie, bis geklärt wird, ob der Mutter das Sorgerecht über das Familiengericht entzogen wird oder das Kind wieder zurück zur Mutter kommt.

Spital Waldshut prüft Einrichtung einer Babyklappe

Der Säugling, der von einer Mitarbeiterin des Spitals gefunden wurde, ist der erste Fall von einem ausgesetzten Baby in den vergangenen Jahrzehnten, informiert das Spital Waldshut. Damit künftig kein Kind mehr auf der Straße abgelegt werden muss, prüft das Spital in Waldshut die Einrichtung einer Babyklappe. Bisher gibt es im Landkreis Waldshut keine. Die nächsten Babyklappen befinden sich in Lörrach, Singen und Villingen-Schwenningen. Geschäftsführer der Spitäler Hans-Peter Schlaudt: „Wir erfüllen die Voraussetzungen, um Müttern in Not, eine solche Möglichkeit zu bieten, wir werden daher jetzt auf schnellstem Wege die baulichen Maßnahmen prüfen und das Thema dann schnellstmöglich auf den Weg bringen." Weiter sagt er: „Grundsätzlich darf die Babyklappe jedoch nur der letztmögliche Ausweg für eine schwangere Frau in Not sein, daher werden wir parallel prüfen, was für weitere Hilfestellungen wir bieten können.“ Im Februar soll das Thema in der Gesellschafterversammlung vorgestellt werden, die dann über die Realisierung abstimmt. Derzeit wird noch nach geprüft, wo eine Babyklappe eingerichtet werden kann. Eine Möglichkeit wäre am alten Haupteingang des Spitals.

Auch Henrik Lutz, Leiter der Frauenheilkunde am Spital Waldshut, sagt: "Eine Babyklappe ist eine absolute Notlösung." Es gebe andere Möglichkeiten, ein Kind anonym abzugeben, die weniger gefährlich für Mutter und Kind seien. Damit meint der Frauenarzt die vertrauliche Geburt. Lutz erklärt: "Die vertrauliche Geburt gibt es seit 2013 im Landkreis Waldshut. In der Regel läuft sie so ab, dass eine werdende Mutter eine Beratungsstelle (siehe Infokasten) aufsucht. Die Frau wird dort angemeldet und die Daten werden verschlossen hinterlegt. Die Frau erhält ein Pseudonym, mit dem sie im Spital Waldshut ihr Baby unter medizinischer Aufsicht zur Welt bringen kann. Der Vorteil für die Gebärende liegt in der medizinischen Betreuung, so wird gewährleistet, dass Mutter und Kind keinem unnötigen Risiko ausgesetzt werden, wie beispielsweise im Falle einer heimlichen Geburt zuhause." Anschließend wird das Kind betreut und kommt in eine Pflegefamilie. Die Mutter hat allerdings acht Wochen Zeit, ihre Entscheidung zu revidieren. Die Kosten für die Vor- und Nachsorge übernimmt der Bund. Allerdings hat bisher im Spital Waldshut noch keine Frau die Möglichkeit der vertraulichen Geburt genutzt. Generell gebe es wenige Fälle von Müttern, die ihre Kinder abgeben. Henrik Lutz: "Wir haben hier maximal ein bis zwei Fälle pro Jahr, bei denen Kinder zu Adoption frei gegeben werden."

Grundsätzlich gibt es auch die Möglichkeit einer anonymen Beratung für schwangere Frauen. Wer bereits heute im Landkreis Waldshut schwanger und in Sorge und/oder Not ist, für den gibt das Not-Telefon der Bundesregierung (0800/4 04 00 20). Henrik Lutz: „Generelles Ziel einer Beratung muss sein, Schwangeren Wege aufzuweisen, wie sich ein Leben mit Kind ohne Ängste und Sorgen ermöglichen lässt, wie es durch Beratung über frühe Hilfen angestrebt wird.“ Das aktuelle Beispiel habe gezeigt, dass hierfür auch im Landkreis Bedarf bestehe. Bereits heute findet immer dienstags um 10 Uhr im Spital Waldshut eine „Beratung der frühen Hilfen“ seitens des Landratsamtes statt.

Hilfestellen

Wer eine vertrauliche Geburt haben möchte, kann sich an den Caritasverband Hochrhein wenden (Telefon 07751/8 01 10 oder 07761/56980), das Diakonische Werke Hochrhein (Telefon 07751/8 30 40 oder 07761/5 53 58 90) sowie an DonumVitae Regionalverband Hochrhein (07751/89 82 37).