Susann Duygu-D'Souza

Frau Hirt, derzeit ist eine junge Frau in der Stadt unterwegs und verteilt Flyer über das Festival der Vielfalt. Was genau ist diese Veranstaltung?

Das Festival der Vielfalt findet zum ersten Mal in Waldshut-Tiengen statt und zwar am 3. Oktober von 13 bis 21 Uhr auf dem Marktplatz und im Ali-Theater in Tiengen. Die Stadt will sich beim Festival von ihrer Regenbogenseite zeigen. Dabei geht es darum, zum Thema sexuelle Vielfalt und Orientierung zu informieren.

Ein heikles Thema auf dem Land?

Ja, sicher mehr als in Städten wie Freiburg oder Hamburg. Ich muss immer an diesen Spruch denken: ‚Jeder will individuell sein, aber wehe, jemand ist anders.‘ Ich würde mir wünsche, dass Andersartigkeit als etwas Schönes betrachtet wird.

Wie kam es zu der Idee zum Festival?

Die Idee ist im Jugendpub in Tiengen entstanden. Dort gibt es ein Mal pro Monat an einem Freitag ein offenes Treffen – den sogenannten Rainbow-Friday. Die Initiative dazu ging von den Jugendlichen selbst aus, weil sie ein Angebot zum Thema LSBTTIQ* (lesbische, schwule, bisexuelle, transgender, transsexuelle, intersexuelle und queere Menschen) auf die Beine stellen wollten. In der Regel kommen zwischen 30 und 50 Jugendliche dazu, das Interesse ist also da. Und dort wurde eben auch die Idee für das Festival der Vielfalt geboren.

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Was wird es alles beim Festival der Vielfalt geben?

Das Programm des Festivals ist bunt und richtet sich an alle, die sich über das Thema sexuelle Vielfalt informieren wollen. So gibt es neben mehreren Infoständen und einer Beratungsstelle auch Musik von den Zarte Säu, auch einen Rainbow-Fashion Verkaufsstand und Kinderschminken, an dem wir auch Selbstgemachtes wie Stirnbänder verkaufen. Außerdem gibt es einen Kuchenverkauf der Pfadfinderinnenschaft St. Georg aus Dogern. Einer der Höhepunkte ist ein Vortrag mit Diskussionsrunde von und mit Veuve Noire, einer Dragqueen aus der Familie der aus dem Fernsehen bekannten Hamburger Travestiekünstlerin Olivia Jones. Von 18 bis 21 Uhr gibt es dann eine Disko im Ali-Theater. Auch zwei Ausstellungen zum Thema sexuelle Vielfalt werden angeboten.

Gibt es schon Resonanz aus der Bevölkerung?

Ich habe eigentlich immer Flyer in meiner Tasche, und wenn ich in Geschäften nachfrage, ob ich sie auslegen darf, sind die Reaktionen darauf sehr positiv. Viele fragen dann direkt nach, worum es geht und viele überlegen sich, das Festival zu besuchen. Wir freuen uns auch, dass Amnesty International mit einem Stand am Festival teilnehmen wird, wie sie uns erst vor kurzem mitgeteilt haben.

Mit wie vielen Besuchern rechnen Sie?

Das können wir schwer einschätzen, weil es ja noch keinen Erfahrungswert gibt. Aber wir hoffen natürlich, dass viele kommen werden, zumal es ja sonst in der Stadt kaum Angebote zu diesem Thema gibt.

Worauf freuen Sie sich persönlich am meisten?

Ich freue mich, dass die Stadt dieses Vorhaben möglich macht und das Kinder- und Jugendreferat dabei sehr unterstützt. Ich freue mich auch darüber, dass die Jugendlichen und Ehrenamtlichen mich dazu ermutigt haben, weil es ja auch ein schwieriges Thema auf dem Land ist.

Sie arbeiten seit knapp drei Jahren für das städtische Kinder- und Jugendreferat. Wo waren Sie vorher tätig?

Ich habe eine Wohngruppe für schwer und mehrfach behinderte Erwachsene geleitet. Ich bringe auch 13 Jahre aktive Erfahrung aus der Behindertenarbeit mit, privat wie auch beruflich. Inklusion ist für mich ein großes Thema, aber auch Gender ist ein Thema, was sehr wichtig ist, und mir ebenfalls am Herzen liegt. Da finde ich es noch schöner, jetzt Jugendliche zu unterstützen.

Was erhoffen Sie sich von der Veranstaltung?

Dass sie positiv angenommen wird und möglichst viele Menschen, egal ob jung oder alt, mit Behinderung oder ohne, homosexuell oder heterosexuell, kommen werden. Und auch der Eintritt liegt mit 3,50 Euro – ermäßigt bei zwei Euro – nicht sehr hoch. Weiter erhoffe ich mir, dass Kontakte geknüpft werden können, und sich die Menschen überhaupt mit dem Thema beschäftigen und Gespräche angeregt werden und vielleicht sogar eine Beratungsstelle eingerichtet wird. Bisher ist es zwar nur angedacht, dass es eine einmalige Veranstaltung ist, zumal wir ja auch die Höchstfördersumme vom Landesministerium für Soziales und Integration bekommen haben. Ich würde mir aber wünsche, vorausgesetzt die Resonanz ist hoch, dass es ein solches Angebot auch künftig geben wird.

Fragen: Susann Duygu-D‘Souza