Die mitunter gefährliche Verkehrssituation in der Kalvarienbergstraße, eine der beiden Zufahrtsstraßen auf den Waldshuter Aarberg, soll im Juni dieses Jahres entschärft werden. Teilweise parken entlang der Wohnbebauung so viele Fahrzeuge, dass Auto- und Busfahrer oftmals keine Lücke finden, um dem Begegnungsverkehr auszuweichen.

Daher hatte der Gemeinderat der Stadt Waldshut-Tiengen im Juli 2020 einstimmig entschieden, die dortigen Parkflächen auf 18 zu begrenzen und als Bewohnerparkplätze auszuweisen. Ursprünglich sollte die Maßnahme bereits im vergangenen Oktober umgesetzt werden, das Wetter habe der Verwaltung jedoch „einen Strich durch die Rechnung gemacht“, wie Oberbürgermeister Philipp Frank auf Nachfrage mitteilt. Ein neuer Termin mit einer Fachfirma für die Markierungsarbeiten sei bislang nicht möglich gewesen.

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Dass die Gefahrenstelle in der Kalvarienbergstraße schnell beseitigt werden muss, ist auch im Sinne einer Anwohnerinitiative. Allerdings fordert sie eine Einbahnstraße. Harald Raufer, einer der drei Sprecher der Gruppe, berichtet gegenüber dieser Zeitung von teilweise „skurrilen Szenen“, die der IT-Manager im Ruhestand von seinem Fenster aus beobachtet: „Manchmal müssen Fahrgäste aussteigen und den Busfahrer einweisen, wenn er rückwärts fahren muss, weil er seitlich nicht ausweichen kann.“

Die Lösung der Stadtverwaltung, größere Ausweichflächen durch Einschränkung der Parkmöglichkeiten zu schaffen, lehnen Raufer und seine Mitstreiter vehement ab. „Die geplanten 18 Stellflächen sind deutlich zu wenig für die Anwohner, die zukünftig nicht wissen, wo sie ihr Fahrzeug abstellen sollen“, betont er. Dass die Stadtverwaltung beziehungsweise der Gemeinderat die Entscheidung ohne Einbeziehung der Anwohner getroffen habe, bezeichnet Raufer als „bürgerfremd“. „Wir fühlen uns nicht gehört“, erklärt er.

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Sein Nachbar Thilo Schmidt nennt aus Sicht der Anwohner ein weiteres Problem in der Kalvarienbergstraße: „Die Raserei hier sollte aufhören und die unnötige tägliche Lärmbelästigung endlich abnehmen“, fordert der Anwohner, der als technischer Supportspezialist derzeit im Homeoffice arbeitet.

Die Anwohnerinitiative fordert alternativ die Einführung einer Einbahnregelung. „Bergauf sollte dabei die Straße zukünftig gesperrt sein“, erklärt Raufer. Dies würde bedeuten, dass Bewohner und Besucher der Bergstadt als auch Anwohner der Kalvarienbergstraße künftig über die Gurtweiler Straße und Eichholzstraße fahren müssten. „Sicher ein kleiner Umweg, den aber die meisten klaglos in Kauf nehmen würden, wenn damit endlich das Chaos in der Kalvarienbergstraße beendet wäre und die Anwohner wie auch bisher am Fahrbahnrand parken könnten“, ist der Rentner überzeugt.

Für ihr Anliegen haben Raufer und seine Nachbarn Thilo Schmidt und Matthias Schnur mehr als 200 Unterschriften von Anwohnern und Nutzern der Kalvarienbergstraße gesammelt, darunter seien auch 74 Unterzeichner aus der Bergstadt. Für ein Bürgerbegehren reicht die Anzahl zwar nicht: In Baden-Württemberg müssen mindestens sieben Prozent aller wahlberechtigten Bürger einer Gemeinde die Forderungen mit ihrer Unterschrift unterstützen. „Dennoch sind es überraschend viele für ein so scheinbar eng begrenztes Anliegen“, findet Harald Raufer.

Unterstützung vom Bauverein

Rückendeckung erhält die Initiative auch vom Bauverein Waldshut, dem ein Großteil der Wohnhäuser entlang der Kalvarienbergstraße gehört. „Wir unterstützen das Anliegen vollumfänglich“, teilt Vorstandsmitglied Roland Arzner auf Nachfrage dieser Zeitung mit. „Unseres Erachtens ließe sich die Einbahnstraße umsetzen und würde vieles entzerren. Auch die Parkplätze würden zum großen Teil erhalten bleiben“, so Arzner weiter. Laut seiner Auskunft sind ein Teil der Stellflächen Gegenstand einiger Mietverträge der Bauverein-Wohnungen.

Oberbürgermeister Philipp Frank erklärt auf Nachfrage, warum die Stadt an ihrer Lösung festhält: „Eine Einbahnstraßenregelung klingt charmant, aber nur auf den ersten Blick.“ Laut OB hätte diese zur Folge, dass der Aarberg aus dem Tal nur noch über die Eichholzstraße zu erreichen wäre. „Bei einem Stadtteil mit inzwischen rund zweieinhalbtausend Einwohnern sehen wir das kritisch – gerade auch vor dem Hintergrund jüngster Ereignisse, als die Eichholzstraße durch umgestürzte Bäume versperrt war“, erklärt Frank, der zudem anmerkt, dass Rettungsfahrzeuge aufgrund des Umwegs von 1,2 Kilometern bei Notfällen Zeit verlieren würden.

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Die Stadt wolle außerdem ein mögliches höheres Verkehrsaufkommen vor der Kita in der Eichholzstraße vermeiden. „Unter dem Strich überwiegen bei der Einbahnstraßenlösung die Nachteile die Vorteile“, teilt der Verwaltungschef mit.

Szenen wie diese sieht Anwohner Harald Raufer oft in der Waldshuter Kalvarienbergstraße: Das dunkle Auto muss dem Gelenkbus auf der Spur ...
Szenen wie diese sieht Anwohner Harald Raufer oft in der Waldshuter Kalvarienbergstraße: Das dunkle Auto muss dem Gelenkbus auf der Spur des Gegenverkehrs ausweichen. Nicht immer gibt es dafür genügend Lücken. | Bild: privat, Harald Raufer

Grundsätzlich spricht aus Sicht von Philipp Frank nichts gegen den Vorschlag der Anwohnerinitiative, wenigstens den Busverkehr im Einbahnstraßensystem zu regeln, mit dem Argument, dass es entlang der Kalvarienbergstraße keine Haltestellen gibt. Der OB verweist jedoch auf Mehrkosten für den Unterhalt der Buslinie, die eine Änderung der Route zur Folge hätte. „Unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten nehmen wir vor dieser Option derzeit Abstand“, erklärt er.

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In einem Gespräch mit OB Frank und dem Leiter der Ortspolizeibehörde, Jürgen Wiener, im August 2020 haben die drei Sprecher der Anwohnerinitiative ihr Anliegen der Stadtverwaltung vorgetragen. Dabei monierten sie, wie Harald Raufer dieser Zeitung berichtet, „dass der Ausbau der Bergstadt seit Jahrzehnten vorangetrieben wird, ohne dass man sich um ein schlüssiges Konzept für die mittlerweile auf etwa 2500 Einwohner angewachsene Trabantenstadt machen würde“.

Auf Nachfrage teilt Frank mit, dass eine weitere Zufahrtsstraße „mit erheblichen Kosten verbunden wäre, die im städtischen Haushalt derzeit nicht abbildbar sind“. Auch eine Anbindung für den Fahrzeugverkehr über die Waldeckstraße schließt die Stadt gegenwärtig aus. „Sie ist größtenteils ein Forstweg, müsste also erst ausgebaut werden“, sagt Frank mit Verweis auf die Kosten und notwendigen Genehmigungen.

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