Die Anklage lautete wie folgt: Der heute 38-Jährige soll am 31. Januar vor dem Bahnhof in Waldshut seine schwangere Frau zum Auto gedrängt, sie in den Bauch geschlagen und im Auto eingeschlossen haben. Nachdem sie versucht habe, aus dem Auto zu fliehen, habe er sie an ihren Haaren zurück auf den Beifahrersitz gezogen.
Erst durch die Hilfe von zwei Passanten habe sie entkommen können. Der Angeklagte selbst äußerte sich nicht zum Vorfall. Stattdessen las sein Verteidiger in dessen Namen eine vorbereitete Einlassung vor: „Am Tattag ist es zwischen mir und meiner Frau zu einem Vorfall gekommen, wozu wir uns mittlerweile ausgesprochen und versöhnt haben. Deswegen möchte ich mich nicht äußern und auch keine Fragen beantworten.“ Seine wirtschaftlichen Verhältnisse blieben ebenfalls im Dunkeln.
Die erste geladene Zeugin vor Gericht war die Frau des Angeklagten. Die 19-Jährige gab zu, dass es am Bahnhof zum genannten Datum einen Streit zwischen ihr und ihrem 38-jährigen Mann gegeben haben soll: „Er wollte mich mit dem Auto abholen, weil ihn meine Mutter zuvor angerufen hatte und ihn darum bat.“
Der Grund: Ihr sei wegen der Schwangerschaft öfter schwindelig gewesen und ihre Mutter habe sich Sorgen um sie gemacht. Auch für das harte Durchgreifen ihres Mannes hatte sie vor Gericht eine Erklärung parat. „Ich war sauer wegen Corona, der Schwangerschaft, den Hormonen und habe böse über meinen Mann geredet“.
Alles was sie sagte, habe sie aber nicht so gemeint. Ihr sei es zu der Zeit einfach nicht gut gegangen und sie habe sich sogar das Leben nehmen wollen. Der Angeklagte habe die Geschädigte folglich gerettet, statt verletzt und sie vor sich selbst geschützt.
Der 38-jährige Gaststättenbetreiber habe sie des Weiteren nicht, wie in der Anklage verlesen, in das Auto gedrängt. Offen blieb vor Gericht aber, ob sie nun freiwillig oder unfreiwillig einstieg. Im Auto jedenfalls habe sie dann mit Händen und Füßen gestrampelt, das gab sie zu. Ungeklärt blieb dagegen wiederum die Frage, ob ihr Mann sie in den Bauch geschlagen habe oder nicht.
Als der Richter die Geschädigte mit dem Bericht des Krankenhauses, das sie nach dem Vorfall behandelt hatte, konfrontierte, stritt sie die Expertenmeinung des Arztes ab. Dieser habe eine Prellung an der Bauchdecke feststellen können. Aber auch hier hatte sie eine Antwort parat. Sie habe lediglich Krämpfe wegen der Schwangerschaft gehabt und der Arzt hätte etwas falsches aufgeschrieben. Richter Rafael Kania entgegnete: „Sie reden sich gerade um Kopf und Kragen.“
Zeugen berichten etwas anderes
Weiter konfrontierte er sie mit einer Zeugenaussage eines Passanten. Dieser habe gesehen, wie sie am Arm gezogen und in das Auto gedrückt worden sei. Sie antwortete erneut, dass ihr Mann sie nur vor sich selbst habe retten wollen. Auf die Frage, warum sie dann wieder hätte aussteigen wollen, sagte sie: „Ich war verrückt in dem Moment.“
Spätere Zeugenaussagen deckten sich allerdings miteinander und sprachen gegen die Version der Geschädigten: Sie hätten definitiv gesehen, wie die 19-Jährige an den Haaren zurück in das Auto gezogen wurde, einer habe sogar seinen Wagen hinter den des Angeklagten gestellt, damit dieser nicht davon fahren konnte. Auch hätten sie dazu beigetragen, der Frau aus dem Wagen zu helfen und die beiden Streitenden auseinander zu halten.
Die Verhandlung dauerte drei Stunden und hatte diverse Besprechungsunterbrechungen, in denen sich der Verteidiger mit seinem Mandanten erneut austauschen und das weitere Vorgehen besprechen konnte. Als der letzte Zeuge den Gerichtssaal verließ, kam die Geschädigte nur wenig später alleine ein zweites Mal herein, brach in Tränen aus und gestand vor dem Richter, ihre Aussagen wären alle gelogen gewesen.
Verhandlung endet ohne Urteil
Sie habe einfach zu viel Angst vor ihrem Mann. Nach diesem Geständnis kam es vor dem Gerichtssaal erneut zu einer längeren Diskussion. Als der Verteidiger mit dem Angeklagten erneut im Saal erschien, zogen sie den Einspruch gegen den Strafbefehl vom 2. Juni zurück, die Staatsanwaltschaft stimmte zu und Kania schloss die Verhandlung ohne Gerichtsurteil.
„Der Fall ist erledigt, die Geldstrafe rechtskräftig“, so der Richter. Der Strafbefehl sah eine Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätze zu je 30 Euro vor – summa summarum 2700 Euro.