Gurtweil leidet unter der Verkehrssituation auf der B 34 in Form des zusätzlichen Ausweichverkehrs. Mit welchen Maßnahmen wollen Sie die betroffenen Anwohner von Lärm- und Abgasemissionen entlasten und die Verkehrssicherheit für die Menschen gewährleisten?

Philipp Frank: „Nicht nur Gurtweil, sondern Waldshut-Tiengen als Ganzes ist stark verkehrsgeplagt. Darum hat die Stadt bei einem externen Büro einen Lärmaktionsplan in Auftrag gegeben, der für die „heißen Punkte“ im Stadtgebiet konkrete Handlungsmaßnahmen empfiehlt – auf Grundlage belastbarer Daten. Ich habe die Hoffnung, dass unsere Bauverwaltung hier noch in diesem Jahr erste Ergebnisse präsentieren kann, die dann im Gemeinderat diskutiert und anschließend Zug um Zug umgesetzt werden können.“

Martin Gruner: „Die Stadt muss ihre Hausaufgaben machen, um ihren Beitrag zum dreispurigen Ausbau der B34 und zur Vergrößerung des Lkw-Vorstauraums zu leisten. Aber auch diese Maßnahmen werden Gurtweil leider nur teilweise entlasten. Schon vor Jahrzehnten wurde über eine Ortsumfahrung nachgedacht. Verschiedene Planvarianten lagen vor, wurden aber nicht weiter verfolgt. Verkehrspolitik muss auch in größeren Zeiträumen und für kommende Generationen gedacht werden. Es könnte einmal ergebnisoffen geprüft werden, wie realistisch aus heutiger Sicht der Bau einer Ortsumgehung in einer allerdings ferneren Zukunft wäre.“

In der Stadt WT ist kein merklicher Fortschritt bei der Anzahl von Schnellladestationen zu erkennen. Was gedenken Sie zu tun, um mit der E-Mobilität Schritt zu halten und speziell Gästen, die nach WT kommen, die Möglichkeit zu geben, ihr Fahrzeug falls nötig aufzuladen?

Philipp Frank: „Wir arbeiten aktuell an einem E-Mobilitätskonzept für das gesamte Stadtgebiet, unterstützt durch die Badeonva und unseren Klimamanager sowie gefördert durch das Land. Ziel ist es, die bereits vorhandene kommunale und private Ladeinfrastruktur zu erfassen, im Hinblick auf ihre gesamtöffentliche Nutzbarkeit und wo weitere Ladepunkte erforderlich sind. Wir gehen davon aus, noch in diesem Jahr das Ergebnis präsentieren zu können. Das Mobilitätkonzept korrespondiert mit der bereits Ende 2021 vom Gemeinderat getroffenen Entscheidung, den städtischen Fuhrpark Zug um Zug auf Elektro umzustellen.“

Zwei Elektroautos der Stadtwerke stehen an einer Ladestation in Waldshut und werden dort geladen. Generell sollte aber nach Ansicht ...
Zwei Elektroautos der Stadtwerke stehen an einer Ladestation in Waldshut und werden dort geladen. Generell sollte aber nach Ansicht vieler Bürger mehr für die Mobilitätswende getan werden. | Bild: Katharina Schlegel

Martin Gruner: „Am Anfang sollte eine Bestandsaufnahme der Ladestationen im Stadtgebiet stehen. Daran sollte sich eine Analyse sinnvoller Standorte und die Errichtung von Ladestationen durch einen Energieversorger, idealerweise die Stadtwerke Waldshut-Tiengen, anschließen. Geprüft werden könnte auch eine Kooperation mit privaten Anbietern, zum Beispiel Einkaufsmärkten, die bereits heute teilweise E-Zapfsäulen anbieten. Auch eine Kooperation mit den Wohnungsbaugenossenschaften halte ich für denkbar.“

Wie werten Sie die Bedeutung von Vereinen in der Stadt, und was gedenken Sie zur Förderung dieser zu unternehmen?

Philipp Frank: „Unsere Vereine sind für unsere Gemeinwesen von unschätzbarem Wert, weil sie Unglaubliches leisten. Wir unterstützen sie so gut wir können: durch Zuschüsse, sonstige geldwerte Leistungen – vor allem aber, indem wir jederzeit für sie ansprechbar sind, um gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Gleich zu Beginn meiner Amtszeit habe ich den Ehrenamtspreis ins Leben gerufen, um den Vereinsmacherinnen und -machern die verdiente Wertschätzung zuteilwerden zu lassen. Auch gehe ich auf jede Vereinsversammlung, zu der ich eingeladen werde – oder entsende eine Stellvertretung, wenn ich nicht selbst kann.“

Martin Gruner: „Vereine haben eine enorme Bedeutung für das Gemeinwohl und das soziale Gefüge unserer Stadt, denn sie sind Orte der Begegnung und des Austauschs, fördern das ehrenamtliche Engagement und stärken das Gemeinschaftsgefühl. Sie bieten Menschen die Möglichkeit, neue Fähigkeiten zu erlernen und sich am gesellschaftlichen Leben zu beteiligen. Neben der finanziellen Förderung sehe ich die Unterstützung bei der Bereitstellung oder dem Ausbau geeigneter Räumlichkeiten als Basis für eine erfolgreiche Vereinsarbeit. Einen Förderschwerpunkt sehe ich bei Vereinen, die sich der Jugendarbeit widmen.“

Veränderte Familienstrukturen, ein Rückgang der Finanzmittel und Pflegenotstand erfordern zukunftsfähige Wohnmodelle, wie beispielsweise generationengerechte Quartierskonzepte auch in unserer Stadt. Wäre dies für die Nachnutzung unseres Klinikum Hochrhein auch vorstellbar?

Philipp Frank: „Das Thema Wohnen wird ein großes Thema sein, mit dem wir uns in den kommenden Jahren zu befassen haben. Also ob, wo und wie wir als Stadt in den kommenden Jahren noch wachsen. Und vor allem, in welchen Formen wir künftig leben wollen. Auf dem Klinikareal ein generationengerechtes Quartierskonzept zu realisieren, wäre eine von mehreren potentiellen Nutzungen. Aktuell lassen wir rechtlich prüfen, welche künftigen Nutzungen auf dem Spitalgelände, das Ureigentum der 600 Jahre alten Stiftung, möglich sind, um dann gemeinsam mit der Bürgerschaft in die konkrete Planung einzusteigen.“

Was könnte aus dem Krankenhausgebäude werden, wenn der Betrieb erst einmal nach Albbruck verlagert ist?
Was könnte aus dem Krankenhausgebäude werden, wenn der Betrieb erst einmal nach Albbruck verlagert ist? | Bild: Schlichter, Juliane

Martin Gruner: „Das Spital-Areal eignet sich durch seine Nähe zur historischen Innenstadt hervorragend für unterschiedlichste Wohnnutzungen, sei es als Wohnheim (zum Beispiel für Auszubildende, Studenten), Wohnanlage mit Wohngemeinschaften, inklusiven Wohnformen oder Mehrgenerationenwohnen. Ebenso kann ich mir in Teilbereichen Einheiten für medizinische Versorgung, Tagespflege, ein Hotel und auch diverse Dienstleistungen vorstellen.“

Waldshut und Tiengen sind seit 50 Jahren eine Stadt, doch einige Dinge bis hin zur Telefonvorwahl wurden nie zusammengeführt. Wie und vor allem wann möchte man solche Relikte beseitigen?

Philipp Frank: „Waldshut-Tiengen ist eine Stadt mit zwei Herzen, wenn nicht sogar zwölf. Denn wir haben ja auch noch unsere zehn Ortsteile. Auch wenn es manchmal nicht den Anschein macht, denkt und präsentiert sich die Stadt in ganz vielem schon als eine. Aber ja, was die Telefonnummern angeht, sollte diese Einheit auch hergestellt sein. Allerdings liegt die Umstellung nicht in der Macht der Stadt, sondern der Bundesnetzagentur – und sie hat meines Wissens technische Gründe. Aber gerne nehme ich diese Frage zum Anlass, hier noch einmal nachzufassen und einen Vorstoß zu wagen. Gute Frage!“

Martin Gruner: „Beide Städte haben ihre Eigenheiten und das ist auch gut so. Der Abbau von Doppelstrukturen ist schon vor dem Hintergrund der Entfernung der Kernstädte zueinander und der in beiden Städten angesiedelten Infrastrukturen zur allgemeinen Daseinsvorsorge eher schwierig. Die Diskussion um die Freibäder hat dies ja sehr deutlich gezeigt. Die Telefonnummer-Ortsvorwahl sehe ich daher noch als das kleinste Problem.“

Wie kann die Zukunft des Innenstadthandels wie hier in der Tiengener Hauptstraße gesichert werden?
Wie kann die Zukunft des Innenstadthandels wie hier in der Tiengener Hauptstraße gesichert werden? | Bild: Duygu-D'Souza, Susann

In den letzten Jahren wurden in der Tiengener Innenstadt viele Geschäfte geschlossen. Das geht auf Kosten des Angebots und damit der Besucherfrequenz. Wie sehen Gegenmaßnahmen aus, damit Tiengen weiterhin eine einladende Fußgängerzone hat?

Philipp Frank: „Die Herausforderung der Innenstädte lässt sich nur gemeinsam meistern: durch ein enges Miteinander von Ladenbetreibern, Hauseigentümern, Gewerbevereinen, Stadt, Wirtschaftsförderung, Gemeinderat und Kunden. Hauptziel muss sein, die Innenstädte zu beleben – durch einen attraktiven Angebotsmix, viel Attraktivität und Lebendigkeit. Was die Stadt angeht, gehen wir in Tiengen nun die Sanierung der Unteren Hauptstraße und anschließend des Marktplatzes an. Die Ringmauergasse ist bereits gemacht. Am Ende sind wir aber alle gefordert, indem wir möglichst lokal einkaufen, in den Innenstädten.

Martin Gruner: „Die Vermeidung von Leerständen und Billigläden sowie die Förderung von Vielfalt und Qualität sind existenzielle Aufgaben in den Kernstädten. Neben der Unterstützung der Gewerbevereine durch einen Citymanager sehe ich diese Maßnahmen als hilfreich an: Förderung von temporären Läden; mehr kulturelle Veranstaltungen; Schaffung von flexiblem Wohnraum und Gemeinschaftsbüros (“Co-Working-Spaces“); Förderung von Einzelhandelskonzepten mit kleineren Flächen, um mehr Vielfalt zu schaffen; Entwicklung von digitalen Lösungen zur Unterstützung und Vernetzung des innerstädtischen
Handels.“

Das Bahnhofsgebäude und das ganze Umfeld sind alles andere als ein Aushängeschild für Waldshut. Was würden Sie konkret in Sachen Aufwertung, Sanierung und Attraktivierung dieses Gebiets und seiner Bebauung unternehmen?

Philipp Frank: „Was die Attraktivität des Bahnhofes angeht, ist sicher noch Luft nach oben. Trotzdem haben wir hier in den vergangenen Jahren schon einiges getan, zum Beispiel mit den bunten Glasfenstern in der Unterführung. Außerdem ist unser Baubetriebshof täglich mit dem Reinigungsdienst im Einsatz. In naher Zukunft wollen wir den Busbahnhof komplett überplanen – und im Zuge dessen auch die langersehnten Fahrradabstellmöglichkeiten schaffen. Vielleicht diskutieren wir dann auch den Erwerb des Bahnhofsgebäudes, sodass wir auf dessen Erscheinungsbild direkt Einfluss hätten. Einfach mal so als Vision.“

Das Areal in und um den Bahnhof Waldshut soll schöner werden. Hier sehen beide Kandidaten Handlungsbedarf.
Das Areal in und um den Bahnhof Waldshut soll schöner werden. Hier sehen beide Kandidaten Handlungsbedarf. | Bild: Schlichter, Juliane

Martin Gruner: „Der Waldshuter Bahnhof ist ein wichtiges Eingangstor in die Stadt. Ich würde mich daher bemühen, dass der Bahnhof durch einen Investor entwickelt wird oder dass wir als Kommune ähnlich wie beim Bahnhof Tiengen selbst aktiv werden. Auch die Attraktivierung des Busbahnhof-Areals halte ich für eine wichtige Maßnahme. Der Platz muss durch eine Neugestaltung eine Aufenthaltsqualität erhalten, die neben dem Blick auch den Zugang zum Rhein ermöglicht.“

Die Energiewende stellt viele Bürger vor Herausforderungen. In welchen Bereichen gehen Sie mit gutem Beispiel voran?

Philipp Frank: „Wann immer es möglich ist, nutze ich das Fahrrad oder den ÖPNV – berufsbedingt aber viel zu wenig, so ehrlich bin ich. Zuhause achten wir sehr darauf, dass der Strom- und Wasserverbrauch auch dem tatsächlichen Bedarf entspricht. Und wir alle versuchen, unnötigen Plastikmüll zu vermeiden. Mein nächstes Dienstfahrzeug wird mit Sicherheit elektrisch oder hybrid betrieben sein. Auch mag ich nicht ausschließen, dass an unserem Haus baulich noch etwas passiert, Stichwort Photovoltaik und Solarthermie. Aber insgesamt befinden wir uns hier alle in einem lernenden Prozess.“

Martin Gruner: „In den letzten Jahren haben wir unseren Altbau von 1912 Schritt für Schritt energetisch verbessert. Bereits 2005 haben wir eine Solarthermie- und eine Photovoltaikanlage auf dem Dach installiert. Beide Anlagen laufen bis heute störungsfrei. Dadurch können wir zum einen von Mai bis September auf die Heizung verzichten, zum anderen unseren Netzstromverbrauch reduzieren und das Elektroauto nahezu klimaneutral laden. Außerdem haben wir unseren Wärmebedarf in den Wintermonaten auf eine Temperatur zwischen 19 und 20 Grad angepasst.“

Alles rund um die OB-Wahl

Am 23. Juli 2023 wählt Waldshut-Tiengen einen Oberbürgermeister. Wir halten Sie während des Wahlkampfs bis zur Wahl auf dem Laufenden. In unserem Überblicksartikel erfahren Sie alles Wissenswerte und alle aktuellen Entwicklungen rund um die OB-Wahl:

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