Julia Becker

Seit fast drei Jahrzehnten prägt die studierte Pädagogin und Germanistin Beata Rolirad die Wehrer Jugendarbeit. Zum Jahresende wird die Leiterin der Stadtjugendpflege nun den Stab an ihren langjährigen Kollegen und ehemaligen Auszubildenden Manuel van Kreij weitergeben.

2005: Bei einem Besuch des Wehrer Gemeinderats im Jugendhaus zeigt eine Tanzgruppe ihr Können.
2005: Bei einem Besuch des Wehrer Gemeinderats im Jugendhaus zeigt eine Tanzgruppe ihr Können. | Bild: Obermeyer, Justus

„Erziehung ist ein Beruf, wo man Zeit zu verlieren verstehen muss, um Zeit zu gewinnen“, zitiert Beata Rolirad den großen Philosophen und Pädagogen Jacques Rousseau, wenn sie zu ihrer Arbeit gefragt wird: Sich Zeit nehmen, die Kinder und und Jugendlichen ernst nehmen und nach ihren Bedürfnissen fragen, sei die Grundlage der in Wehr praktizierten offenen Jugendarbeit. „Mein Herz hat immer besonders für die Mädchen geschlagen“, so Rolirad. Angebote nur für Mädchen waren allerdings in den 90ern noch ein Novum im Jugendhaus. Der große Erfolg gab der engagierten Leiterin recht: heute haben die Mädchengruppen ihren festen Platz im Jugendhaus, wie etwa die von Rolirad initiierte internationale Gruppe. Sogar überregional erfolgreich war die Streetdance-Gruppe, die Tänzerinnen räumten Preise ab. Ab 2001 waren es dann die großen Projekte, die Rolirad als neue Leiterin des Jugendhauses auf den Tisch bekam.

Bild 2: Drei Jahrzehnte für die Wehrer Jugend

Ein erfolgreicher Dauerbrenner wurde das Kinderferienprogramm, mittlerweile in der 33. Auflage. Von geringerer Außenwirkung, aber mindestens genauso wichtig: der offene Bereich des Jugendhauses. Hier können die Jugendliche zusammenkommen, kicken oder Billardspielen und mit den Mitarbeitern des Jugendhauses ins Gespräch kommen. Auch das Thema Internet war schon früh auf der Agenda des Jugendhauses, 2003 konnte mit einer Spende eines der ersten Internetcafés der Region realisiert werden. „Den Kontakt finden und halten, Vertrauen aufbauen, um dann in Krisensituationen ein Ansprechpartner zu sein, ist unser Ziel. Die Sorgen sind dabei in all den Jahren geblieben, von Schule und Bewerbungen über Streit mit Freunden und familiären Problemen bis hinzu Sexualität“, stellt Rolirad im Rückblick fest. Geändert hätte sich nur die Umgebung, auch die Interessen der Jugendlichen seien heute differenzierter.

2001: Beata Rolirad zusammen mit ihrem Vorgänger als Stadtjugendpfleger, Helmut Roemer. Bild: Archiv.
2001: Beata Rolirad zusammen mit ihrem Vorgänger als Stadtjugendpfleger, Helmut Roemer. Bild: Archiv.

Geboren in der Nähe von Danzig kann die gebürtige Polin mit deutschen Wurzeln selbst auf eine spannende Lebenszeit zurückblicken. Nach dem Lehramtsstudium in Thorn arbeitete sie zuerst als Lehrerin in Polen, Ehemann Hubert unterrichtete an der Universität. Dem Wunsch nach einem freieren Leben folgend, wanderte die junge Familie schließlich nach Deutschland aus, erst nach Göttingen und 1987 nach Wehr. Nach einigen Jahren im Hertener St. Josef-Haus kam Beata Rolirad dann 1991 als Halbtagskraft zum Jugendhaus. „Es war eine sehr interessante und abwechslungsreiche Zeit“, blickt Rolirad zurück, sehr kreativ und vor allem konzeptionell frei, habe sie arbeiten können. Fachlichen Austausch und Unterstützung fand sie in guter Vernetzung mit den Kollegen aus Waldshut. Sicherlich habe man im Laufe der Jahre auch Fehler gemacht, doch vor allem das beständige, positive Feedback bestärkt Rolirad und ihr Team in ihrer Richtung: „Das Eltern und mittlerweile sogar Großeltern, die selber als Jugendliche bei uns waren, nun ihre Kinder und Enkel bringen, ist für mich ein riesiges Kompliment.“ Der Abschied falle ihr nicht leicht, so Rolirad mit etwas Wehmut. Doch in ihren Nachfolger Manuel van Kreij habe sie volles Vertrauen, die Übergabe zum Dezember laufe bereits. „Ich werde sicher wieder im Bereich Jugendarbeit aktiv sein, vielleicht in kleineren Projekten“, so Rolirad zu ihren Zukunftsplänen.

1996: Beim Kinderferienprogramm beim Herstellen von Gipsmasken. Bild: Kai Oldenburg
1996: Beim Kinderferienprogramm beim Herstellen von Gipsmasken.
Bild: Kai Oldenburg

Ganz oben auf der Liste steht aber ihre Familie, mit der sie mehr Zeit verbringen will – mit Tochter Paulina und den zwei Enkelinnen und natürlich mit ihrem Mann Hubert, der bereits im Ruhestand ist. Außerdem will sie reisen, ihre Englischkenntnisse vertiefen und wieder mehr Klavierspielen.