Jürgen Scharf

Ein großes Gedränge herrschte am Sonntagmorgen in der Galerie im Alten Schloss, wo Kulturamtsleiter Reinhard Valenta in einer sehr persönlich gehaltenen, von Erinnerungen geprägten Rede auf besondere Augenblicke und Begegnungen in den fast drei Jahrzehnten Kulturarbeit in Wehr zurückblickte. Ausnahmsweise sprach er dabei einmal über sich selbst, seinen Zugang zur Kunst und die Anfänge 1990, über die damaligen Mitstreiter von Kunst und Diakonie wie Paul Gräb, Inka Schaffmeier-Ott und Lothar Späth.

Gruppenbild mit Kulturamtsleiter Reinhard Valenta (Zweiter von links), Seppo C. Kaiser (Dritter von rechts) und den Künstlern aus dem ...
Gruppenbild mit Kulturamtsleiter Reinhard Valenta (Zweiter von links), Seppo C. Kaiser (Dritter von rechts) und den Künstlern aus dem Haus der Diakonie in der Ausstellung Augenblick bitte... im Alten Schloss Wehr. | Bild: Jürgen Scharf

Valenta bezeichnete die Ausstellung "Augenblick, bitte..." als seine letzte und vielleicht seine wichtigste. Dabei habe ihm sein Freund Seppo Christian Kaiser, der in Konstanz wohnt, sehr geholfen. Dieser hat mit den Künstlern der Diakonie bei einem Workshop zusammengearbeitet, im vorigen Jahr auch einen Kunstaktionstag gemacht. Im Teamwork sind zwei Gemeinschaftsbilder entstanden, mit den Signaturen von allen, die neben Einzelwerken von Kaiser und den Malern aus der Öflinger Einrichtung zu sehen sind.

Bei diesen beiden gemeinsam erstellten Bildern handelt es sich um ein Quer- und ein Hochformat, in denen Augen, Gesichter und Porträts dominieren. Wie man von verschiedenen Präsentationen im Haus der Diakonie weiß, sind die Arbeiten der elf an der Ausstellung Beteiligten stilistisch sehr verschieden. Es ist viel Figürliches zu sehen, darunter mehrere Blätter zum Thema Marienbilder, inspiriert von einem Besuch der Wallfahrtskirche in Todtmoos. Auch Abstraktes, Farbenfrohes und reizende Buntstiftzeichnungen auf Kuverts sind zu entdecken.

Gemeinschaftsbild von Seppo C. Kaiser und den Künstlern des Hauses der Diakonie, ausgestellt in der Galerie Altes Schloss Wehr.
Gemeinschaftsbild von Seppo C. Kaiser und den Künstlern des Hauses der Diakonie, ausgestellt in der Galerie Altes Schloss Wehr. | Bild: Jürgen Scharf

Im unteren Stockwerk sind hauptsächlich Arbeiten von Seppo C. Kaiser versammelt, der passend zum Thema „Augenblick“ einige realistische Porträts ausstellt, in denen er das Wesen der Porträtierten gut erfasst. Besonders auffallend ist ein aufgerissenes Packpapier, hinter dem sich ein Bildnis verbirgt, bei dem es um die Augen geht und die Verpackung Neugier schürt.

Es sind private Bildnisse, etwa ein Bild seines Vaters, einer Freundin, aber auch – und das war eine Überraschung – eines von Valenta, dem das gelungene Porträt als Dankeschön zugedacht ist. Kaisers Malweise ist eine Mischung zwischen kontrolliertem Gestalten und spontaner Malerei mit Zeichen und Chiffren. Als „alter Öflinger“, wie er sich selbst bezeichnet, hat er als Abfallprodukt Holz aus der Gegend als Intarsien in die Malerei verarbeitet. Selbstgeschöpftes Papier inspiriert ihn zu einer Serie „Rheingold“, eine Hommage an den Rhein und seine Heimat am Hochrhein. Dahinter steckt eine gewisse Würdigung an den Rhein und ein als „Lebensacker“ bezeichnetes Sinnbild für die landschaftliche Herkunft. Denn die horizontalen Wellenlinien sehen aus wie ein gepflückter Acker mit Furchen, haben etwas Fließendes oder das Glitzern von Sonnenreflexionen. Kaisers Arbeiten sind sehr vielfältig, und man kann auch bei ihm optisch eintauchen in eine geheimnisvolle, oft symbolhafte Bilderwelt. Der interessierte Betrachter vermag Konstellationen in diesem mehrdeutigen Bildkosmos zu erkennen.