Wehr – Die Stadt Wehr will die unbefriedigende Parkplatzsituation im Umfeld des Landgasthofs Sonne nachhaltig verbessern und greift dazu zu Mitteln des Baurechts. Zum einen beschloss der Gemeinderat am Dienstag bei zwei Gegenstimmen die Aufstellung eines Bebauungsplans "Enkendorf-West", der das nördlich an den Landgasthof angrenzende Gebiet umfasst. Hier habe sich im Laufe der Zeit eine Bebauung entwickelt, die nun einer städtebaulichen Ordnung bedürfe, begründete Bürgermeister Michael Thater. Weil es für das Gebiet bislang keinen Bebauungsplan gebe, sei eine innere Erschließung baurechtlich nicht möglich.

Profitieren soll davon nicht zuletzt der Landgasthof Sonne. Denn auf dessen privatem Nachbargrundstück sollen laut Gemeinderatsvorlage im Bebauungsplan Pkw-Stellplätze für den Hotelbetrieb ausgewiesen werden. Im weiteren Verlauf der Sitzung sicherte sich die Stadt zudem das besondere Vorkaufsrecht für dieses Grundstück. Dagegen wehren sich allerdings die Besitzer des Grundstücks: Familie Piram, die auf der etwa 1600 Quadratmeter großen Fläche mehrere Gewächshäuser einer Gärtnerei betreiben, sieht sich massiv in ihren Eigentumsrechten beschnitten.

Sollte der Bebauungsplan mit der Ausweisung der Parkflächen tatsächlich in Kraft treten, hätte dies für den Wert des Grundstück Folgen, fürchtet die Familie: "Es darf keine Bebauung mehr stattfinden – kein Gewächshaus, keine Unterstellmöglichkeit, keine Hundehütte!" Dies schmälere natürlich den Wert des vollständig erschlossenen Grundstücks, meinen die Grundstücksbesitzer, die nach eigenen Angaben derzeit gar keinen Verkauf in Betracht ziehen. Entsprechende Kritik äußerte auch Stadtrat Wolfgang Meier (Rep): Bei einem besonderen Vorkaufsrecht müsse die Stadt lediglich den niedrigeren Verkehrswert bezahlen, auch wenn ein höheres Angebot vorliege. Dies sei ungerecht, so Meier.

Bildunterschrift
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"Ist es unsere Aufgabe, private Stellplätze für einen Hotelbetrieb zu schaffen?" fragte Helmut Steinebrunner (CDU). Andere Betriebe müssten Stellplätze ablösen, der Landgasthof bekäme sie von der Stadt zur Verfügung gestellt, sieht auch Steinebrunner eine Ungleichbehandlung. Es liege im öffentlichen Interesse der Stadt, dass es in Wehr zwei Hotels gebe, antwortete Thater. Mit dem Vorkaufsrecht werde sichergestellt, dass das Hotel Sonne "nachhaltig existieren" könne. Mit dem öffentlichen Interesse war bereits 2015 die Änderung des Flächennutzungplans sowie des Bebauungsplans "Landgasthof Sonne" begründet worden, mit dem der Neubau des geplanten Gästehauses westlich des Haselbaches baurechtlich ermöglicht wurde. Stadtplaner Till O. Fleischer hatte seinerzeit auch Wert drauf gelegt, dass im Rahmen des Neubaus mehr Stellplätze als notwendig ausgewiesen wurden. Dennoch hält die Stadt nun weitere Parkplätze "für einen geordneten Hotelbetrieb" für erforderlich, um damit "die bestehenden Missstände infolge des derzeit weitgehend ungeordneten Parkens im Umfeld der Einrichtung" zu beseitigen.

Einige Gemeinderäte äußerten die Hoffnung, dass mit dem Bebauungsplan die schwelenden Konflikte zwischen den Grundstückseigentümern befriedet werden könnte. Christoph Schmidt (FW) wollte wissen, warum lediglich für das Grundstück der Familie Piram ein Vorkaufsrecht festgeschrieben werde und nicht für das gesamte Plangebiet "Enkendorf-West". Die unbefriedigende Antwort von Bauamtsleiter Thomas Götz lässt darauf schließen, dass sich die Stadtverwaltung zumindest bewusst ist, dass sie sich auf juristisch heiklem Gebiet bewegt: "Das hat unser Anwalt so geschrieben. Darauf muss ich mich verlassen." Bei den Gemeinderäten fanden beide Anträge der Verwaltung eine breite Mehrheit. Gegen den Bebauungsplan stimmten zwei, gegen das Vorkaufsrecht vier Stadträte – bei vier Enthaltungen.