Seit Jahren beschäftigt der Fachkräftemangel im Gesundheitssektor Arbeitgeber und kommunale Verwaltungen am Hochrhein. Bereits seit 2022 unterhält die Sozialstation der Caritas Hochrhein daher ein Ausbildungsprogramm für Pflegefachkräfte aus Kamerun, das sich mit über 20 jungen Auszubildenden zu einer Erfolgsgeschichte entwickelt hat – und nach Auskunft von Gulnara Malzner von der Caritas Hochrhein durch die Etablierung fester Ansprechpartner in Kamerun vertieft werden soll.

Fachkräftemangel im Gesundheitssystem steht im Mittelpunkt
Grund genug für Steve Kommogne vom Regierungspräsidium Freiburg, eine Ausweitung dieses Austausches anzuregen – „denn in Deutschland gibt es einen Fachkräftemangel, in Kamerun den Bedarf für ein modernes Gesundheits- und Pflegesystem aufgrund des gesellschaftlichen Wandels“, so Kommogne.
Nach Gesprächen mit Bad Säckingens Bürgermeister Alexander Guhl und der Caritas Hochrhein fand daher im Schloss Schönau eine Konferenz zwischen Vertretern der Stadt Bad Säckingen, des Gesundheitssektors am Hochrhein und einer Delegation der Kommunen Ebolowa und Kribi sowie des Departements Mvila im Süden Kameruns statt. Ziel war es, in einem ersten Austausch Grundlagen für die Gewinnung von Fachkräften und Auszubildenden aus dem Süden Kameruns zu legen. Zur Formulierung konkreter Vorhaben vereinbarten die Teilnehmer der Konferenz eine weitere Zusammenkunft in etwa sechs Monaten.

Auch die Privatwirtschaft soll von Zusammenarbeit profitieren
Über den Gesundheitssektor hinaus soll nach Auskunft von Bad Säckingens Bürgermeister Alexander Guhl auch die Privatwirtschaft von der künftigen Zusammenarbeit profitieren. Die kamerunische Seite erhofft sich nach Mitteilung Kommognes aus dem Erfahrungsaustausch einen Wissenstransfer für die Entwicklung eines modernen Gesundheits- und Pflegesektors. Guhl selbst verband mit dem Besuch der Delegation aus Kamerun in seinen Begrüßungsworten „keine konkreten Erwartungen“.
„Das Wichtigste ist vielmehr, dass wir alle Themen ansprechen und beide Seiten offen sagen, was sie sich von der Zusammenkunft erhoffen.“ In Bad Säckingen, so Guhl weiter, lebten Bürger aus über 100 Ländern, und die Stadt sei immer offen für andere Menschen. „Unser Schwerpunkt ist das Thema Ausbildung. Wenn wir es schaffen würden, dass nicht nur die Caritas eine gute Zusammenarbeit mit Kamerun pflegt, sondern auch andere Betriebe in Bad Säckingen, dann wäre mein Ziel erreicht.“

Kommunen aus Kamerun setzen auf Wissenstransfer
Ein offener Dialog also, für den auch der Oberbürgermeister von Ebowola, Daniel Edjo′o, plädierte. „Wir werden über alle Fragen diskutieren und unsere Wünsche mitteilen“, erklärte er. Theorine Flavie Noale Epse Ntoutoum, Bürgermeisterin der Stadt Kribi, formulierte für ihre Kommune die Erwartung „viele Ideen aus Bad Säckingen mitzunehmen und dort zu teilen, da es in unserer Stadt zum Beispiel keine Altenheime gibt.“ Eine Problemlage, welche Georg Villinger für das St. Marienhaus mit einem Angebot zum Austausch über das Thema Altenpflege aufgriff.

Bürokratische Hürden müssen abgebaut werden
Die hohe Bedeutung des Fachkräftemangels im Gesundheitssektor betonte Verwaltungsleiterin Barbara Bercher von den Sozialen Diensten der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Waldshut: „Wir benötigen neue Arbeitskräfte, vor allem für den Pflegebereich. Ohne Auszubildenden aus anderen Ländern kämen wir in eine ernste Lage.“
Eine Einschätzung, die Amer Mujcin, Pflegedienstleiter des St. Josefshauses der AWO in Bad Säckingen ausdrücklich teilte: „Wir benötigen immer Fachpersonal und haben sehr gute Erfahrungen mit ausländischen Fachkräften. Die einzige Schwierigkeit ist die Sprachbarriere. Die bürokratischen Wege zur Gewinnung dieser Mitarbeiter müssen jedoch kürzer werden. Wir sollten schneller sein, dann sind auch alle glücklicher.“ Ein Urteil, dem sich Natalie Goran als Personalleiterin des Reha-Klinikums in Bad Säckingen anschloss, „da Fachkräfte für unser Klinikum sehr wichtig sind.“

Das Ziel, durch den Austausch mit Kamerun auch Lücken bei bei den Ärzten zu schließen, betonte Steve Trüby für die Leitung des Reha-Klinikums, „denn ohne Ärzte kommen wir nicht weiter.“ Dass der Mangel an Arbeitskräften auch für den Sektor der Privatwirtschaft gelte, hob Ingenieur Fabrice Tima vom Sonderpreis-Baumarkt in Albbruck hervor. Da es immer schwieriger werde, Mitarbeiter für den Einzelhandel zu finden, arbeite er bereits erfolgreich mit Auszubildenden aus Kamerun.

Ausbildungssektor steht für die Stadt Bad Säckingen im Mittelpunkt
Eine große Palette an Erwartungen also, die von der deutschen Seite an den Dialog mit Kamerun geknüpft werden. Erwartungen, die Bürgermeister Guhl mit einem Ausblick auf die Zukunft verband: „Wir müssen den Arbeitskräftemangel über den Sektor der Ausbildungen angehen. Auch, damit unser duales Ausbildungssystem stark bleibt. Die Stadt Bad Säckingen ist gerne bereit, Veranstaltungen dieser Art durchzuführen, um die Akteure hierfür auch zukünftig zusammenzubringen, denn es ist wichtig, im Vorfeld zentrale Fragen abzuklären. Zudem ist das Thema auch für das Aqualon und das Reha-Klinikum sehr bedeutend.“