28 Auszubildende sind gegenwärtig bei der Caritas Sozialstation St. Martin in Bad Säckingen beschäftigt – elf von ihnen kommen aus Kamerun. Begonnen hat alles mit einem Brief: Im Herbst 2021 erreichte die Sozialstation ein Schreiben aus diesem Land, mit dem eine großartige Erfolgsgeschichte ihren Lauf nahm.
Alles begann mit einem Traum junger Menschen
Fünf junge Menschen erzählten darin von „ihrem Traum, eine Ausbildung in Deutschland absolvieren zu können“. Für Peter Schwander, seit 20 Jahren Geschäftsbereichsleiter der Caritas Sozialstation, Anlass genug, diesen Traum ernst zu nehmen. Schon ein Jahr später begannen die ersten jungen Menchen aus Kamerun mit ihrer Ausbildung zur generalistischen Pflegefachkraft, in wenigen Monaten werden die ersten zwei ihre Abschlussprüfungen in diesem Beruf ablegen.

„Die jungen Menschen haben von sich aus die Initiative ergriffen, sie haben ihre Heimat verlassen und kamen zu uns – es sind lernbegierige Menschen, für die es sich lohnt, etwas zu tun. Sie sind hoch motiviert, kommen in der theoretischen Ausbildung mit guten Ergebnissen voran und werden von allen hier sehr geschätzt.“ Ein Lob Schwanders, welches eine Grundlage für den Entschluss der Sozialstation bildete, ein Ausbildungsprojekt mit Kamerun ins Leben zu rufen.
Eigenständigkeit und hohe Motivation
„Eine Sicherheit, dass es mit jedem Azubi klappt, hat man natürlich nie“, sagt Ausbildungskoordinatorin Susanne Kappler im Gespräch mit dem SÜDKURIER und ergänzt: „Aber wenn es zu wenige Bewerbungen aus der eigenen Region gibt, ist man sehr froh darüber, dass es diese tollen Bewerbungen um eine Ausbildung gibt.“
Aufgrund des hohen Bildungsniveaus der Bewerber aus Kamerun habe es bis heute nie Probleme mit der Sprache oder sonstigen Vorkenntnissen gegeben, betont Schwander und ergänzt: „Es ist einfach wunderbar, in diese jungen Menschen Zeit und Geld zu investieren – auch, weil wir hierdurch vor dem Hintergrund des Pflegenotstandes hervorragende Arbeitskräfte gewinnen können.“ Eine Einschätzung, die Kappler nur bestätigen kann: „Die jungen Menschen wagen sich alleine und völlig selbständig den weiten Weg hierher, da wissen wir, dass sie ein Ziel verfolgen und wir haben nie eine Enttäuschung erlebt.“
Was sagen die Auszubildenden?
Gesika Assonfack hatte bereits vor ihrer Ankunft am Hochrhein eine Pflegeausbildung in Kamerun gemacht und „wollte diesen Beruf gerne in Deutschland weiterführen“. Für Lamine Kwenssi war es schwer, Heimat und Familie zu verlassen, doch er sieht in der Ausbildung zur generalistischen Pflegefachkraft in Deutschland die richtige Entscheidung. Heute hat er hier „eine zweite Heimat gefunden“. Auch Perpetue Megne Fodji „fühlt sich am Hochrhein sehr wohl“ und Vanessa Makougoum Talla „fühlt sich in einem fremden Land bei der Sozialstation St. Martin in Gottes Händen“.

Die Sozialstation beklagt bürokratische Hürden für ihr Projekt
Als problematisch beschreibt Schwander eher den hohen bürokratischen Aufwand, welchen die Deutsche Botschaft vor Ort für die Gewährung der Einreisevisa nach Deutschland verursacht: „Wir müssen Monate im Voraus Wohnungen für die Azubis anmieten, müssen die Entlohnung detailliert belegen und so weiter – Hürden, die für unser Ausbildungsprogramm seit Jahren einen erheblichen Aufwand bedeuten, doch sie halten uns nicht davon ab, auch weiterhin jungen Menschen aus Kamerun eine Ausbildung bei uns zu ermöglichen.“
Schon in wenigen Monaten werden vier weitere Auszubildende bei der Sozialstation eine vorgeschaltete einjährige Ausbildung zum Altenpflegehelfer beginnen. Dann erfolge die klassische dreijährige Ausbildung – mit einem ersten Lehrjahr bei der Sozialstation, dem anschließenden praktischen Jahr in einem Pflegeheim, einem Krankenhaus oder in einer Psychiatrie und dem Abschlussjahr bei St. Martin in Bad Säckingen. Flankiert werde die Ausbildung vom Unterricht in der Theresia-Scherer-Schule für Sozialwesen in Herten und an der Justus-von-Liebig-Schule in Waldshut, erklärt Schwander.
Fachkräfte aus Kamerun sind für die Sozialstation unersetzlich
Er ergänzt: „Wir möchten vor allem, dass die Azubis nach ihrer Ausbildung bei uns arbeiten. Wir sind froh und dankbar, wenn sie bei uns bleiben und sich weiterentwickeln.“ Eine Perspektive, für die von Seiten der Sozialstation St. Martin einiges getan werde – „denn die jungen Menschen möchten auch nach der Ausbildung weiterkommen und diese Aussicht möchten wir ihnen bieten“, erklärt er. Allerdings nicht ohne Verweis darauf, dass es auch gelte, jene Lücken zu schließen, die im Mitarbeiterstamm der Sozialstation zukünftig entstünden. „Viele werden hier bald in Rente gehen und wir werden diese Lücken auch nicht durch die Mitarbeiter aus Kamerun schließen können.“
Besonders wichtig ist für Schwander auch das positive Feedback, welches die Sozialstation von den Patienten für das Kamerun-Projekt erhält. „Es gab noch nie eine negative Äußerung und wir würden bei einem rassistischen Vorfall die Versorgung des Patienten sofort beenden. Fremdenfeindlichkeit hat bei der Sozialstation keinen Platz, wer unsere Mitarbeiter ablehnt, ist hier fehl am Platz“, erklärt er kategorisch.
Ganz im Gegenteil, erwäge die Sozialstation, das Kamerun-Projekt auf eine breitere Basis zu stellen. Nach dem kürzlichen Besuch einer Delegation aus Kamerun bestehe die Möglichkeit, einen festen Ansprechpartner vor Ort zu gewinnen – um das Projekt auf eine breitere Basis zu stellen.