Herr Stoll, Sie waren 24 Jahre Leiter des Haupt- und Bauamts. Am 2. Juni sind Sie ins Büro des Bürgermeisters umgezogen. Was hat sich damit verändert?

Schlicht und einfach die Aufgaben! In meiner vorigen Funktion war ich schon eng an den wichtigen Projekten unserer Gemeinde dran – aber nicht so in der Grundsätzlichkeit oder zeitlich oft erst verstärkt in der weiteren Abwicklung. Ich hatte vorher schon sehr viel Arbeit, verändert hat sich, dass ich terminlich deutlich mehr eingetaktet bin, was ich aber nicht als belastend empfinde.

Ist das neue Amt so, wie Sie sich das vorgestellt haben?

Ich habe über all die Jahre als Haupt- und Bauamtsleiter sehr genau einschätzen können, was mich im neuen Amt erwarten wird. Insofern gab‘s hinsichtlich des Umfangs und der Komplexität des Aufgabenfelds keine Überraschungen. Tatsächlich bin ich aber jeden Tag sehr angenehm überrascht, wie ungemein viel Freude mir mein neuer Job doch macht. Das habe ich in dem Maße nicht erwartet.

Sie haben sich im Wahlkampf sehr viel vorgenommen, was konnten Sie schon anpacken?

Wir haben unsere Verwaltung schnell wieder auf drei Ressorts umgestellt, das heißt, dem Bauamt wieder Eigenständigkeit verliehen. Wir haben die Sprech- und Öffnungszeiten unseres Rathauses deutlich ausgeweitet. Meinen Anspruch von mehr Transparenz versuche ich über unser Amtsblatt zu verbessern, wo in unregelmäßigen Abständen über „Nachrichten und Neuigkeiten“ berichtet wird.

Und wie sieht es bei den größeren Projekten aus?

In den bisherigen vier Monaten haben wir gemeinsam die bereits angelaufenen Vorhaben wie den Ruhewald in Horheim und den Neubau einer Tagespflege zügig weitergeführt, sodass wir voraussichtlich noch im November die Genehmigungsplanung im Gemeinderat vorstellen können. Nicht an erster Stelle der Großprojekte stand bei mir der Neubau eines zentralen Feuerwehrgerätehauses. Eine im Raum stehende Änderungen der Bezuschussungsregelungen hat uns jedoch veranlasst, dies zeitlich vorzuziehen. Auch hier sind wir auf einem guten Weg, was insbesondere dem engagierten Einsatz von Gesamtkommandant Andreas Denoke und den Mitgliedern des hierzu gebildeten Feuerwehrausschusses zu verdanken ist. Auch haben wir den Jugendausschuss wieder aktiviert, um uns gemeinsam zu besprechen, wie es uns gelingen kann, die Wünsche, Bedürfnisse oder Probleme unserer Jugendlichen zu erfahren. Ziel wird sein, uns noch in diesem Jahr an einem Freitagnachmittag mit allen Jugendlichen zu treffen.

Wie weit sind die Pläne für die Sanierung der Auwiesenschule und im Ortsteil Schwerzen fortgeschritten?

Die Planungen für die Sanierung der Auwiesenschule Horheim-Schwerzen sind fertig, wobei wir noch auf den Zuschussbescheid warten. Wir hatten in den vergangenen Tagen hierzu ein Gespräch mit dem Regierungspräsidium Freiburg, das uns Hoffnung gemacht hat, die Maßnahme bald angehen zu können. Vor der Wahl hatte ich den Anspruch formuliert, nach der Schlussabrechnung der Ortskernsanierung Degernau auch den Ortsteil Schwerzen in eine Maßnahme zu bringen. Hierzu habe ich kürzlich ein Gespräch mit der Kommunalentwicklung Stuttgart mit dem Ziel geführt, über das Regierungspräsidium Freiburg die Möglichkeit zu erhalten, bereits vor der Schlussabrechnung mit den notwendigen vorbereitenden Untersuchungen in Schwerzen beginnen zu können. Auch hierbei hoffen wir auf eine zeitnahe Zusage. Sie sehen, Verwaltung und Gemeinderat haben den Fuß auf dem Gaspedal.

Wohnraum ist auch in Wutöschingen knapp. Gibt es Vorstellungen, wie Leerstände in Häusern wieder genutzt werden können, eventuell durch finanzielle Anreize durch das Land Baden-Württemberg?

Das Land hat mit der Wiedervermietungsprämie zum 1. Januar 2022 für uns Anreize zur Aktivierung von leerstehendem Wohnraum zu schaffen versucht – das ist ein Ansatz, der am Ende die Situation kaum verbessern wird. Wir als Gemeinde stehen bei der Anschlussunterbringung von geflüchteten Menschen vor der Problematik von fehlendem Wohnraum, weshalb auch für uns dort die Nutzung von leerstehenden Häusern und Wohnungen Teil der Lösung sein kann. Deshalb haben wir uns entschieden, Wohnräume selbst anzumieten und an geflüchtete Menschen weiterzuvermieten. Das bringt zwar einen gewissen Aufwand für uns mit sich, hat aber in vielen Fällen dazu geführt, dass wir Leerstände wieder belegen konnten. Wir sind nach wie vor sehr froh, wenn uns Wohnraum zur Anmietung angeboten wird.

Der Modepark Röther will sich im Gewerbegebiet Horheim ansiedeln. Wie haben Sie auf die Einsprüche aus Lauchringen und Waldshut-Tiengen reagiert?

Grundsätzlich halte ich es für ratsam, der Thematik pragmatisch zu begegnen und Emotionen nicht hochkochen zu lassen. Das ändert jedoch nichts daran, dass sich meine persönliche Auffassung hinsichtlich der Beurteilung von Vor- und Nachteilen einer Umsetzung des Vorhabens für die Bürgerinnen und Bürger unserer Region mit der Auffassung der Entscheidungsträger aus Lauchringen und Waldshut-Tiengen überhaupt nicht deckt.

Stimmt es, dass das Verwaltungsgericht schon eine negative Entscheidung gefällt hat?

Die Thematik ist rechtlich sehr komplex. Vereinfacht dargestellt: Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Nachbargemeinden angeordnet – mehr im Grunde nicht. Die Entscheidung liegt nun beim VGH Baden-Württemberg.

Was passiert, wenn dieses Projekt nicht zustande kommt?

Wenn das Projekt nicht zustande kommt, hat die Region es verpasst, eine attraktive Einkaufsmöglichkeit zu bekommen. Ich habe hierzu eine ganz andere Auffassung als die Entscheidungsträger Wutach abwärts. Aus Wutöschinger Sicht hört der regionale Gedanke nicht an der Gemeindegrenze auf, denn es geht hier um Menschen!

Wie steht es grundsätzlich um die Erweiterung des Gewerbegebiets?

Das Bebauungsplanverfahren zur Erweiterung des Gewerbegebiets Horheim über die Bahnlinie in Richtung B314 haben wir kürzlich begonnen und befindet sich derzeit in der Beteiligungsphase. Alle dort künftig entstehenden Gewerbeflächen sind ansiedlungswilligen Gewerbebetrieben versprochen. Wir haben deutlich mehr Anfragen als Flächen.

Bei Wahlveranstaltungen haben Sie angekündigt, dass Windkraft und Fotovoltaik eine größere Rolle spielen könnten. Wie ist hier der Stand?

Die Festlegung von Flächen für Windenergie und Freiflächenfotovoltaik erfolgt über die Regionalplanung. Zusammen mit den Gemeinden Eggingen und Stühlingen fand hierzu Mitte September ein Gespräch mit dem Regionalverband Hochrhein-Bodensee statt. Für Windkraftanlagen wird unsere Gemeinde als Standort vermutlich eher weniger geeignet sein, da die Windhöffigkeit nicht optimal ist. Völlig unabhängig davon prüfen wir derzeit, auf welchen Dächern unserer gemeindeeigenen Gebäude das Aufbringen einer Fotovoltaikanlage sinnvoll ist.

Wie laufen Verhandlungen mit den Aluminiumwerken über ein Nahwärmenetz?

In den letzten Wochen fanden drei Treffen mit Vertretern der Aluminiumwerke und der badenova statt, die sowohl für unsere Gemeinde als auch für die AWW die Wärmeplanung machen. Die Inhalte und Ergebnisse sind gleichermaßen konkret wie erfreulich. Für den Moment haben alle Beteiligten noch verschiedene Dinge intern zu klären, anschließend gilt es die Gesamtsituation zunächst dem Gemeinderat vorzustellen – danach umgehend unseren interessierten Bürgerinnen und Bürgern. Darauf freuen wir uns – für den Moment gilt es sich einfach hierzu noch etwas bedeckt zu halten.

Fragen: Gerald Edinger