„Noch zehn Jahre“, entfährt es Jeannette Klingbeil, „wir hätten uns natürlich erhofft, dass es vielleicht doch schneller geht“. Die engagierte Hegnerin und alle anderen Bewohner des Allensbacher Teilorts müssen noch bis 2034 warten, bis sie von Verkehrslärm und Schmutz entlastet sind.
Aber sie schöpfen auch neue Hoffnung: Nachdem zwischenzeitlich in Frage gestellt war, wie der rund 700 Meter Tunnel überhaupt in den weichen Untergrund gebaut werden könnte, scheint jetzt klar, dass es technisch möglich ist. Doch, so Klingbeil, „verkürzen wird es die Sache leider nicht.“
Und der unberechenbare Baugrund bereitet den Anwohnern weiter Sorgen – dass Mehrkosten dazu führen könnten, das Projekt nochmals auf den Prüfstand zu stellen und dass auch der vor zwei Jahren verkündete Zeitplan bis 2034 nochmals ins Wanken geraten könnte.

Und doch, sagt Klingbeil, „Ich bin froh, dass jetzt eine Technik gefunden wurde, die tatsächlich auch funktioniert“. Geplant ist, zuerst die Pfähle bis in den tiefen, tragfähigen Untergrund zu treiben und dann von der Tunneldecke nach unten bis auf die Sohle der Röhre zu bauen.
Auch Allensbachs Bürgermeister Stefan Friedrich ist erst einmal erleichtert, wie er dem SÜDKURIER auf Anfrage mitteilt. Es sei „schön zu hören, dass wir nun wissen, wie der Tunnel gebaut werden soll und dass es im Zeitplan wie gehabt weitergehen soll.“
Erinnert aber auch daran, dass vor zehn Jahren eine seiner Amtshandlungen ein Spatenstich für die neue B33 war und es jetzt nochmal so lange bis zur Fertigstellung dauern soll. „20 Jahre Bauzeit für die paar Kilometer – das ist kein Glanzstück für eine Industrienation“, so Friedrich.
Lob vom Bürgermeister: „Mit den Verantwortlichen vor Ort zufrieden“
Zugleich ist er aber darum bemüht, dass die Gemeinde Allensbach und das Regierungspräsidium gut zusammenarbeiten – hier war es zeitweise etwas ruppiger zugegangen. Nun erklärt Friedrich ausdrücklich: „Ich möchte klarstellen, dass ich hier Planungsversäumnisse in der Vergangenheit sehe – im Hier und Heute wird durch die Neubauleitung gut und fleißig geplant und gebaut, ich denke da können wir mit den Verantwortlichen vor Ort sehr zufrieden sein!“ Damit geht er auch auf die umfangreichen Arbeiten an, die überhaupt erst zu der neuen technischen Lösung geführt haben.

Auch bei Hegnes Ortsvorsteherin Katharina Malkmus überwiegt die Freude über die nun gefundene Lösung. „Mich freut es sehr, dass eine Bauweise gefunden wurde, bei der die Bürgerinnen und Bürger in Hegne wenig von den Bauarbeiten des Tunnels mitbekommen“, erklärt sie auf Anfrage. Nach den vielen Verzögerungen in früheren Jahren sei es fast schon überraschend und „umso erfreulicher, dass es nun konkrete Infos zum Start gibt“.
Allerdings sind auch bei der Ortsvorsteherin noch nicht alle Zweifel ausgeräumt: „Abzuwarten ist jetzt nur, ob der Starttermin auch wirklich eingehalten werden kann“, so Malkmus weiter. Und sie hat auch eine Hoffnung nicht aufgegeben: „Vielleicht“, erklärt sie für viele Hegnerinnen und Hegner, „kann der Bau des Tunnels auch schon früher beginnen.“
Kritik: „Bis das fertig ist, ist die Milliarde wahrscheinlich überschritten“
Weniger euphorisch äußert sich Bernfried Streibert aus Hegne. Er war einer der aufgebrachten Bürger, die im Mai 2023 mit lautstarker Kritik auf die neuerlichen Verzögerungen beim B33-Ausbau reagiert hatten. Er hält den Tunnelbau nach wie vor für „die größte Fehlplanung, die je geleistet worden ist“ und vergleicht den seit 1980 laufenden Prozess mit Stuttgart 21 und dem Flughafen BER.

Der schon vor 45 Jahren per Bürgerentscheid in Konstanz beendete Streit um die Trassenführung – Streibert war damals für die seeferne Variante, bei der die B33 von Norden her an die Schänzlebrücke geführt worden wäre – sei verhängnisvoll gewesen, so Streibert. Er erinnert an einen Ortstermin in Hegne, wo ein Bürger mit einer Schaufel ein Loch ins Erdreich gegraben habe, das sich sofort mit Wasser füllte. Schon damals sei klar gewesen, dass es nicht klug wäre, an der Stelle zu bauen.
Dass der B33-Ausbau südlich von Hegne keine gute Idee sei, zeige sich jetzt im extrem langsamen Baufortschritt und explodierenden Kosten: „Bis das fertig ist, ist die Milliarde wahrscheinlich überschritten“, vermutet Streibert. Bisher gehen die Planer von 409 Millionen Euro für die Gesamtstrecke von elf Kilometern aus, aber die Zahl ist einige Jahre alt. Neue Kalkulationen sollen erst im Herbst vorliegen.
Für Jeannette Klingbeil richtet sich der Blick unterdessen darauf, wie sich das Leben in den nächsten Jahren in Hegne verändert. Sie mahnt an, die mit Erdreich aufgeschütteten Flächen jetzt schnell für eine Übergangszeit zu begrünen: „Bei Wind ist es ganz schlimm“, sagt sie. Die Kosten für etwas Saatgut fielen kaum ins Gewicht und hätten doch eine große Wirkung.
Und sie kämpft für gute Verkehrsverbindungen für Hegne, die Gäste und die vielen Schüler. „Bislang gab es eher eine Verschlechterung“, sagt sie über die Fuß- und Radverbindungen, insbesondere zwischen Dorf, Bahnhof und See. „Wir haben überall Umwege“. Ganz ähnlich ist auch die Erwartung und Katharina Malkmus: „Was viele Hegner sich jetzt noch wünschen, ist, dass der Fußweg an den Campingplatz/Bahnhof wieder verkürzt wird und das nicht erst nach Beendigung des Bauabschnitts.“