Der Rickenbacher Ralf Engel hat in seinem Garten allerhand Pflanzen und Tiere vorzuweisen. Mit einer Handyapp sammelte er diese in seinem persönlichen „1000-Arten Garten“ und wurde für seinen Naturgarten mit Gold ausgezeichnet. Ralf Engel hat dem SÜDKURIER sein Gartentor geöffnet und gezeigt, was ihn an einem Naturgarten so fasziniert.

Die Idee, in seinem Hotzenwälder Garten in Rickenbach die heimische Artenvielfalt nachzuweisen, hatte Ralf Engel in der Coronazeit.

Großblütige Schafgarbe – hier schon verblüht – ist beliebt bei Bienen und Käfern.
Großblütige Schafgarbe – hier schon verblüht – ist beliebt bei Bienen und Käfern. | Bild: Steffi Weickert

Vor zweieinhalb Jahren begann er an einem bundesweiten Programm „Tausende Gärten – tausende Arten 2020 – 2025“ teilzunehmen, das die Biodiversität fördern wollte. Sein Naturgarten wurde im Rahmen des bundesweiten Projekts mit der Kategorie Gold ausgezeichnet, was am Gartentor nachzulesen ist.

Hier darf es auch mal drüber wachsen: Auf dem Gehweg wächst Wilder Dost, den die Bienen lieben.
Hier darf es auch mal drüber wachsen: Auf dem Gehweg wächst Wilder Dost, den die Bienen lieben. | Bild: Steffi Weickert

In Baden-Württemberg gebe es nur einige davon, sagt der 61-Jährige stolz. In Engels Garten habe es demnach 1000 verschiedene einheimische Arten gegeben, alle nachweislich dokumentiert. „Ich habe erst gedacht, das würde zehn Jahre dauern.“

Gegen Efeu im Garten hat Ralf Engel nichts: Er lässt seine morschen Bäume damit „schön grün“ zuwachsen. Auf dem Bild: Efeu-Sommerwurz – ...
Gegen Efeu im Garten hat Ralf Engel nichts: Er lässt seine morschen Bäume damit „schön grün“ zuwachsen. Auf dem Bild: Efeu-Sommerwurz – sieht blühend aus wie eine Orchidee. | Bild: Steffi Weickert

Am Tag des Sommeranfangs dieses Jahres, erzählt Ralf Engel begeistert, hatte er dann seine 1000 Arten zusammen. Schon. Nach zweieinhalb Jahren: „Die 1000ste Art in unserem Garten war ein großer Totenkäfer, eine Art Schwarzkäfer, den ich am 21. Juni, um 23.30 Uhr entdeckt habe.“ Mittlerweile sei die Zahl längst weiter gestiegen, berichtet Engel stolz, wobei zwischen Beobachtungen und tatsächlichen Arten unterschieden wird.

Auf der Internetseite von Inaturalist.org sehe der Projektteilnehmer seine Beobachtungen aufgelistet, seine exakte Artenanzahl und wie ...
Auf der Internetseite von Inaturalist.org sehe der Projektteilnehmer seine Beobachtungen aufgelistet, seine exakte Artenanzahl und wie viele Bestimmer mitgeholfen haben. | Bild: Steffi Weickert

Mithilfe einer speziellen Software namens inaturalist.org verwaltet er seine Tier- und Pflanzenbegegnungen im Projekt „Der Hotzenwald Naturgarten“. Hat Engel etwa ein neues Tier entdeckt, fotografiert er es und lädt es per App auf die Webseite hoch. Eine Künstliche Intelligenz im Hintergrund verrät in Sekundenschnelle, um welches Tier es sich handelt. Manchmal helfe beim Bestimmen auch die Community, die weltweit mehr als 140 Millionen Nutzer haben soll. Dann checkt man, ob es tatsächlich hier beheimatet ist und liest Wikipediaeinträge dazu durch.

Eben noch im Hausflur entdeckt, dann fotografiert und schon per App hochgeladen – und erfahren: Das ist eine Meldeneule. Ein heimischer ...
Eben noch im Hausflur entdeckt, dann fotografiert und schon per App hochgeladen – und erfahren: Das ist eine Meldeneule. Ein heimischer Nachtfalter, der sich im Haus der Engels – weil sie noch keinen Insektenschutz während der Umbaumaßnahmen am Haus haben – hineinflog. | Bild: Steffi Weickert

Unter seinen Funden seien allein schon über 300 verschiedene Schmetterlingsarten, vor allem zahlreiche Nachtfalter, schildert er begeistert. Heimische Pflanzen wie Baldrian, Blasenstrauch, Blutweiderich, Natterkopf, Farne, Gelber Salbei und Weideröschen gedeihen hier. Und aus Gehsteigritzen um den Garten herum lockt Wilder Dost die Bienen an. In seinem Garten blüht es nicht überall.

Totholzhaufen, Steinmauern, ein alter Weihnachtsbaum in der MItte: Von EIdechse bis Käfer – für Krabbeltierchen ein „Kletterparadies“.
Totholzhaufen, Steinmauern, ein alter Weihnachtsbaum in der MItte: Von EIdechse bis Käfer – für Krabbeltierchen ein „Kletterparadies“. | Bild: Steffi Weickert

Ihm war es wichtig, abwechslungsreiche Strukturen für Tiere, Pilze, Flechten und Pflanzen zu schaffen, schildert Engel, der bereits seit 25 Jahren „naturgärtnert“. Nisthilfen am Baum sowie Wassertränken helfen der Tierwelt. Auch Futterhäuschen für Vögel, ein alter Baumstamm für den Specht sind neben Insektenhotels und Totholzhaufen aus Zweigen oder Blattkompost für Tierwelt kleine Paradiese.

Ein Kleinod für Insekten wie Bienen und Schmetterlinge sowie Krabbeltieren. Engels Naturgarten ist kein saisonal angelegter Park. Hier wachsen Zeder neben Nordmanntanne. Dazwischen Felsenbirne, Berberitze und Stechpalme. Dompfaffen sowie Kernbeißer laben sich an der heimischen Vogelbeere.

Hier darf der Buntspecht hämmern und Käfer hervorlocken.
Hier darf der Buntspecht hämmern und Käfer hervorlocken. | Bild: Steffi Weickert

„Vor allem einheimische Arten sind gut für die Biodiversität“, sagt Engel. Ebenso zählen zu einem Naturgarten diverse Biotopflächen zu schaffen und auch: auf invasive Arten, wie zum Beispiel den japanischen Knöterich zu verzichten. Nach und nach habe er den 1600 Quadratmeter großen Naturgarten in unterschiedliche Bereiche gegliedert. Kleine unversiegelte Trampelpfade durchschneiden diese dabei sanft. Es gibt Schattenbereiche mit Nassstreifen und Sonnenbereiche. Eine Wiese unter dem mehr als 40 Jahre alten Hausbaum, eine Linde. Da ein Seerosenteich mit Sumpf-Ziest, an dem Ralf Engel gern mal sitzt, nachdenkt und genießt. In der Mitte des Gartens soll es lichtdurchflutet und frei bleiben, ohne hohe Sträucher, nur kleine Stauden. Am Rand eine Wildrosenhecke.

Ein Mann mit Leidenschaft für die Vielfalt der heimischen Flora und Fauna – Naturfreund Ralf Engel sitzt am Seerosenteich in seinem ...
Ein Mann mit Leidenschaft für die Vielfalt der heimischen Flora und Fauna – Naturfreund Ralf Engel sitzt am Seerosenteich in seinem Naturgarten in Rickenbach. Die Kaulquappen im braunen Trog sollen zu Erdkröten heranwachsen. | Bild: Steffi Weickert

Igel und Dachs habe Engel bereits gesichtet. Was bewegt einen Menschen, Tiere und Pflanzen zu zählen? „Ich bin schon über 25 Jahre Naturgärtner“, erzählt Engel. Er verwende keine Pestizide, keine künstlichen Dünger – und das, obwohl er als pharmazeutischer Biologe aus Pharmabranche komme. Ab 1995 habe Ralf Engel 19 Jahre in Wehr bei Novartis gearbeitet, danach in Stein. Der Novartis-Naturgarten in Wehr sei seine Idee gewesen. Für ihn gehöre Chemie genauso zum Leben.

Das könnte Sie auch interessieren

Seit 2014 ist Ralf Engel in seiner Gemeinde Naturschutzwart, wo er sich mit Siedlungsgrün beschäftigt. Insgesamt seien sie 15 ehrenamtliche Personen im Netzwerk Naturschutz Rickenbach: „Wir pflegen das öffentliche Grün gemeinsam mit dem Schwarzwaldverein.“ Er liebe die Natur und fragt sich immer wieder, wie er ihr helfen könne. Engel sehe es als seine Aufgabe, Mitmenschen für den Naturschutz und die Artenvielfalt zu begeistern. Auch habe er schon VHS-Kurse in Wehr über Naturgärten gehalten.

Hier ist der Name Programm: Mehr Natur und Vielfalt geht kaum.
Hier ist der Name Programm: Mehr Natur und Vielfalt geht kaum. | Bild: Steffi Weickert

Er schaffe mit seinem Naturgarten, und darauf legt Ralf Engel Wert, einen kleinen Rückzugsort für sich und seine Familie und gleichzeitig auch Lebensraum für zahlreiche Arten. Wichtig sei ihm zu betonen, dass jeder im eigenen Garten eine Menge für Artenvielfalt tun könne.