Es kommt selten vor, dass Bodman-Ludwigshafen deutschlandweit in den Nachrichten vorkommt, doch zu Beginn der Osterferien war es so weit. Einem tierischen Helfer sei Dank. Denn der Heimatverein Mogelin aus dem sächsischen Mügeln berichtete Medienvertretern, ein Storch vom Bodensee sei nach seinem Aufenthalt in Spanien über 600 Kilometer weiter in Richtung Norden nach Sachsen geflogen.

Dort habe er ausgerechnet in Mügeln, der Partnerstadt der Seegemeinde Bodman-Ludwigshafen, einen ansässigen Storch aus dessen Nest und von dessen Partnerin Mogelina vertrieben. Der Heimatverein taufte ihn auf den Namen Bodo – wegen seiner vermeintlichen Herkunft vom Bodensee.

Doch wie der SÜDKURIER nun recherchiert hat, stimmt das gar nicht. Denn Storch Bodo stammt nicht vom Bodensee – sondern aus Rheinland-Pfalz, wie die Wahlwieser Storchenbeauftragte Astrid Wochner herausfand. Sie kümmert sich in der Region um verunglückte Störche und die Beringung von Jungtieren.

Wie kam es zu der Verwechslung?

Wochner berichtet, Storch Bodo sei am 9. Juni 2023 als Weißstorch ACL 73 in Gebroth in Rheinland-Pfalz beringt worden. Vermutlich etwa sechs Wochen zuvor sei er dort geschlüpft. Doch warum dann die Verwechslung?

Laut Wochner gibt es in ganz Deutschland lediglich drei Vogelwarten, die für Beringungen zuständig sind: Helgoland, Hiddensee – und Radolfzell. Die hiesige Warte ist laut der Expertin für die Beringung in ganz Süddeutschland, also Baden-Württemberg, Bayern und auch Rheinland-Pfalz, zuständig. Die Warte sei an der Ringnummer erkennbar, sage aber nichts über den Wohnort des Storches aus.

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„Vermutlich hat man vor der ersten Meldung nur Radolfzell abgelesen und deshalb auf den Bodensee geschlossen. Und Bodman-Ludwigshafen ist als Partnerstadt von Mügeln natürlich auch eine nette Geschichte“, vermutet Wochner den Ursprung der Falschmeldung.

Bodo zeigt außergewöhnliches Verhalten

Außergewöhnlich ist Bodos Reise laut Astrid Wochner dennoch. Zwar habe er keinen GPS-Sender bei sich, sodass sein Reiseverhalten nicht durchgängig aufgezeichnet worden sei. Allerdings habe er sich im Juni 2024 in Salzwedel, also zwischen Bremen und Berlin, und einen Monat später in Laucha in Sachsen befunden, wie Sichtungen zeigten. Ob er vor seiner jetzigen Nestübernahme im sächsischen Mügeln überhaupt im Winterquartier in Spanien war, sei unklar.

„Das wäre in jedem Fall aber ein eher untypisches Verhalten“, sagt Wochner. Denn normal würden junge Störche im ersten Jahr ins Winterquartier in den Süden fliegen, ehe sie zurückkehren. Früher seien sie dort sogar drei oder vier Jahre geblieben.

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Zudem seien solche Nestübernahmen unter Störchen zwar normal, in Bodos jungen Jahren jedoch sehr selten. „Entweder war der dortige Storch bereits sehr alt und geschwächt, oder Bodo ist geschickt gewesen“, schätzt die Expertin.

Ungewöhnlich ist die große Distanz zwischen Geburtsort und seinem jetzigen Horst, Die meisten Störche bleiben eigentlich in der geographischen Nähe zu ihrem Geburtsort, aber ausnahmen bestätigen die Regel. Sie habe hier in der Region zum Beispiel noch keinen Storch mit einem Ring aus Helgoland gesehen, sagt Wochner.

Ist er überhaupt ein Männchen?

Denn, sagt die Expertin: „Störche sind grundsätzlich nest- und ortstreu, aber nicht unbedingt dem Partner. Männliche Störche erobern immer wieder fremde Nester und verdrängen den angestammten Storch.“ Erkennen könne man das Geschlecht eines Storchs nur während der Paarung. Bodo sei wahrscheinlich ein Männchen, da diese die Eroberungskämpfe in der Regel führen.

Wer sich auch ohne Bodensee-Bezug für Bodo interessiert, kann ihn per Livestream beobachten dank des Livemonitors des Heimatvereins in Mügeln.