Seit acht Jahren beschäftigt sich die Kämmerei in Engen mit den Arbeiten an der sogenannten Eröffnungsbilanz. Sie ist fester Bestandteil und ein letzter Meilenstein bei der Umstellung auf das Neue Kommunale Haushaltsrecht (NKHR), das seit 2019 gilt. Im Gemeinderat erläutert Kämmerin Katja Muscheler, was genau so viel Zeit gekostet hat. Auf SÜDKURIER-Nachfrage erklärt sie, was eine solch aufwendige Bilanz bringt.
71 Gebäude und Anlagen, 109 bebaute Grundstücke, 819 Flurstücke, 1544 Straßen und auch bewegliches Vermögen wie 150 Kunstgegenstände hatte die Kämmerei unter anderem nach ihrem Vermögensstand zu bewerten. Insgesamt waren es 5600 Güter, die die Kämmerei teils mit erheblichem Aufwand zu bemessen und in die Bilanz aufzunehmen hatte, weiß Katja Muscheler. Zum Beispiel sei es unheimlich schwierig gewesen, ein historisches Gebäude wie das Rathaus zu bewerten oder aber auch ältere Straßen, so die Kämmerin. Die Umstellung auf das NHKR sei ein Projekt, das nicht nur viel Zeit beansprucht hat, sondern die Stadt auch 60.000 Euro für Schulungen und Beratungsfirmen gekostet hat, wie es in der Gemeinderatsvorlage heißt.

„Was lange währt, wird endlich gut“
Am Ende des Projekts steht eine Eröffnungsbilanz für das Jahr 2019, die mit einer Summe von 130.312.992,74 Euro abschließt. Mit 78 Prozent entfällt der Löwenanteil dabei auf ein Sachvermögen von rund 102 Millionen Euro. Hinzu kommt ein Finanzvermögen von 27 Millionen Euro. „Was lange währt, wird endlich gut“, so Katja Muscheler gegenüber dem Gemeinderat. Es sei niemandem bewusst gewesen, was für ein Arbeitsaufwand die Umstellung auf das NKHR werden würde, so Muscheler. Die Erleichterung, nach so langer Zeit endlich die Bilanz vorlegen zu können, war ihr deutlich anzusehen.
Aus dem Gemeinderat gab es fraktionsübergreifend viel Lob für das Geleistete. „Ich habe selten eine so gute Bilanz gesehen“, kommentierte UWV-Sprecher Gerhard Steiner. „Auf eine Bilanzsumme von 130 Millionen Euro und eine Eigenkapitalquote von 80 Prozent können wir stolz sein“, fasste Stadtrat Jürgen Waldschütz (CDU) zusammen. Auf den hohen Eigenanteil von ihrem Gesamtkapital kommt die Stadt, weil sie keine Schulden hat. Rückstellungen und Fördergelder machten den restlichen Kapitals aus, erläutert Muscheler.
Nächste Bilanzen sollen deutlich einfacher werden
Künftig wird es, wie bei Unternehmen, jährlich eine Bilanz geben. Die nächste Bilanzrechnung für das Jahr 2020 werde aber deutlich weniger aufwendig, weiß Muscheler. Denn ab jetzt beziehe man sich auf die Werte aus der Eröffnungsbilanz.
Ziel des NHKR ist die Erhaltung des kommunalen Vermögens. In der Bilanz sollen diese Vermögenswerte dokumentiert werden, erklärt die Kämmerin und verweist auf das Stichwort Generationengerechtigkeit.
Katja Muscheler nutzte den Rückblick auf die Zahlen von 2019 auch als Vergleichswert. In der Bilanz wurde der ursprünglich errechnete Abschreibungsaufwand um 200.000 Euro verbessert. Der Blick auf den Haushalt 2024 weist dagegen deutlich höhere Abschreibungen auf, die erwirtschaftet werden müssen. Das sei die Folge hoher Investitionen in den vergangenen Jahren. So nutzte die Kämmerin auch die Vorstellung der soliden Bilanz, um strikte Haushaltsdisziplin anzumahnen.