Hände waschen, Schürze umbinden und dann geht es los. Ich darf einen Tag in das Bäckerhandwerk hineinschnuppern und da geht der Tag früh los. Meinen Praktikumstag bei der Engener Bäckerei Grecht darf ich im Konditorbereich absolvieren. Die fleißigen Bäcker haben den Brandteig für Windbeutel mit Sahnefüllung bereits gebacken. Fehlt nur noch: Schneiden, füllen, Deckel drauf und für den Verkauf vorne im Laden anrichten. Gar nicht so ganz einfach bei dem Arbeitstempo, zwischendurch Notizen und Bilder zu machen.

Backen in großen Dimensionen

Nebenan an der großen Rührmaschine werden gerade 50 Kilo Mehl für Hefeteig eingefüllt. Ebenfalls kiloweise kommen auch Butter und Hefe dazu. Gerade habe ich zwei Kilo Eier, das sind etwa 40 Stück, für Apfelkuchen aufgeschlagen. Erstaunliche Mengen: Hier gibt es alles in größeren Dimensionen, von den Zutaten bis zum Backofen. Aber sonst funktioniert es doch recht ähnlich wie zuhause – und das soll auch so sein und bleiben.

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„Wir machen traditionelles Backhandwerk“, erklärt Bäckermeister Markus Grecht. In einer Großbäckerei würde die Herstellung dann doch anders aussehen. Markus Grecht ist Bäckermeister, Konditor und Betriebswirt. Er hat die Bäckerei im Engener Altdorf 1996 von seinen Eltern übernommen. Heute hat das Haupthaus drei Filialen in Gottmadingen, Mühlhausen-Ehingen und Welschingen. „Ich wollte nie Filialist werden“, gesteht Markus Grecht. Aber durch das Bäckerei-Angebot im Supermarkt blieb dem Bäckermeister gar nichts anderes übrig als zu wachsen, um konkurrenzfähig zu bleiben.

Das Bäckerei-Geschäft hat sich gewandelt

In seinen Läden können die Kunden frühstücken, Kaffee trinken oder auch etwas für die Pause holen. „Das ist aufwendig. Es braucht viel Personal und Material“, sagt Grecht über das gastronomische Angebot. Weiter wachsen möchte er mit seinem Betrieb nicht mehr. Aber mit dem Umbau des Engener Ladengeschäfts in diesem Monat steht bereits das nächste Projekt bevor. Während der kurzen Umbauphase wird der Verkauf in einem Bäckermobil gegenüber stattfinden.

Bäckermeister Markus Grecht bei der Arbeit. Rezeptbücher waren gestern. Heute liest er die benötigten Zutaten vom Display ab, das ...
Bäckermeister Markus Grecht bei der Arbeit. Rezeptbücher waren gestern. Heute liest er die benötigten Zutaten vom Display ab, das gleichzeitig eine Wiegefunktion hat und keine Zutat mehr vergessen lässt. | Bild: Kerle, Helene

Meine nächste Aufgabe lautet, sechs Körbchen mit Erdbeeren putzen, vierteln und auf die vorbereiteten Teigböden für den späteren Erdbeerkuchen verteilen. Mit dem Guss bekommen die ihren letzten Schliff. „Heute sind fast alle unsere Backwaren vegetarisch oder sogar vegan“, sagt Markus Grecht. Mit Rücksicht auf den muslimischen Teil der Bevölkerung hat Grecht komplett auf die Verwendung von Rindergelatine umgestellt, denn Gläubige verzichten komplett auf Schwein.

Handwerk ist hier wörtlich zu nehmen

Nach den Erdbeeren ist vor den Zwetschgen. Die haben jetzt Saison und werden täglich zu saftigen Streuselkuchen verarbeitet. Ich verteile das geschnittene Obst so akkurat wie möglich zuerst auf runde Böden, dann auf Blechböden. Und dann kommt eine meiner Lieblingsaufgaben: Ordentlich Streusel auf die Kuchen verteilen. Während ich die zuhause in einer kleinen Schüssel zubereite, steht jetzt eine ganze Wanne voller buttriger Streusel vor mir.

Die Finger sind nach dem Belegen der Zwetschgenkuchen braun verfärbt, aber das Ergebnis kann sich sehen lassen.
Die Finger sind nach dem Belegen der Zwetschgenkuchen braun verfärbt, aber das Ergebnis kann sich sehen lassen. | Bild: Kerle, Helene

Hinter mir bei den Bäckern geht es sehr geschäftig zu. Während Bäckergeselle Yerro Bah in Windeseile Riesenmengen an Brötchen formt, legt Bäckermeister Oliver Herr akkurat eine Heferolle nach der anderen auf ein Blech. „Das gibt Einback“, erklärt er mir.

Bäckergeselle Yerro Bah macht seine Arbeit mit viel Leidenschaft. Hier formt er gerade klassische Brötchen.
Bäckergeselle Yerro Bah macht seine Arbeit mit viel Leidenschaft. Hier formt er gerade klassische Brötchen. | Bild: Kerle, Helene

Auf die Frage, welche seine beliebtesten Produkte sind, hat Markus Grecht schnell eine Antwort parat. „Das sind die Schweizer Nussgipfel. Die sind ein Türöffner“, sagt er über das Gebäck, wegen dem viele Kunden extra kommen. Äußerst beliebt seien aber auch die Genetzten. Das sind große, helle Brötchen, die nicht geformt, sondern geschöpft und dann gebacken werden. Im Snackbereich im Gebäude gegenüber kümmert sich Andreas Mennert um herzhafte Backwaren. Jeden Tag belegt er hier 300 Brötchen mit Wurst, Käse, Salat und Co. „Die Riesenbrezel sind bei uns sehr gefragt“, so Mennert.

Oliver Herr ist Bäckermeister bei der Bäckerei Grecht und formt hier gerade Einback aus luftigem Hefeteig.
Oliver Herr ist Bäckermeister bei der Bäckerei Grecht und formt hier gerade Einback aus luftigem Hefeteig. | Bild: Kerle, Helene

Viel Engagement für Nachwuchs-Bäcker

Bei der Bäckerei Grecht arbeiten rund 80 Menschen. Dazu zählen auch fünf Auszubildende. Markus Grecht war 20 Jahre lang Prüfungsvorsitzender der Bäcker-Innung. Heute sei es schwierig, Auszubildende zu finden. Über die Jahre hat er festgestellt, dass junge Leute meist nur dann eine Lehre als Bäcker anfangen, wenn sie vorher schon einmal ein Praktikum in der Backstube gemacht haben. Pro Jahr bietet der Bäckermeister deshalb 20 bis 30 Praktikanten eine Chance zur Berufserkundung. Auch im Netz ist der Engener Bäcker präsent. Eine seiner Töchter kümmert sich um den Auftritt in den sozialen Medien.

Und dann kommt auch schon die letzte Aufgabe bei diesem praktischen Ausflug ins Handwerk. Des Deutschen liebster Käsekuchen wird in verschiedenen Varianten zubereitet. Pur, mit Heidelbeeren oder Mandarinen, für jeden Geschmack etwas. Unter der Woche gibt es bei Bäcker Grecht drei bis vier verschiedene Kuchensorten. Am Wochenende läuft der Konditormeister zu Hochformen auf. Dann stehen zehn bis zwölf verschiedene Kuchen zur Auswahl in den Bäckereitheken. „Das sieht toll aus“, sagt er schlicht. Ein Fest für alles Kuchenliebhaber.

Ich entscheide mich am Ende meines Backtags aber für das klassische Bauernbrot als Belohnung für das Mitarbeiten. Die Brotzeit am Mittag kann kommen.