Ob Wurst, Steak oder Hack: Fleisch landet seit jeher in den verschiedensten Formen auf unserem Teller. Doch wie genau wird Fleisch verarbeitet? Um das herauszufinden, laufe ich einen Tag in einer Metzgerei mit. Es dämmert noch, als Patrick Engler die Tür zu seiner Landmetzgerei in Welschingen öffnet, denn die Fleischproduktion beginnt schon um 5 Uhr und auch bei meiner Ankunft um 7 Uhr sind die Metzger schon fleißig.
Doch bevor es richtig losgeht, drückt Patrick Engler mir noch einen Stapel Arbeitskleidung in die Hand – Kittel, Haube, Schuhschutz. „Wir wollen ja nicht, dass Haare in die Wurst landen“, sagt er. Also schnell in die Metzgerkluft schlüpfen und gründliche Hände waschen, bevor es in die Produktionsstätte geht.
Maschinen erleichtern die Arbeit
Hier herrscht geschäftiges Treiben. Zwei Mitarbeiter sind gerade dabei, frisches Fleisch in den Fleischwolf zu kippen und für die Weiterverarbeitung vorzubereiten. Zwei weitere Kollegen haben einige Würste hergestellt, die sie für die Kühlung aufhängen. Bevor das Fleisch hier weiterverarbeitet werden kann, müssen die Schweine- oder Rinderhälften in kleinere Stücke zerteilt werden. Das passiert in der Zerlegung.

In diesem Bereich werden die gelieferten Schweine und Rinder zerteilt und in drei Fettstufen kategorisiert. Fettiges Fleisch eignet sich besonders gut zur Wurstherstellung, weniger fettes Fleisch hingegen für Hack oder Gulasch, sagt Patrick Engler. Am Tag werden hier 20 Schweine und fünf bis sechs Rinder zerlegt. Dann geht es weiter in der Fleischproduktion.
Die erste Station, der Fleischwolf, ist unspektakulär, da es hier nicht viel zu sehen gibt. „Hier werden die Fleischstücke und Speck zunächst grob zerkleinert“, sagt Engler. Mithilfe eines Wagens, der maschinell angehoben wird, kommt das Fleisch in die Maschine. Das war früher anders, erklärt der Metzger. „Als es das noch nicht gab, war körperliche Arbeit gefragt. Jetzt wird durch diese Unterstützung unser Rücken entlastet.“
Das Fleisch ist im Nullkommanichts zerkleinert und damit bereit für die nächste Station: der Kutter. Auf den ersten Blick erinnert die Maschine an eine Zuckerwattemaschine, nur viel größer. Hier bekommt das Brät nun seinen Geschmack, denn der Kutter vermischt Brät, Gewürze und andere Zutaten wie beispielsweise Zwiebel zu einer homogenen Masse. Je nach Wurst braucht es ein anderes Rezept.
Da an diesem Morgen Weißwurst ganz oben auf der Liste steht, suche ich das richtige Rezept heraus und wiege die Gewürze ab. Die kommen dann in die riesige Schüssel des Kutters, nachdem der Metzger noch Eiswürfel beigemischt hat. Moment, wofür braucht es denn Eiswürfel?

„Die Messer arbeiten in einer hohen Drehzahl, um eine cremige Masse zu bekommen. Das erzeugt natürlich Wärme. Um also die Masse trotz der hohen Verarbeitungsgeschwindigkeit kühl zu halten und zu verhindern, dass das Eiweiß gerinnt, fügen wir noch Eiswürfel hinzu“, erklärt Engler. Gemeinsam klappen wir den Lärmschutzdeckel herunter und starten den Kutter. Innerhalb weniger Minuten wird aus dem grob zerkleinerten Fleisch, den Eiswürfeln und den Gewürzen ein geschmeidiges Brät, das als Wurstfüllung weiterverarbeitet werden kann.
Die fertige Wurstmasse füllt nun ein Mitarbeiter mithilfe einer Maschine in Schweinedarm und dreht sie zu etwa zwölf Zentimeter langen Würsten ab. Sieht kinderleicht aus, doch das täuscht – was bei ihm dank Übung und Routine perfekte, gleichgroße Würste sind, würden bei Laien unförmige Klumpen sein.

In diesem Stil werden hier täglich hunderte Würste hergestellt. „Wir verarbeiten schätzungsweise eine Tonne Fleisch am Tag“, sagt Patrick Engler. „Heute haben wir Nackt-, Weiß- und Bierwurst produziert, morgen sieht der Tag schon wieder ganz anders aus.“ Das liege an den Bestellungen, größtenteils von Gastronomen. Aber auch für Firmenfeiern und Privatkunden wird in der hauseigenen Metzgerei produziert – und zwar mit regionalem Fleisch. „Wir beziehen unser Fleisch zum größten Teil von Höfen in der Region Hegau-Bodensee-Tuttlingen im Umkreis von 30 Kilometern. Nur das Geflügelfleisch beziehen wir aus Frankreich“, sagt Patrick Engler.
Gemeinsame Zeit stärkt das Teamgefühl
Doch nicht nur Wurst wird in der Metzgerei hergestellt. Auch Steaks, Leberkäse, Marinaden und Salate werden in der Zentrale in Welschingen für den Verkauf in den sechs Filialen im Hegau hergestellt. Anna Pirillo und ich sind gerade dabei, Steaks zu marinieren, als sämtliche Mitarbeiter die Arbeit niederlegen und die Produktionsstätte verlassen. „Um 9 Uhr gibt es für alle ein gemeinsames Frühstück im Metzgerstüble. Das stärkt das Teamgefühl“, erklärt sie und zieht dabei ihre Handschuhe aus. Denn auch sie gesellt sich dazu. Vom Metzgerstüble aus hat man durch eine Glasfront die freie Sicht auf die Produktionsstätte im unteren Bereich.
Zurück bei der Arbeit gibt es noch Einblicke im Bereich der Verpackung. Hier werden Wurstwaren in Scheiben geschnitten und verpackt, Würste werden vakuumiert. Lyoner wird beispielsweise in Streifen geschnitten, damit sie zu Fleischsalat verarbeitet werden kann, und dann für den Verkauf verpackt.

Zum Abschluss kommt die Frage auf, ob er sich schon einmal Sorgen darüber gemacht hat, dass sein Beruf aussterben könnte. Immerhin zeigen aktuelle Auswertungen des Bundesinformationszentrums Landwirtschaft (BZL), dass sich der langfristige Trend zu einem geringeren Fleischverzehr in Deutschland auch 2022 fortgesetzt hat. Mit insgesamt 52 Kilogramm pro Person im Jahr sank der Pro-Kopf-Verzehr von Fleisch im Vergleich zu 2021 um rund 4,2 Kilogramm. Damit ist der Wert laut BZL so niedrig wie noch nie seit Beginn der Berechnung im Jahr 1989. So haben Menschen rund 2,8 Kilogramm weniger Schweinefleisch, 900 Gramm weniger Rind- und Kalbsfleisch sowie 400 Gramm weniger Geflügelfleisch gegessen.
Als möglichen Grund für diese Entwicklung gibt das BZL die anhaltende Tendenz zu einer pflanzenbasierten Ernährung an. „Ich verstehe, dass Menschen sich Gedanken über die Haltung der Tiere machen. Das ist auch richtig“, sagt Patrick Engler. Die Höfe, von denen sein Betrieb das Fleisch bezieht, setzen sich für tierfreundliche Haltung ein. „Uns ist wichtig, dass die Tiere gut gehalten werden, genug Zeit zum Wachsen bekommen und natürlich gefüttert werden. Denn das schmeckt man auch.“
Patrick Engler ist sich deshalb sicher, dass er auch künftig noch gebraucht wird. Auch wenn das bedeutet, dass er morgens früh aufstehen muss.