Frische Erdbeeren verströmen im Sommer einen Geruch, der einem das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt. Genau dieser Geruch schlägt mir beim Betreten des Hofes von Martin Schneble entgegen. Einen Tag lang bei der Erdbeerernte helfen, dabei die ein oder andere Erdbeere naschen. Doch schon bei der Begrüßung wird deutlich: Ich könnte mich geirrt haben – gewaltig sogar. Und nach wenigen Minuten als Erntehelfer auf Probe wird klar: Ein Tag mit Martin Schneble und seinen Helfern ist kräftezehrend und schweißtreibend. Aber auch geprägt von Teamarbeit und viel guter Laune.

Martin Schneble baut auf seinem Hof in Mühlhausen-Ehingen Erdbeeren an. Er weiß: Die Ernte ist ein Knochenjob.
Martin Schneble baut auf seinem Hof in Mühlhausen-Ehingen Erdbeeren an. Er weiß: Die Ernte ist ein Knochenjob. | Bild: Matthias Güntert

Es ist früh am Morgen, Martin Schneble steht am Eingang seines Hofes und wartet. Zu diesem Zeitpunkt sind seine 20 Erntehelfer schon mitten bei der Arbeit. „Unser Tag beginnt früh um 6 Uhr“, sagt er mit einem freundlichen Lächeln.

Erdbeeren wohin das Auge schaut

Auf seinem Hof in Mühlhausen-Ehingen – Schneble betreibt mit seiner Frau auch noch einen in Duchtlingen – werden hauptsächlich Erdbeeren, Himbeeren und Kirschen angebaut. „Darauf haben wir uns vor Jahren spezialisiert“, so der Landwirt. Auf 3,2 Hektar stehen Tunnel an Tunnel, in denen die Früchte wachsen. Hinzu komme ein Hektar mit Erdbeeren, die komplett im Freien angebaut werden.

Mit Erntehelferin Teresa geht es auf die Felder. Sie kommt aus Polen und pflückt schon seit 17 Jahren auf dem Schneble-Hof.
Mit Erntehelferin Teresa geht es auf die Felder. Sie kommt aus Polen und pflückt schon seit 17 Jahren auf dem Schneble-Hof. | Bild: Matthias Güntert

Zusammen mit Erntehelferin Teresa geht es auf die Felder. Sie pflückt schon seit 17 Jahren auf dem Schneble-Hof. Die Kommunikation ist schwierig, Teresa und ihre Kolleginnen sprechen kaum Deutsch. Sie kommen aus Polen, Rumänien, der Ukraine und Bulgarien. „Viele kommen schon seit Jahren zu uns“, sagt Martin Schneble. Ohne die flinken Helfer sei die Ernte unvorstellbar. Aber Schneble weiß: Das Erdbeerpflücken ist ein echter Knochenjob. Und schon nach wenigen Minuten wird mir klar: Da hat er Recht!

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Zum Glück muss man sich nicht bücken

Ich werde an meinem Praktikumstag nur in den Tunnel eingeteilt. Zum Glück: Dort befinden sich die Erdbeeren auf Brusthöhe. „Das erleichtert die Ernte ungemein“, sagt Martin Schneble.

Das Pflücken braucht etwas Geschick: Die gesunden Erdbeeren zusammen mit ihren grünen Kelchblättern abpflücken. Dafür wird der Stiel einfach nahe an der Frucht umgeknickt und die Erdbeere nach oben abgezogen. Danach wandern die Erdbeeren vorsichtig in ein Körbchen, sodass sie ja keine Druckstellen bekommen. Bei meinem ersten Versuchen nickt Teresa zustimmend und hebt den Daumen.

So einfach ist das gar nicht: Auf die richtige Technik kommt es bei der Erdbeerernte an. Nur nicht zu viel oder zu wenig vom Grün abzücken.
So einfach ist das gar nicht: Auf die richtige Technik kommt es bei der Erdbeerernte an. Nur nicht zu viel oder zu wenig vom Grün abzücken. | Bild: Matthias Güntert

Bei der Ernte herrscht allgemein gute Laune. Teresa und die anderen Helferinnen lachen viel. Ob sie über das mangelnde Tempo ihres Praktikanten lachen, bleibt wohl ihr Geheimnis. Aber nach ein paar Minuten ist ihr Körbchen schon voll, während meines noch nicht einmal zur Hälfte gefüllt ist. Akkordvorgaben gibt es auf dem Schneble-Hof allerdings nicht.

Das Ergebnis ist eindeutig: Links steht der Korb von Erntehelferin Teresa, rechts der von SÜDKURIER-Redakteur Matthias Güntert.
Das Ergebnis ist eindeutig: Links steht der Korb von Erntehelferin Teresa, rechts der von SÜDKURIER-Redakteur Matthias Güntert. | Bild: Matthias Güntert

38.000 Pflanzen ergeben viele Erdbeeren

In der ersten Pause kommt Chef Martin Schneble dazu. „Heute werden die letzten Setzlinge gepflanzt“, sagt er. 38.000 Stück davon warten darauf, in die Erde gesetzt zu werden. Diese kommen tiefgefroren auf dem Schneble-Hof an. „Wir versetzen sie in einen künstlichen Winter“, sagt Martin Schneble. Ein Setzling koste etwa 60 Cent. Auf seinem Hof werde in Etappen gepflanzt: Die erste Ernte starte im Mai. Die Setzlinge dafür würden schon im August des Vorjahres gepflanzt. Eine weitere Charge werde im Juni geerntet, die Pflanzung dafür sei aber erst im April nötig, da die Erdbeeren dann schneller wachsen.

Die Setzlinge für die neuen Erdbeeren werden tiefgefroren auf den Schneble-Hof geliefert. Jüngst wurden die letzten 38.000 Stück gepflanzt.
Die Setzlinge für die neuen Erdbeeren werden tiefgefroren auf den Schneble-Hof geliefert. Jüngst wurden die letzten 38.000 Stück gepflanzt. | Bild: Matthias Güntert

Laut Schneble reife die Erdbeere am besten bei 20 bis 25 Grad und freue sich einmal in der Woche über einen leichten Regen. Durch das Pflanzen in Etappen könne er die Saison künstlich verlängern. Nach 42 Tagen hängen dann die ersten reifen Früchte an einer Pflanze. „Die Ernte läuft dann so vier bis fünf Wochen“, sagt er.

Seit Anfang Mai sind regionale Erdbeeren auf dem Markt. Theoretisch können sie dann bis in den November hinein geerntet werden, sagt Schneble. „Das machen wir aber nicht, die schmecken ohnehin nicht mehr“, betont er. Außerdem setze er ausschließlich auf Sonnenenergie – und die Nachfrage gehe zum Ende seiner Ernte im August ohnehin zurück.

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„Die Pflanze ist wie ein Hochleistungssportler – zu heiß oder zu nass ist schädlich“, sagt er. Sollte es zu heiß werden, bleiben die Früchte zu klein und verlieren an Geschmack. Damit das nicht geschieht, hat der Landwirt im Tunnel einige Netze gespannt. Sie sollen für Schatten sorgen. Und ein künstlicher Regen sorgt innen nicht nur für Feuchtigkeit, sondern auch Abkühlung.

Schlagzahl bei der Ernte ist hoch

Trotzdem wird es im Erdbeertunnel schnell warm – sehr warm. Teresa und ihren Kollegen sieht man die Strapazen aber nicht an. Sie machen munter weiter. Die Schlagzahl beim Pflücken ist hoch, meine hingegen wird immer langsamer.

Die Erdbeerernte auf den normalen Felder ist die anstrengendste, weil die Pflanzen nicht auf Stellagen, wie in den Erdbeertunneln, ...
Die Erdbeerernte auf den normalen Felder ist die anstrengendste, weil die Pflanzen nicht auf Stellagen, wie in den Erdbeertunneln, gepflanzt werden. | Bild: Matthias Güntert

Die Helfer bleiben maximal 70 Tage auf dem Hof, ihre Kolleginnen aus der Ukraine bis zu drei Monate. Pro Stunde bekommen sie den Mindestlohn von 12 Euro, schildert ihr Chef Martin Schneble. Auf die Frage, wie er zum Mindestlohn steht, antwortet er allgemein: „Die Menschen arbeiten hier hart.“ Aber man müsse als Endverbraucher auch bedenken: „Die Lohnkosten haben auf den Produktpreis einen wesentlichen Anteil. Das muss jedem bewusst sein.“

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Er rechnet vor: Die 35 Erntehelfer würden in einer Saison 18.000 Stunden auf den Feldern stehen. Davon arbeiten 20 Erntehelfer allein 13.000 Stunden für die Erdbeeren. Dass der Mindestlohn zuletzt um 2 Euro erhöht wurde, bedeute Mehrkosten von 35.000 bis 40.000 Euro für seinen Hof.

Erdbeere ist nicht gleich Erdbeere

Zum Schluss des Praktikumstages gibt es noch eine Lehrstunde in Sachen Erdbeersorten – ja, richtig. Da gibt es verschiedene Sorten. Bei Schnebles setzt man vor allem auf die Clery. Wer dachte, dass Erdbeere gleich Erdbeere ist, der hat sich definitiv getäuscht! „Die Clery ist eine kegelförmige und orange-rote Erdbeere und super-süß“, sagt Martin Schneble.

Erntehelferin Snizhana aus der Ukraine hat schon viele Erdbeeren in ihrem Erntekörbchen.
Erntehelferin Snizhana aus der Ukraine hat schon viele Erdbeeren in ihrem Erntekörbchen. | Bild: Matthias Güntert

Wenn man mit Martin Schneble spricht, hat man schnell das Gefühl, dass er Erdbeeren im Blut hat. Seit 30 Jahren haben er und seine Familie sich der Erdbeere verschrieben. „Unsere Erdbeeren sind Leidenschaft“, sagt er. Für ihn stehe die Qualität an erster Stelle. Natürlich könne er den Ertrag der Beeren steigern oder die Saison verlängern bis in den Winter. Aber dann käme die Sache mit dem fehlenden Geschmack wieder ins Spiel. Die Qualität schlage sich natürlich auch beim Preis nieder. Ein Körbchen Erdbeeren mit 500 Gramm kostet bei Schnebles übrigens 4 Euro. Allgemein sei die Erdbeer-Saison 2023 bisher gut gewesen.

Erdbeerpreis stieg um knapp 15 Prozent

Laut Verband Süddeutscher Spargel- und Erdbeerbauern habe der durchschnittliche Verbraucherpreis für deutsche Erdbeeren aufgrund der gestiegenen Produktionskosten von Januar bis Ende Mai um knapp 15 Prozent über dem des Vorjahres gelegen. „Im Gegensatz zu letzter Saison bekannte sich der Lebensmitteleinzelhandel stärker zu heimischen Erdbeeren“, teilt der VSSE mit.

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Aber bitte mit Sahne und frisch vom Feld

Wenn die Ernte erledigt ist, bleibt vor allem eine Frage: Wie schmecken sie am besten? Martin Schneble grinst, greift zur nächsten Pflanze: „Natürlich direkt vom Feld.“ Dann überlegt er noch einmal kurz und fügt hinzu: „Oder mit Schlagsahne.“