Werfen wir zunächst einen Blick zurück. Als in Tengen im Frühjahr ein neuer Bürgermeister gewählt wurde, war dreieinhalb Wochen vor Ende der Bewerbungsfrist am 6. Februar noch keine einzige Bewerbung eingegangen. Der folgende Wahlkrimi ist bekannt. Im zweiten Wahlgang setzte sich der jetzige Amtsinhaber Selcuk Gök deutlich durch, der im ersten Wahlgang noch gar nicht angetreten war.

Kein Tengener Problem

Tengen stand mit diesem Problem nicht allein da. Auch im Herbst 2022 in Gaienhofen konnte sich kein Kandidat im ersten Wahlgang durchsetzen, erst der nur im zweiten Wahlgang angetretene Jürgen Maas schien den Wählern der richtige zu sein. Und in Herdwangen-Schönach haben im Januar dieses Jahres sogar engagierte Bürger per Anzeige einen Bewerber gesucht.

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Was hat Engen, was all diese Kommunen nicht haben? Trocken könnte man sagen: Nach nicht einmal zwei Wochen Frist drei Bewerber, die allesamt ernst zu nehmen sind. Tim Strobel hat Verwaltungswissenschaft studiert, ist Kreisvorsitzender der SPD und sitzt seit 2019 im Engener Gemeinderat.

Marco Russo beendet im Winter sein Studium an der Verwaltungs-Hochschule in Kehl, die gemeinhin auch als Bürgermeisterschmiede gilt. Er sitzt ebenfalls seit 2019 in einem Gemeinderat, nämlich für die Freien Wähler in Hilzingen.

Und kürzlich kam nun auch noch Frank Harsch dazu, der bereits Bürgermeister ist. Für ihn läuft in Braunsbach die dritte Amtszeit, er ist CDU-Mitglied. Alle drei bisherigen Bewerber wollen parteilos antreten.

Woran liegt die Vielzahl an Bewerbungen?

Doch die Frage ist eher: Woran liegt es, dass die Bewerbungsphase in Engen so anders verläuft als zuletzt in vielen anderen Gemeinden? Da drängen sich zwei Hypothesen auf.

Erstens: Die Stadt ist einfach gut in Schuss und deswegen attraktiv bei allen, die sich das anspruchsvolle Amt zutrauen. Das dürfte auch der demnächst scheidende Amtsinhaber Johannes Moser als Erfolg für sich verbuchen können. Er hat die Geschicke der Hegau-Stadt immerhin seit 27 Jahren gemeinsam mit dem Gemeinderat gelenkt.

Die zweite Hypothese

Das neue Wahlrecht führt dazu, dass kein Interessent sich auf einen zweiten Wahlgang verlassen und erst einmal in Ruhe das Bewerberfeld sondieren kann. Denn wo es früher als zweiten Wahlgang eine Neuwahl gab, bei der neue Kandidaten einsteigen konnten, steht seit diesem Sommer im zweiten Wahlgang eine Stichwahl an. Die wird zwischen den beiden Erstplatzierten des ersten Wahlgangs ausgetragen. Diese Neuerung könnte zur Folge haben, dass vielversprechende Bewerber nicht mehr abwarten, sondern direkt aus der Deckung kommen.

Engen könnte aber auch einfach ein gesegnetes Fleckchen Erde sein, weshalb es sich auch bei der bevorstehenden Bürgermeisterwahl in einer besonders glücklichen Situation befindet. Wie dem auch sei: Man wird sehen – noch ist die Bewerbungsfrist ja nicht zu Ende.