Die Kultureinrichtungen sind lahmgelegt, die Einschränkungen wegen Corona bedeuten für Künstler jeder Sparte harte Zeiten. Auch für die Zirkusleute, die ohne Einnahmen auch noch die Tiere durchbringen müssen. So wie der Circus Renz, der wieder sein Winterquartier auf einem Gelände im Gewerbegebiet in Welschingen bezogen hat. Durch den Winter kommt der kleine Wanderzirkus nur Dank Spenden der Bevölkerung.
Max Borth aus Mühlhausen zeigt auf einen Anhänger, auf dem zwei Großballen Heu liegen: „Das ist nicht die erste und auch nicht die letzte Fuhre, die ich sponsere.“ Nach anfänglicher Skepsis will er helfen, denn er hat sich von der misslichen Situation der Familie Renz überzeugt. Verursacht wurde sie durch die Corona-Krise. Wie Johann Renz als Chef des Unternehmens erzählt, geht es in der Regel von Welschingen aus zum Weihnachtszirkus nach Konstanz, mit dem die Familie seit fünf Jahren die Einnahmen in Winter sichert.
Die Tiere brauchen pro Woche Futter für 100 Euro
„Das fällt in diesen Jahr flach, seit Anfang Januar sitzen wir auf dem Trockenen“, erläutert Renz. „Wir sind verplant bis November 2021, dann kämen wir hierher zurück“, sagt er und zählt die Orte auf, in denen der Zirkus ohne Pandemie gastieren würde. Mit Johann Renz zählen seine Frau, sein Sohn mit Frau und drei Kinder im Alter von anderthalb bis sechs Jahren zur Zirkusfamilie, die 25 Tiere hat, darunter zwei Kamele, einen Wasserbüffel, fünf Ponys, vier Lamas und sechs Ziegen. „Wir haben keine Einnahmen, aber Kosten.“ Der Zirkuschef nennt zirka 100 Euro in der Woche für Tierfutter, dazu kämen Tierarztkosten, in diesem Jahr für bisher fünf Behandlungen.
Zum ersten Mal auf Arbeitslosengeld angewiesen
Zum ersten Mal hätten sie sich beim Jobcenter gemeldet und für ein halbes Jahr Arbeitslosengeld II bekommen. Das ist ihm gar nicht recht, aber er sagt: „Wir brauchen nicht viel, aber was sollten wir in diesem Fall machen?“ Der Circus Renz habe eine lange Tradition und sei einer der wenigen verbliebenen Zirkusse. Spenden aus der Bevölkerung hätten sie immer wieder über Wasser gehalten. Sein Sohn Dustin Renz betont: „Um unser Leben zu sichern, wollten wir nicht mit den Tieren in der Fußgängerzone um Spenden bitten.“ So machten sie sich als Bittsteller auf den Weg an die Haustüren und trafen in Mühlhausen auch Max Borth an.
Der sagt ganz klar: „An der Haustür gebe ich nichts.“ Nachdem er aber gesehen hatte, wie geknickt die Bittsteller wieder gingen, habe es ihm keine Ruhe gelassen. Er fuhr nach Welschingen und überzeugte sich, dass es wirklich ein Zirkus war. „Als ich sah, wie eingeschränkt sie hier leben, musste ich helfen.“ Die angedachte Summe habe er gleich verdoppelt, denn es gehe um Menschen und Tiere. Max Borth unterstützt auch die Ukraine-Hilfe Pro Humanitate und sponserte über Jahre eine Familienpatenschaft in Moldawien.
Für den Circus Renz hörte er sich um, wo Tierfutter zu bekommen sei, kaufte vier Ballen Heu im Reiterhof Blumenfeld, der zwei davon sponserte. Er sprach Freunde, Nachbarn und Bekannte an, deren Spenden für den Tierarzt verwendet wurden. Günter Kretschmer aus Mühlhausen stellt den Anhänger und hilft bei den Transporten, Max Borths Frau Barbara hilft im Tafelladen Engen und bringt mit, was dort übrig bleibt. „Hier wird alles verwertet, übrig bleibt da nichts, denn auch die Tiere profitieren von Salaten und Gemüsen“, dankt Johann Renz allen Spendern für ihre Unterstützung.