Die erste Reihe am Bodenseeufer ist mit dem geplanten Teilabbruch sowie dem Um- und Neubau des Horner Hotel Schlössli nicht nur zu einem Objekt der wirtschaftlichen Spekulation, sondern auch zu einem Kampfgebiet auf der Höri geworden. 589 Bürger unterzeichneten eine Online-Petition, die sich gegen das Projekt aussprechen. Die Unterzeichner befürchten eine komplette Änderung des landschaftlichen Erscheinungsbilds von Horn – sowohl von der Landseite wie auch von der Seeseite.
Schlössli nun auch Thema für die Politik
Auch die Politik nahm sich dem Anliegen nun öffentlich an. Auf der Jahreshauptversammlung der Ortsgruppe der Partei Bündnis 90/die Grünen auf der Höri (Höri-Grüne) debattierten deren Mitglieder darüber, wie sie politischen Einfluss auf das millionenschwere Bauvorhaben nehmen können. An der Diskussion in Öhningen nahmen auch Gäste und die Ortsgruppe des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) auf der Höri teil.

Einen Vorgeschmack ob der Bedeutung des Bauvorhabens für die Bewohner der Höri bekamen die Gemeinderäte von Gaienhofen und Bürgermeister Uwe Eisch auf deren jüngsten Sitzung. Rund 40 Bürger begehrten im Rathaus Einlass, um der Gemeinderatsdebatte von fünf Befreiungsanträgen für den Hotelneubau folgen zu können. Kaum, dass sie den Sitzungsaal betraten hatten, entschuldigte sich Bürgermeister Eisch für das Kommen der Interessenten. Denn dieser Tagungspunkt wurde kurzfristig verschoben.
Der Debatte nahmen sich nun die Höri-Grünen an. Irmhild Kalkovski erläuterte anhand der Bruchstücke aus den offiziell bekannt gewordenen Informationen der Tagesordnung die Lage und Kubatur des Bauvorhabens im Vergleich zu dem Bestandsgebäude Schlössli. Der Neubau stelle für sie keinen Präzedenzfall dar, da er auf einem Sondergebiet mit einer Hotel-Nutzung errichtet werden soll.
Der Uferschutz wäre mit einem Neubau gefährdet
Die Architektin sieht jedoch mit dem Neubau den Uferschutz gefährdet, da er zu nahe an der Mittelwasserlinie liegen würde. Sorge bereitet ihr auch die Größe der Baukörper, die „ein Stückchen Höri-Kulturlandschaft“ zerstören würde. Sie erinnerte an einen Ausschuss, der sich vor Jahrzehnten mit dem Bauen auf und mit dem Bewahren der Höri befasste. Dessen Ziel sei nicht gewesen, das Bauen auf der Höri zu verhindern, sondern das Gebäude maßstabsgerecht ermöglicht werden könnten, erläuterte Inge Saegert. Bei einem Projekt dieser Größenordnung – das zudem die Baukultur der gesamten Höri berühren würde – sei ein Gestaltungsbeirat der Architektenkammer zu empfehlen, so Irmhild Kalkovski.

Was nicht nur die Unterzeichner der Online-Petition beunruhigt, sondern auch die Höri-Grünen irritiert, ist die Architektur des Hotelneubaus mit der Aufteilung der Zimmer mit bis zu 50 Quadratmeter große Appartements. Sie öffnete bei Gegnern Tür und Tor für Spekulationen ob der Gebäudenutzung als Privatwohnungen oder als Residenz für Senioren.
Das Gebäude muss Profit abwerfen
Christian Getto erinnerte daran, dass mehrere Gastronomen vergeblich versucht hätten im Bestandsgebäude eine Restauration zu betreiben. Damit das Schlössli genutzt werden kann und nicht verfalle, müsse jemand eine größere Investition tätigen. Nur eine bestimmte Größe könne eine Rendite ermöglichen, versucht Getto die Projektgröße zu rekonstruieren.
Andrea Dix bemängelte das Fehlen einer Bedarfsermittlung für Hotels auf der Höri und verwies auf die angespannte Lage im Arbeitsmarktsektor sowohl im Gastro- wie in Beherbergungsbetrieben. Es stelle sich für sie die Frage, welche Form von Tourismus die Höri wolle. In ihrem Beitrag erinnerte sie auch an den Dokumentarfilm „Der Bodensee – Zersiedelung einer Landschaft“ des Regisseurs Dieter Wieland aus dem Jahr 2004. Er inspirierte sie zu dem Gedanken, was die Höri-Bewohner mit der Zerstörung der Landschaft eintauschen und was der Allgemeinheit übrig bleiben würde? Dix kritisierte dabei das Abwandern des Profits, der von den Investoren aus der Landschaft Bodensee gewonnen werde. Beispiele seien am anderen Seeufer in Steckborn sowie am Züricher See abzulesen – auf Kosten der Landschaft für die Bürger.
Schlössli hätte Wahlkampfthema sein sollen
Schwerwiegende Kritik am politischen Prozess formulierte der Vorsitzende der Ortsgruppe BUND-Höri, Martin Otto: Bei der jüngsten Bürgermeisterwahl in Gaienhofen seien die Kandidaten zu vielen Themen wie beispielsweise die Innenverdichtung oder über sanften Tourismus befragt worden. Wäre das bis dato nichtöffentliche Bauprojekt im Wahlkampf zur Sprache gekommen, dann hätte man die Kandidaten daran packen können, so Otto. Er mutmaßt, dass eine Strategie dahinter stecken könnte. Oliver Nelle sieht in der Causa Schlössli einen Ansatz für die nächste Kommunalwahl.