
Einmal ins Lehrerzimmer spicken und die Aussicht aus dem Klassenzimmer genießen, auch wenn man weder Lehrer noch Schüler ist. Diese Gelegenheit nutzten rund 120 Menschen beim Dorfgespräch mit Bürgermeister Michael Klinger. Dabei ging es auf die Baustelle der künftigen Eichendorffschule – und in die Höhe.
Denn wo beim vorherigen Dorfgespräch nur der Keller zu sehen war, ging es jetzt schon ins Obergeschoss. Applaus gab es dabei für die Worte des Bürgermeisters: „Diese Baustelle läuft wahnsinnig gut.“ Denn die Rohbaufirma sei dem Zeitplan zwei Monate voraus.
120 Menschen wollen wissen, wie es innen aussieht
120 Menschen schoben sich durch die Gänge der Eichendorffschule. Einige von ihnen waren offenkundig Eltern mit Kindern, die diese neue Schule künftig besuchen sollen. Andere waren im Rentenalter und doch interessiert an der Entwicklung ihrer Gemeinde. Weil es so viele Besucher waren, wurden sie in zwei Gruppen eingeteilt: Die einen liefen mit Architekt Tobias Haasis von „hotz + architekten“ und Bürgermeister Michael Klinger, die anderen mit Haasis' Kollegen. Von den einzelnen Räumen sind bislang vor allem Mauern und Sichtbeton zu sehen.
An einer Stelle ist schon eine Aussparung für das künftige Smartboard, also eine moderne Tafel, zu sehen. „Es brauchte schon vorab viel Detailarbeit“, erklärte Haasis. Schon seit Monaten ist klar, wo welche Steckdose hinkommt und wo es Leerrohre für Leuchten braucht. Eine andere Aussparung in der Wand soll später den Einblick in ein Lernatelier bieten. In einem solchen Raum sollen Schüler künftig in kleinen Gruppen arbeiten können.

Noch sind die räume 3,58 Meter hoch. Boden und Lüftung werden noch viele Zentimeter kosten
Noch behinderten aber viele Stützen den Weg der Besucher durch die hohen Räume. 3,58 Meter liegen zwischen Boden und Decke. Doch das wird nicht so bleiben, wie der Architekt erläuterte: Der Bodenaufbau wird 13 Zentimeter hoch sein, außerdem fehlt noch die Lüftungstechnik. Weil die neue Eichendorffschule nach Passivhaus-Standard gebaut wird und deshalb eine sehr dichte Hülle braucht, sollen sämtliche Räume per Lüftung mit Frischluft versorgt werden. Der Sichtbeton habe dabei auch eine ganz praktische Funktion: Wenn alle Decken verkleidet würden, könne das Gebäude im Sommer schlechter auskühlen.
Eine Wendeltreppe fürs Lehrerzimmer
Damit Boden und Lüftung eingebaut werden können, fehlt noch die Fassadengestaltung. Die ist der nächste Schritt, wenn der Rohbau etwa Mitte März beendet sein soll. Von der Fassade hängen alle anderen Gewerke ab, wie Bürgermeister Klinger sagte. Dann darf auch die Wendeltreppe einziehen: Das zweigeschossige Lehrerzimmer soll intern verbunden werden, damit Lehrer im unteren Bereich sich austauschen und im oberen Bereich konzentriert arbeiten können.
Beim Rundgang erklärte Bürgermeister Michael Klinger auch grundsätzlich, wie die Schule demnächst aussehen soll: viel Glas, viel Holz. Lichtdurchflutet, aber nicht zu heiß soll es sein, dafür sorge man mit einer Beschichtung und Beschattung. Mit dem Holz, das nicht nur beim Parkettboden eingesetzt werden soll, erhofft sich Klinger auch eine bessere Lernqualität: Wohlbefinden führe auch zu besseren Ergebnissen, zeigte er sich überzeugt. Das könne man von einer dunklen Höhle mit dunklen Fluren und drückenden Decken wie bei der aktuellen Schule kaum sagen.

Noch braucht es viel Arbeit und Zeit
Solang der Innenausbau fehlt, brauchten einige Besucher aber noch die Taschenlampe ihres Smartphones, um sich im abendlich dunkler werdenden Neubau zurecht zu finden. Vom Innenhof, der ein grünes Klassenzimmer werden soll, ist ohnehin noch nicht viel zu sehen und auch die naturwissenschaftlichen Räume im zweiten Obergeschoss brauchen noch ein wenig Zeit, bis sie als solche erkennbar sind. „Ich glaube und hoffe, dass wir auf einem guten Weg sind, aber es ist auch noch viel Arbeit“, sagte Klinger. Die Gemeinde will laut Bürgermeister Klinger immer wieder mit einer Baustellenbesichtigung über den aktuellen Fortschritt informieren. Beim ersten Dorfgespräch dazu seien zwischen 30 und 40 Besucher gewesen, erinnerte sich Klinger und freute sich über das nun gewachsene Interesse.
Besucher haben ganz praktische Fragen zu Bushaltestelle oder Sporthalle
Nicht gedulden mussten sich die Besucher mit ihren Fragen – und die fielen ganz praktisch aus, ohne kritisches Nachhaken etwa wegen hoher Kosten. Wird es Photovoltaik-Anlagen geben? Was ist mit der Bushaltestelle und der Sporthalle? Und wo liegt eigentlich der Schulhof? „Wir haben die Dachfläche bestmöglich genutzt“, antwortete Architekt Haasis zum Thema Photovoltaik. „Die bisherige Bushaltestelle bleibt“, erwiderte Bürgermeister Klinger. Damit solle der Verkehr entzerrt werden.
Auch die bisherigen Sporthallen bleiben – nun müssten die Schüler für den Sport zwar ein wenig laufen, könnten dafür aber vom Klassenzimmer ins Grüne blicken. Mittelfristig müsse man über die Eichendorffhalle diskutieren und sich fragen, ob Gottmadingen so eine große Veranstaltungshalle noch braucht. Denkbar sei, die Fahrkantine aufzurüsten und eine kleinere Sporthalle einzurichten. Doch nach dem Schulneubau könne die Gemeinde finanziell erstmal keine großen Sprünge machen.
Erstmal keine großen Sprünge
Beim Schulhof musste Architekt Tobias Haasis hingegen nicht lange abwägen: Einen Vorplatz soll es an der Rielasinger Straße geben, der Schulhof ist im Süden geplant. Bei schlechtem Wetter können Schüler sich künftig in der Mensa sowie im Eingangsbereich von Erdgeschoss und erster Etage aufhalten.
Chronologie zum Schulneubau
Das rund 10 000 Quadratmeter große Grundstück an der Rielasinger Straße in Gottmadingen gegenüber dem evangelischen Kindergarten soll zum Schuljahrsbeginn 2021/22 mit einer neuen Eichendorff-Realschule knapp 600 Schülern eine optimale Umgebung bieten.
- November 2019: 80 Prozent der Aufträge sind vergeben.
- Juni 2019: 70 Prozent der Aufträge sind vergeben, die Kosten werden mit 27,45 Millionen Euro beziffert.
- Mai 2019: Grundsteinlegung.
- 10. April 2019: Spatenstich. Bürgermeister Klinger spricht von „Kosten, die wir uns teilweise so nicht gewünscht haben, die wir aber hoffentlich knapp an der Schmerzgrenze des Erträglichen als Gemeinde miteinander aushalten werden“.
- Februar 2019: Die Finanzierung steht, die Kosten sind mit bis zu 30 Millionen Euro veranschlagt.
- Herbst 2018: Eine Jury wählt den alten als neuen Namen – Eichendorff-Realschule Gottmadingen.
- Sommer 2018: Wegen mangelnder Angebote ist eine zweite Vergaberunde für einige Gewerke geplant.
- September 2017: Die Baukosten steigen im Zuge der guten Baukonjunktur auf 22,5 Millionen Euro.
- Februar 2017: Einstimmig votierte der Gemeinderat für einen Neubau beim Schulsportplatz. Er wird mit Kosten von etwa 21 Millionen Euro veranschlagt. Für die Sanierung des Bestandsgebäudes lag die erste Kostenschätzung bei 18,8 Millionen Euro.
- Januar 2014: Der Planungsprozess zur Zukunft der Eichendorffschule beginnt. Das Gebäude war in die Jahre gekommen und elementare Versorgungseinrichtungen hätten komplett erneuert werden müssen.