Nicht groß genug, um ganz autark darüber zu entscheiden, ob ein Gebäude im Dorf gebaut werden darf oder nicht: das ist das Dilemma der 10 000 Einwohner zählenden Gemeinde Gottmadingen. Immer redet das Landratsamt als genehmigende Behörde mit. Da kann es vorkommen, dass die Meinungen auseinander gehen. In jüngster Zeit ist das mehrfach der Fall gewesen. Gleich dreimal bekamen Bauherren vom Kreisbauamt signalisiert, dass ihre geplanten Häuser Aussicht auf Genehmigung hätten. Doch in der Abteilung Stadtplanung und schließlich auch im Gottmadinger Gemeinderat schrillen die Alarmglocken. Die Gestaltung ihres Ortes schien ihnen zu entgleiten. Deshalb wurde jetzt eine Sondersitzung einberufen, die sich ausschließlich mit drei kritischen Bauvorhaben beschäftigte. Zwei davon liegen in Ebringen und hatten die Räte – wie den SÜDKURIER – schon mehrfach beschäftigt. Als letzte Rettung sollen jetzt Bebauungspläne aufgestellt werden. Die darin beschlossenen Richtlinien sollen regeln, wie gebaut werden darf.
Auf der Suche nach ortsverträglichen Lösungen
Es geht der Verwaltung und den Gemeinderäten nicht darum, die Bauvorhaben grundsätzlich zu verhindern; sie suchen vielmehr nach Lösungen, die ihnen ortsverträglich erscheinen. Der eine Fall ist das ehemalige Gasthaus Löwen mit Nebengebäuden und dem angrenzenden Gelände. Hier plant der Bauherr ein Mehrfamilienhaus mit sechs Wohneinheiten, vier Garagen, einem Gerätehaus sowie vier Stellplätze. Die ganze Anlage ist als moderner Kubus mit Flachdach geplant.

Was passt eigentlich ins Dorf?
Während das Kreisbauamt der Meinung ist, dass sich das Gebäude in die Umgebung einfüge und es deshalb keinen Grund gebe, den Antrag abzulehnen, sieht die Mehrheit des Gemeinderats in Übereinstimmung mit der Verwaltung einen deutlichen Stilbruch. Viel zu massiv und zu kantig für das Dorf. Das Bauvolumen des geplanten Neubaus überschreite die städtebauliche Bestandsstruktur am dörflich geprägten Ortseingang, erklärt auch die neue Stadtplanerin Olga Gozdzik in ihrer Gemeinderatsvorlage.
Der Ortseingang würde sich total verändern
Bürgermeister Michael Klinger hatte in einer früheren Sitzung sogar von einem „städtebaulichen Sündenfall“ gesprochen. Das Flachdach wird als Fremdkörper wahrgenommen, weil nahezu alle Häuser im Dorf geneigte Dächer haben. „Das Implantat würde das Erscheinungsbild des Ortseingangs verändern“, so Olga Gozdzik. Hinzu kommt, dass die Nebengebäude im Bereich einer Streuobstwiese geplant sind. „Solche Flächen, die größer als 1500 Quadratmeter sind, stehen nach dem neuen Gesetz unter Schutz“, gab Eberhard Koch (FW) zu Bedenken.
Bauherren müssen sich noch gedulden
Nun soll‘s der einstimmig beschlossene Bebauungsplan „Oberdorf“ richten. Der soll in einem beschleunigten Verfahren nach Paragraph 13a Baugesetzbuch aufgestellt werden. Bis dahin beantragt der Gemeinderat beim Kreisbauamt in Konstanz, dass der Antrag auf Baugenehmigung des Sechsfamilienhauses zurückgestellt wird. Man werde mit dem Bauherrn im Gespräch bleiben, versprach Michael Klinger.

Jetzt sind Kompromisse gefragt
Was den Räten am Ortseingang zu viel ist, ist ihnen in der Enge Gasse zu wenig. Dort möchte die Eigentümerin ein Einfamlienhaus mit Doppelgarage und Geräteraum auf einer Fläche von rund 1500 Quadratmetern bauen. Auch hier hat das Kreisbauamt seine Zustimmung signalisiert, obwohl der Gemeinderat die Pläne der Bauherrin schon zweimal abgelehnt hat. „Das ist eine der letzten Baulücken im Ortskern von Ebringen“, sagt Michael Klinger. „Wir wollen ermöglichen, dass hier zwei bis drei Wohnbauplätze entstehen können.“ Entsprechende Gesprächen mit den Eigentümern blieben jedoch bisher ohne Erfolg. Deshalb hat der Gemeinderat nun einstimmig beschlossen, auch hier im beschleunigten Verfahren einen Bebauungsplan mit einem Geltungsbereich von 3400 Quadratmetern aufzustellen, diesmal unter dem Namen „Enge Gasse“. In der jüngsten Ratssitzung erklärte Michael Klinger jedoch: „Wir versuchen immer noch, mit den Eigentümern eine Lösung ohne Bebauungsplan zu finden. Die Gesprächsbasis ist noch nicht abgerissen.“