Es kommen seit einigen Wochen wieder mehr geflüchtete Menschen nach Gottmadingen. „Seit die neue Mini-Welle auf uns zurollt, müssen wir weitere Menschen aufnehmen“, sagt der Flüchtlingsbeauftragte der Gemeinde, Martin Rauwolf.
Doch es herrscht längst nicht mehr so viel Aufregung wie 2015/2016, als überall in Deutschland Turnhallen zu Notunterkünften umgebaut und Traglufthallen aufgebaut werden mussten. Die Corona-Pandemie hat das Thema aus der öffentlichen Debatte großteils verdrängt.
Doch wie sieht es tatsächlich aus?
Martin Rauwolf zieht in seinem Tätigkeitsbericht Bilanz. Er beschreibt, wie er die Menschen zu integrieren versucht, die aus den Krisengebieten der Welt in Gottmadingen gelandet sind. Im Gespräch wird schnell klar, dass er da als Einzelkämpfer agiert. Deshalb ist er froh über die ehrenamtlichen Helfer in der Gemeinde.
„Auf diese Weise haben wir schon einige Menschen in Arbeitsverhältnisse vermitteln können“, berichtet Rauwolf. Er erzählt von einer alleinerziehenden Mutter, die eine Ausbildung zur Pflegekraft absolviert hat und mittlerweile in einer Einrichtung in Böhringen arbeitet.
„Ein Arzt aus unserer Gemeinde hat mit ihr Anatomie gepaukt“, erzählt Rauwolf. Der Integrationsbeauftragte fühlt sich als Bindeglied zwischen den Gottmadingern und den zugewanderten Menschen. Selbst in der 10.000 Einwohner zählenden Hegau-Gemeinde aufgewachsen, kennt er die meisten Einwohner.
Für viele Ankommende eine Arbeit gefunden
Das erleichtert ihm die Arbeit erheblich. „Ich frage die Neuankömmlinge, was sie in ihrer Heimat gearbeitet haben und versuche dann, Praktika in einem unserer Betriebe zu vermitteln“, sagt er. „Wenn man die Leute dort kennt, ist das etwas einfacher“, sagt Rauwolf. Über diese kurzen Wege hätten schon einige Geflüchtete im Handel, Dienstleistungsgewerbe oder auch in den Industriebetrieben eine Stelle gefunden.
Und nicht nur das: „Mit Unterstützung von ehrenamtlichen Helfern haben geflüchtete Familien Wohnungen auf dem privaten Wohnungsmarkt gefunden“, sagt Rauwolf. Dadurch würden Wohnungen, die die Gemeinde angemietet hat, für neue Flüchtlinge frei.
Die Gemeinde biete Sicherheiten für die Vermieter solcher Wohnungen. Die Bürgerhilfe in Gottmadingen (BiG) übernimmt Patenschaften und engagiert sich ehrenamtlich in der Sprachvermittlung.
Von der Spitze ins Mittelfeld
Im Kornblumenweg hat die Gemeinde Wohnraum für 40 Personen geschaffen. „Damit haben wir bis Anfang 2021 unser Unterbringungssoll deutliche übererfüllt“, erklärt Bürgermeister Michael Klinger.
„Mittlerweile hat sich das geändert. Wir müssen weitere Personen aufnehmen.“ Im Landkreis Konstanz bewege sich Gottmadingen jetzt im Mittelfeld, was die Unterbringung von geflüchteten Menschen angeht. „Wir sind dabei, Flüchtlinge aufzunehmen“, sagt Klinger. „Das muss gut gemanagt werden.“
Viele Aufgaben in einer Person vereint
Hier kommt Martin Rauwolf ins Spiel. Er stellt Kontakte zu Sozialberatern her, kümmert sich für die Familien um Kindergarten- und Schulplätze, um Sprachkurse für die Erwachsenen, die Teilnahme der Kinder im Sommerferienprogramm oder in Vereinen.
Rauwolf bezeichnet das als Querschnittsaufgabe. Er sieht sich als Vermittler und kooperiert mit den Vertretern der Schulsozialarbeit. Er koordiniert außerdem die Zusammenarbeit zwischen ehrenamtlichen Helfern und dem hauptamtlichen Integrationsmanagement des Landratsamtes sowie mit Behörden.
Als Flüchtlingsbeauftragter übernimmt Martin Rauwolf die Rolle der zentralen Anlauf- und Beratungsstelle. Er beschreibt, dass vor allem die Familien eine hohe Motivation zur Integration mitbrächten und besonders die Frauen sich darum bemühten, die deutsche Sprache zu erlernen.
Flüchtlingssituation in Zahlen
Seit 2014 haben 348 Menschen mit Fluchtgeschichte in der Gemeinde Gottmadingen gelebt. Zum Jahreswechsel 2021 auf 2022 hat die Gemeinde 191 Personen gemeldet. Mit 157 davon stellen die Syrer die größte Gruppe. 17 Menschen kamen aus dem Irak, zehn aus Indien und sieben aus Afghanistan.
75 Prozent der Geflüchteten leben im Kernort Gottmadingen, 19 Prozent in Bietingen und sechs Prozent in Randegg. 185 Personen (89 Prozent) haben eine Aufenthaltserlaubnis und damit eine gute Bleibeperspektive. 135 Personen (65 Prozent) wohnen in privat vermieteten Wohnungen; 69 (33,5 Prozent) in Gemeindewohnungen.