Andere passieren die Grenze nur für möglichst kurze Zeit bei der Ein- und Ausreise, er verbringt täglich viele Stunden dort: Denis Wohllaub ist Abfertigungsbeamter am Zollamt Bietingen und hat einen kritischen Blick auf alle Waren, die von der Schweiz nach Deutschland gebracht werden sollen. Denn alles, was mit der Einnahme und Verwaltung von Steuern zu tun hat, ist Aufgabe des Zolls – sowohl bei der Einfuhr aus Nicht-EU-Ländern als auch im Inland. „Der Zoll ist eigentlich überall, nur niemand kennt uns“, sagt Sonja Müller, die Pressesprecherin des Hauptzollamts Singen.

Zölle sind erforderlich, werden aber oft vergessen

Die Situation nahe der schweizerischen Grenze ist anders als bei anderen Nachbarländern Deutschlands: „Da die Schweiz von Staaten der EU umzingelt ist, gerät oftmals in Vergessenheit, dass sie genauso wie die USA oder China ein Drittland ist. Das heißt, die Ware muss angemeldet und verzollt werden“, sagt der Zollbeamte Denis Wohllaub.

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Wohllaub und seine Kollegen haben schon oft hochpreisige Uhren beschlagnahmen müssen, da diese beim Import nach Deutschland falsch oder gar nicht verzollt wurden. „Ein Klassiker sind auch Klamotten, die man im Urlaub gekauft hat und dann schon zwei Wochen lang getragen hat – viele vergessen, dass dies trotzdem Ware ist, die im Ausland gekauft wurde“, weiß der Zöllner aus Erfahrung.

So arbeitet der Zoll

Ein typischer Tag beginnt für ihn entweder am Schalter oder mit der Vorprüfung. Wohllaub erklärt: „Am Schalter identifizieren wir mit unserem System die Ware, die angemeldet wird. Das funktioniert über eine elfstellige Codenummer.“ Diese gibt Auskunft über Funktionen, Vorgaben und Zollsätze der Ware. Es wird genau geprüft, ob die Ware mit der Anmeldung übereinstimmt und die Rechnung dem Original entspricht. „Wenn alles passt, geben wir grünes Licht für die Einführung in die EU“, so der Zollbeamte. An dieser Stelle müssen dann die anfallenden Steuern bezahlt werden. Pressesprecherin Müller erklärt: „Die Erhebung von Zöllen ist notwendig, um die eigene Wirtschaft zu schützen.“

Wohllaubs zweiter Einsatzbereich ist die Vorprüfung, die mehr im Hintergrund abläuft. Dem Zollbeamten zufolge geht es dabei um Plausibilität und Sicherheit, dafür recherchiert er zu verzollende Ware. „Bei Falschangaben, fehlenden Zertifikaten oder Verstößen gegen Beschränkungen muss die Ware aus dem Verkehr gezogen werden“, so der Zollbeamte.

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Nach Angaben von Sonja Müller ist der Zoll die Einnahmebehörde Nummer eins für den Bundeshaushalt: „Mit 158 Milliarden Euro haben wir letztes Jahr fast die Hälfte ausgemacht“, so die Pressesprecherin des Hauptzollamts Singen. Tatsächlich verzeichnet der Bund laut digitalem Bundeshaushalt Einnahmen in Höhe von 488 Milliarden Euro, davon stammen 388 Milliarden Euro aus Steuern mit den Spitzenreitern Umsatzsteuer, Lohnsteuer und Einfuhrumsatzsteuer. Und die Summen, mit denen der Zoll hantiert, sind immens: Insgesamt wurden laut Müller im vergangenen Jahr 413 Millionen Warensendungen mit einem Gesamtwert von 1,4 Billionen Euro verzollt.

Das ist besonders am Zollamt Bietingen

Eine Besonderheit des Bietinger Zollamts ist, dass sich die Schweizer Kollegen aus Thayngen im selben Gebäude befinden. Das erleichtere die angenehme Zusammenarbeit mit den Schweizern enorm. Allerdings müsse man die unterschiedlichen Rechte und Gesetze beachten. „Zum Beispiel bei der Verzollung von Silvesterraketen gibt es unterschiedliche Vorgaben der Länder, da müssen wir uns gut abstimmen“, erklärt Wohllaub. Doch das sei dank des Deutsch-Schweizer-Abkommens von 1958 kein Problem. Dieses regelt die Einfuhrbedingungen der beiden Länder.

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Bietingen ist eines der 14 Warenverkehrszollämter, die im Hauptzollamt Singen zusammengeschlossen sind. Dieses wiederum ist eines der bundesweit 41 Hauptzollämter und beschäftigt nach Angaben der Pressesprecherin rund 1000 Mitarbeiter. „Unser Zuständigkeitsbereich ist mit über 500.000 Quadratkilometern zweimal so groß wie das Saarland“, sagt Müller zur Einordnung. Da Bietingen mit rund 60 Mitarbeitern das größte Zollamt des Bezirks ist, habe es besondere Befugnisse, beispielsweise dürfen dort Tiere importiert werden.

Wer Zöllner sein will, muss studieren

Der Bietinger Zollbeamte Denis Wohllaub hat eine 41-Stunden Woche, seine Arbeitszeiten bewegen sich zwischen 7 und 22 Uhr. Das entspricht den Öffnungszeiten des Warenverkehrsamts. „Die Abfertigung an sich findet allerdings rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr statt“, wie der Zollbeamte betont.

An der Grenze findet die erste Kontrolle der zu verzollenden Waren statt.
An der Grenze findet die erste Kontrolle der zu verzollenden Waren statt. | Bild: Lara Reinelt

Auf den Beruf des Zöllners kam Denis Wohllaub über seinen Onkel, der ebenfalls Zollbeamter ist. „Dass die Arbeit so umfassend ist, hat mich nicht abgeschreckt, sondern noch mehr dazu bewegt, diesen Beruf erlernen zu wollen“, so der 32-Jährige. 2015 startete der Hegauer den dualen Bachelor-Studiengang im gehobenen Dienst an der Hochschule des Bundes in Münster. Die Praxisphasen fanden an verschiedenen Standorten des Hauptzollamts Singen statt, wie Wohllaub erzählt. 2018 schloss er das Studium erfolgreich ab und wurde vom Zollamt Bietingen übernommen.

Noch erfüllt ihn die Arbeit an der Grenze. Sollte sich das aber irgendwann ändern, hat Wohllaub nach eigenen Angaben auch die Möglichkeit, in einen anderen Bereich zu wechseln. Denn der Zoll ist auch im Inland tätig: Er nimmt beispielsweise Energie- oder Genusssteuern ein und kontrolliert Abgaben unter anderem in Betrieben. Des Weiteren bekämpfen die Zollbeamten Schwarzarbeit, stellen Sondereinheiten im Vollstreckungsdienst, machen Streifenkontrollen, organisieren Versteigerungen und vieles mehr.

Der Zoll sei viel besser als sein Ruf

„Ohne Grenze keine Arbeit“, bringt Wohllaub sein Berufsfeld auf den Punkt. Dabei ist dem 32-Jährigen wichtig, dass es nicht nur um eine Prüfung geht. Es werde auch Bürgern bei ihren Anliegen, Fragen und Problemen geholfen. „Viele haben ein schlechtes Bild vom Zoll, obwohl wir doch eigentlich eine Schutz- und Partnerfunktion für Bürger und Wirtschaft haben“, so Wohllaub.