Einige Senioren in Büsingen müssen auf ihr Mittagessen verzichten – und das schon seit mehreren Monaten. Der Grund dafür ist kurios: Die Cura Caritas aus Gottmadingen, die Senioren mit Essen auf Rädern versorgt, darf nicht mehr so einfach über die Grenze. Der SÜDKURIER hat beim Schweizer Zoll und bei Caritas-Geschäftsführer Oliver Kuppel nachgehakt. Die Situation scheint festgefahren zu sein, allerdings nicht ganz aussichtslos. Dies liegt vor allem am Sonderstatus der Exklave Büsingen, die zwar zu Deutschland zählt, bei der Schweizer Recht gilt.

Caritas-Chef Oliver Kuppel ist die Frustration am Telefon deutlich zu spüren. Das Durcheinander am Zoll sei für ihn nur schwer nachzuvollziehen. „Wir liefern doch schon seit Jahrzehnten nach Büsingen“, sagt Kuppel. Bisher habe dies auch immer gut geklappt. „Das ist keine große Menge, wir reden da so von zehn bis 15 Anlaufstellen“, so Kuppel. Zur Weihnachtszeit seien Fahrer an der Grenze zur Schweiz angehalten worden und mussten das mitgeführte Essen auf einmal verzollen. Danach folgten unzählige Gespräche mit dem Schweizer Zoll.

Über Jahrzehnte gab es keine Probleme – bis jetzt

„Mich hat das absolut verwundert, denn in all den Jahren war dies nie ein Thema“, sagt Kuppel. Die Fahrer seien an der Grenze ja schon etliche Male gesehen worden und hätten nie anhalten und verzollen müssen, zudem habe die Cura Caritas während der Corona-Zeit eine Sondergenehmigung für den Grenzübertritt gebraucht.

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Laut Kuppel fahre die Cura Caritas zwar aus Deutschland los und liefere auch nach Deutschland. Aber: „In Büsingen gilt die Schweizer Steuer- und Zoll-Gesetzgebung“, so Kuppel. Allerdings sei dies ein sehr großes Bürokratiemonster. Die Cura Caritas müsste laut Kuppel nun jede Fahrt und jedes Essen am Zoll für jeden Tag und jede Anlieferungsstelle anmelden. Zudem werde die Tourenplanung erschwert, denn die Cura Caritas dürfe nur noch über ständig besetzte Zollstellen fahren und nicht mehr über die grüne Grenze. „Das ist alles furchtbar kompliziert“, so Kuppel.

Die Essenslieferungen müssen am Zoll auch unterschiedlich verzollt werden. Auf ein Essen mit Fleisch entfallen etwa andere Gebühren als bei einem vegetarischen Gericht. Es spiele zudem eine Rolle, ob ein Dessert oder eine Suppe dabei sei oder nicht. „Wir können im Moment so nicht liefern“, betont Kuppel. Für die Patienten sei dies sehr überraschend gekommen. „Mit dem Essen auf Rädern verdient man sich keine goldene Nase, aber es sollte schon wirtschaftlich sein“, so der Caritas-Chef weiter. Aktuell koste ein Essen im Durchschnitt 9,60 Euro.

Oliver Kuppel, Caritas-Geschäftsführer: „Wir können im Moment so nicht liefern.“
Oliver Kuppel, Caritas-Geschäftsführer: „Wir können im Moment so nicht liefern.“ | Bild: Oliver Kuppel

Das sagt der Zoll zum kuriosen Fall von Büsingen

Auch in der jüngsten Gemeinderatssitzung in Büsingen schilderte eine Bürgerin, dass manche seit Wochen nicht mehr mit Essen auf Rädern beliefert werden, weil der Zoll die von der Caritas gelieferten Mahlzeiten nicht mehr durchlässt. Ein Vorwurf, den das Eidgenössische Finanzdepartement EFD auf SÜDKURIER-Nachfrage zurückweist. „Dies ist nicht korrekt. Essenslieferungen dürfen erfolgen, jedoch müssen sie – wie Essenslieferungen von anderen Anbietern auch – verzollt werden“, teilt Sprecherin Tabea Rüdin mit.

Essenslieferungen würden die allgemeine Zollpflicht erfüllen. „Da sie zudem geliefert und verkauft werden, können auch die Freimengen des Reiseverkehrs nicht angewendet werden. Folglich haben wir die Caritas darauf hingewiesen, dass Essenslieferungen nach Büsingen zu verzollen und weitere Lieferungen ohne Verzollung nicht zulässig sind“, so Rüdin weiter.

Schweizer Recht bleibt Schweizer Recht

Auch Büsingens Bürgermeisterin Vera Schraner wisse von dem Problem, wie sie in der jüngsten Gemeinderatssitzung mitteilte. Schraner habe bei der Caritas und beim Zoll nachgefragt. Offenbar fehle noch ein Detail in der Zollvereinbarung, das aber bald geklärt sein solle. Auch auf Nachfrage des SÜDKURIER verweist die Bürgermeisterin auf zollrechtliche Bestimmungen, die aber tatsächlich nie eingehalten wurden.

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Und wieso ist das jetzt auf einmal ein Problem am Zoll? Laut dem Schweizer Finanzdepartement sei kürzlich die Lieferung der Mahlzeiten durch eine mobile Zoll-Kontrolle festgestellt worden. „Der Sachverhalt wurde festgehalten und im Nachgang wurden die rechtlichen Abklärungen vorgenommen“, teilt das Schweizer Zolldepartement weiter mit.

Dies sei aber für die Caritas keine Sonderbehandlung, denn auch andere Lebensmittel-Lieferanten etwa für Pizza müssten die Bestellungen bei Lieferungen in das schweizerische Zollgebiet verzollen.

Wie geht es nun für die Cura Caritas weiter?

Aktuell sei die Cura Caritas laut Caritas-Chef Oliver Kuppel im Austausch, ob es eine Lösung gebe, die Essenslieferungen wieder zu starten – mit einem überschaubaren bürokratischen Aufwand. „Wenn wir das Ganze organisatorisch wieder hinbekommen, müssen wir das natürlich den Kunden weitergeben – insbesondere die Gebühren für Verzollung und die Einfuhrumsatzsteuer“, so Kuppel. Sprich die Preise für das Essen erhöhen.

Denkbar sei etwa ein vereinfachtes Formular, das man laut Kuppel alle zwei oder vier Wochen beim Zoll einreichen könne. Ein erster Vorschlag vom Zolldepartement sei bei der Caritas schon eingetroffen. „Wir erkennen, dass man sich auch dort sehr um eine Lösung bemüht. Aber auch wenn wir das vereinfachte Verfahren bekommen, bleibt ein großer organisatorischer Aufwand. Es kann durchaus auch sein, dass der Aufwand dann zu groß wird“, so Kuppel.