Normalerweise sollte an diesem Morgen Kinderlachen im ganzen Wald zu hören sein. Neugierige kleine Abenteurer sollten dort auf Entdeckungstour gehen und die Natur mit eigenen Augen, Ohren und Händen erkunden. Aber an diesem Morgen ist vieles im Waldkindergarten in der Singener Südstadt nicht so wie sonst. Und dies aus einem traurigen Grund: Unbekannte haben auf dem Waldareal nahe der Freiburgerstraße eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Das Toilettenhäuschen wurde demoliert, eine Bank und ein Bollerwagen wurden völlig zerstört, das Spieltippi aufgeschlitzt und die Scheibe beim Bücherregal ist auch eingeworfen.
„Das war eine bewusste Zerstörung“, sagt Sina Müller, die die Johanniter-Waldkindertagesstätte Martinsbühl leitet, bei einem Vor-Ort-Termin mit dem SÜDKURIER. Auch Tage nach der Verwüstung kann sie nur fassungslos den Kopf schütteln. „Ich bin sauer, aber vor allem auch enttäuscht. Es geht hier doch um einen Ort, an dem Kinder unbeschadet und wohlbehalten aufwachsen sollen“, sagt Müller weiter.
Auch in den sozialen Netzwerken ist die Empörung über den Vorfall groß. Eine Nutzerin schreibt etwa: „Unfassbar. Wir sind sprachlos. Wer macht denn so etwas?“ Weiter schreibt sie, dass der Waldkindergarten eigentlich ein behüteter Platz für Kinder sein solle, an dem sie ausgelassen spielen könnten, was so aktuell leider nicht mehr gegeben sei.
Was war passiert?
Laut Sina Müller hätten Unbekannte in der Zeit von Donnerstag, 13.30 Uhr, auf Freitag, 7.30 Uhr, den Waldkindergarten mutwillig zerstört. Der Vorfall sei bei der Polizei zur Anzeige gebracht worden. Einen entsprechenden Vorgang bestätigt Tatjana Deggelmann, Pressesprecherin des Polizeipräsidiums Konstanz. „Täterhinweise gibt es bisher allerdings noch keine“, sagt sie. Der Schaden beziffert die Polizei auf rund 500 Euro. Für den Kindergarten selbst – und vor allem für die Kinder und Erzieher – dürfte der Schaden jedoch weitaus höher zu betrachten sein.

Auch bei der Stadtverwaltung Singen ist man ob der mutwilligen Zerstörung fassungslos. „Wir sind über das Ausmaß der Zerstörung erschüttert“, schreibt Bürgermeisterin Ute Seifried auf Nachfrage. Die Stadt werde nun die Präsenz des Kommunalen Ordnungsdienstes in dem Gebiet verstärken. „Wir klären auch, ob wir einen Zaun um das Gelände ziehen können, der nicht einfach zu überwinden ist. Das ist natürlich gar nicht das, was wir uns für einen Waldkindergarten wünschen. Aber offensichtlich geht es nicht mehr anders“, so Seifried weiter.
Nicht der erste Vorfall dieser Art
Der Waldkindergarten Martinsbühl sei leider nicht zum ersten Mal Opfer von Zerstörungswut geworden, wie Sina Müller berichtet. Vorfälle habe es in der Vergangenheit schon viele gegeben. „Zuletzt am Samstag, da waren wieder Jugendliche zum Alkohol trinken und Kiffen hier“, schildert sie. Vor einem Jahr seien die Probleme massiver geworden. „Hier wurde hingekotet und sich erbrochen, das ist einfach widerwärtig“, so Müller weiter. Der negative Höhepunkt sei nun am Donnerstag erfolgt. „Ich denke, dass irgendetwas vorgefallen ist, was die Täter sauer gemacht hat. Das war bewusst und gezielt.“
Nun soll das Gebiet mit weiteren Maßnahmen abgesichert werden. Laut Sina Müller seien zusätzliche Kameras mit Bewegungsmelder bestellt. Zudem hätten die Johanniter intern ein neues Sicherheitskonzept für den Waldkindergarten erarbeitet, das auch einen Notfallknopf für Erzieher vorsehe. „Im Ernstfall kann so schnell reagiert werden“, sagt sie. Dies hänge auch damit zusammen, dass sich Kollegen inzwischen zum Teil unsicherer fühlen würden.

Auffällig beim Vor-Ort-Termin: Aktuell sind keine Kinder auf dem Areal des Waldkindergartens. Und das wird auch erst einmal so bleiben. „Wir sind aktuell in Notfallräumen“, sagt Sina Müller. Das soll voraussichtlich die ganze Woche so bleiben – bis die neue Toilette eingetroffen sei. „Es ist vielleicht ganz gut, dass alle mal eine Woche rausgenommen werden“, lautet ihre Einschätzung. Aber eines betont Müller: „Die Betreuung der Kinder ist nicht gefährdet.“ Sie hoffe, dass die nun ergriffenen Maßnahmen wirken und die Stadt die Präsenz des KOD beim Waldkindergarten erhöhe.
Und auch mit Blick auf die Schäden gibt es zumindest gute Nachrichten: Am Wochenende hätten Eltern diese laut Sina Müller größtenteils schon behoben.
Nach der mutwilligen Zerstörung des Waldkindergartens Martinsbühl bittet die Polizei um die Mithilfe von Zeugen. Wer etwas gesehen hat oder Hinweise zu den Tätern geben kann, wird gebeten, sich bei der Polizei unter Telefon 07731 880 zu melden.