Gerade zum Jahreswechsel oder an Wochenenden schaffen viele Menschen Platz für Neues in ihren Kleiderschränken, dann landen die gebrauchten Teile sackweise in den Altkleidercontainer. Die quellen schon heute über. Das könnte noch häufiger der Fall sein, denn seit Januar dürfen Altkleider auch nicht mehr im Restmüll entsorgt werden. Das besagt eine neue Richtlinie, mit der die Europäische Union (EU) die Recycling-Quote von Textilien erhöhen möchte. Doch was machen die Wohlfahrtsverbände, die hinter den Altkleidercontainern stecken, mit den Kleiderbergen?
Auf der Suche nach einer Antwort landet man im Gottmadinger Rot-Kreuz-Lädele. Es ist einer der wenigen Second-Hand-Läden im Hegau, der vollkommen auf ehrenamtlicher Basis geführt wird. „Bei uns kann jeder einkaufen“, erklärt der Vorsitzende des DRK-Ortsvereins, Peter Löchle. „Man braucht keinen Berechtigungsschein.“ Zusammen mit 25 Frauen und einem männlichen Kollegen engagiert er sich in dem Laden.
Fein sortiert hängen die Kleidungsstücke in den eigens dafür gebauten Schränken. Für Schuhe haben die Männer ebenfalls Regale gebaut. Auch Haushaltsgegenstände, Porzellan, Spiele und Kinderkleidung gibt es im Angebot. Doch bevor die Textilien in den Laden kommen, werden sie von den ehrenamtlichen Helferinnen genau betrachtet, manchmal sogar gewaschen und dann ausgezeichnet. Darunter seien oft hochwertige, fast neue Kleidungsstücke. So wie das Paar roter Pumps, denen man ansieht, dass sie nie getragen wurden.
Doch die Vorstellung der Spender davon, was noch tragbar ist, gehe weit auseinander. Verschlissene oder verschmutzte Teile werden aussortiert. Manchmal ist es aber auch die schiere Menge an gespendeter Kleidung, für die in den Regalen kein Platz mehr ist. Schweren Herzens müsse man die dann zur professionellen Wiederverwertung weitergeben.
Zusammenarbeit mit Verwertungsunternehmen
Peter Löchle führt die Besucherin in einen mit Regalen bestückten Flur. Dort lagern Säcke über Säcke bis unter die Decke. „Das ist alles Ware, die wir hier im Laden nicht mehr unterbringen können“, sagt Löchle. Einmal pro Woche fährt der Ford Transit eines Verwertungsunternehmens beim Rot-Kreuz-Lädele vor, um die Säcke abzuholen. „Als wir hier vor acht Jahren angefangen haben, hatten wir einmal im Monat so eine Fuhre“, so Löchle weiter. Die Menge hat sich also schon vor der neuen EU-Richtlinie vervierfacht.
Es werde einfach zu viel gekauft und dann weggeschmissen. „Seit ich hier in dem Laden mitarbeite, ist mir erst richtig bewusst geworden, dass wir noch nachhaltiger einkaufen müssen“, sagt Peter Löchle. Manche Sachen würden nur einmal getragen und dann schon entsorgt.

Früher sei das Geschäft mit der Wiederverwertung noch lukrativ gewesen. Der Rot-Kreuz-Verband im Landkreis habe mit drei Verwertungsfirmen zusammengearbeitet, erzählt Peter Löchle. „Die haben aussortiert, was noch verwertbar war. Der Rest wurde geschreddert und zu Putzlappen oder Dämmstoff verarbeitet.“ Mittlerweile sei das Geschäft jedoch immer schwieriger geworden. Zwei der Unternehmen hätten mittlerweile aufgegeben.
Lob an die Mitbürger für sorgsames Sortieren
Einen eklatanten Anstieg an Kleiderspenden hat der DRK-Ortsvorsitzende Peter Löchle seit Jahresbeginn noch nicht beobachtet. „Wir gehen davon aus, dass die Menschen hier in der Region überwiegend richtig sortieren. Und auch nach der neuen EU-Verordnung dürfen extrem verschmutzte Textilien weiterhin im Restmüll entsorgt werden. „Ich baue auf die Vernunft der Leute“, sagt Peter Löchle.
DRK plant künftig mehr Sonderverkaufsaktionen
Der Vorsitzende ist froh, dass das Rot-Kreuz-Lädele in Gottmadingen so gut eingeführt ist. „Wir haben zehn Einkaufswagen, die an manchen Tagen alle im Einsatz sind“, sagt er. Es gebe Kunden, die ganz gezielt nach Kleidung oder Porzellan suchten. „Wenn man will, kann man sich hier komplett modisch einkleiden“, sagt er. Kürzlich gab es am Wochenende einen Fasnachts-Sonderverkauf. „Da hatten wir Kunden, die uns noch gar nicht kannten.“
Um den Verwertungskreislauf in Gang zu halten, ist so eine Werbung wichtig. Deshalb werde man künftig noch mehr Themenverkäufe anbieten. Niemand müsse sich schämen, wenn er im Second-Hand-Laden einkaufe. Es gebe auch Kundinnen, die sich ganz bewusst der Nachhaltigkeit verschrieben hätten. Die Einnahmen fließen direkt in den laufenden Betrieb des Ladens.
Rotkreuz-Helfer im ehrenamtlichen Einsatz
Die Helferinnen arbeiten aber vollkommen ehrenamtlich, also auch ohne Aufwandsentschädigung. Sie arbeiten in Teams, aus denen Freundschaften entstanden sind. Während Peter Löchle den Betrieb des Lädeles erklärt, bestücken Monika Thierfelder, Rosi Ritzi und Brigitte Gollent die Kleiderständer neu und putzen den Laden. Alles ist sehr geordnet. Die nächsten Kunden können kommen.