Wahrscheinlich hat es mich an meinem letzten Tag in Riga in dieser netten Studentenkneipe erwischt. Sie heißt übrigens „benebelter Igel“ und wieder mal gilt der alte römische Spruch „Nomen est omen“ – der Name ist ein Zeichen. Seitdem habe ich nämlich Nebel im Kopf. Und das ganz ohne Alkohol.

Ich war nämlich stocknüchtern als ich ein menschliches Bedürfnis spürte. Wir saßen extra im Freien, um alle Abstandsregeln einzuhalten, aber die Toiletten waren drinnen. Ich stand schon in der Schlange, als ich bemerkte, dass ich meine Maske nicht dabei hatte und wollte meinen Warteplatz nicht aufgeben. Außerdem lief auf der Bühne grade eine Comedy-Show. Zwar auf Lettisch, aber der Typ war so lustig, dass ich jeden Gag kapierte.

Willkommen im Corona-Club

Tja. Junge Leute, gute Stimmung, volles Haus und jede Menge Aerosole. Zwei Tage später – auf der Fähre – merkte ich, dass irgendwas nicht stimmte. Der Test blieb negativ und ich schob es auf die Medikamente gegen Seekrankheit. Als wir am nächsten Tag nach Hause fuhren, hatte ich Halsschmerzen. Es gibt auch noch normale Erkältungen, ohne Corona, beruhigte ich mich, aber am nächsten Morgen verkündete der Schnelltest „Willkommen im Club!“

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Klar wusste ich, dass es mich irgendwann doch mal erwischen würde und auf eine seltsam verquere Art war ich sogar erleichtert – das ständige Testen macht nämlich ganz schön kirre – besonders dann, wenn man regelmäßig ins Pflegeheim geht und dort niemanden anstecken will. Meine Symptome? Klassische Männergrippe – also nix Besonderes.

Den Vater endlich wieder umarmen? Verboten

Aber mit Corona ist es wie mit dem Kinderkriegen: Es gibt immer einen besseren Zeitpunkt. Momentan passt es mir nämlich gar nicht. Nach vier Wochen Abwesenheit wegen meiner Reise möchte ich endlich mal wieder meinen Vater in die Arme schließen. Aber das ist nun verboten. Deshalb läuft die Ferienvertretung durch unsere Kinder vorerst weiter. Ich tröste mich damit, dass es für meinen Vater vermutlich kein großer Unterschied ist. Er verwechselt meine Tochter und mich sowieso (für wen das jetzt ein Kompliment ist, lasse ich lieber mal offen).

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„Honig im Kopf“ hieß der bekannte Film über einen dementen Großvater und daran muss ich oft denken, da mein Vater trotz Demenz es immer noch schafft, auch die süßen Seiten des Lebens zu sehen.

So eine Männergrippe hat es in sich

Durch Corona habe ich momentan eine kleine Infektions-Demenz mit sehr viel Nebel im Kopf. Das hat mir der Igel in Riga eingebrockt. Und wenn mein Vater mich demnächst mit meiner Mutter verwechselt, liegt es daran, dass ich nach Corona eben so alt aussehe, wie ich mich momentan fühle. Ich habe einen echt leichten Verlauf. Aber so eine Männergrippe hats dann doch ganz schön in sich!

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