Paul Schlebes will Heizöl aus seinem Haus verbannen und sein Zuhause so zukunftssicher machen. Er denkt dabei an seine Kinder: „Da will ich keine Schrottimmobilie hinterlassen“, sagt er beim Gespräch im Garten. Das 1966 fertiggestellte Gebäude soll auf dem neuesten technischen Stand sein – und zwar so, dass es auch von deutlich mehr Menschen bewohnt werden kann als jetzt mit dem Ehepaar Schlebes. Platz gäbe es jedenfalls. Solarthermie-Anlage für warmes Wasser, gedämmte Fassaden und eine Fotovoltaik-Anlage zur Stromerzeugung: Paul Schlebes hat in den vergangenen Jahren schon viel erledigt, was auf der Aufgabenliste für ein modernes Zuhause steht.
Ausgerechnet Politik macht Energiewende schwer
Doch der nächste Schritt auf dem Weg in die Gebäudezukunft könnte zum Stolperer werden – und das ausgerechnet wegen erneuerbarer Energien und des Geldes, das dafür fließt. Der nächste Schritt im Hause Schlebes wäre die Anschaffung einer Wärmepumpe, welche die bisherige Ölheizung ersetzen soll. Schon jetzt spare er viel Heizöl durch die Solarthermie. Doch das Öl soll ganz verschwinden – Stichwort Zukunftssicherheit. Der Preis dafür sei auch stark gestiegen in den mehr als 50 Jahren, in denen das Haus schon steht.
Doch der Umstieg von Öl auf Wärmepumpe könnte viel Geld kosten, fürchtet der Hausbesitzer, denn den dafür nötigen Strom muss er teuer bezahlen. Und dabei spielen die derzeitigen Vergütungsregeln für Solarstrom eine Rolle. Von seinem Netzbetreiber bekomme er derzeit 8,2 Cent pro Kilowattstunde eingespeisten Stroms. Bezahlen müsse er bei seinem Anbieter hingegen 40 Cent pro Kilowattstunde gekauften Stroms – ohne die Energiepreisbremse wären es sogar 50 Cent.

Einen Speicher für den Solarstrom habe er zwar im Keller, sagt Schlebes. Doch auch mit dem Speicher rechnet er sich aus, dass der Betrieb einer Wärmepumpe ein teurer Spaß wäre. Denn diese braucht man natürlich im Winter, wenn die Solaranlage nur wenig Strom erzeugt. „So teuer kann das Öl gar nicht werden, dass sich 50 Cent pro Kilowattstunden für den Betrieb der Wärmepumpe lohnen würden“, sagt Schlebes.
Es gibt zwar spezielle Wärmepumpen-Stromtarife, doch zumindest laut den im Internet zugänglichen Quellen kostet auch mit einem solchen Tarif der Netzstrom deutlich mehr, als man mit eingespeistem Strom erlösen kann – nämlich etwa 30 Cent.
Warum läuft beim Einspeisen der Zähler nicht einfach rückwärts?
Schlebes wirft Fragen auf. Zum Beispiel: Warum gibt es dieses Ungleichgewicht zwischen Verkaufs- und Einkaufspreis? Zumal in den Niederlanden der Stromzähler bei Einspeisung einfach rückwärts laufe, was mehrere Medienberichte bestätigen. Die Folge: Wer einspeist, verringert seine Stromrechnung. Dies sei hierzulande aber gesetzlich nicht erlaubt, schreibt Laura Ferentz, Sprecherin der Thüga Energienetze.
Schlebes fragt weiter: Warum tut die Politik nicht mehr dafür, dass Solarstrom und Wärmepumpen auch finanziell attraktiver werden, wenn eine Energie- und Wärmewende doch politisch gewünscht ist? Eigentlich dürfte die teure Speicherung des Stroms aus erneuerbaren Quellen daher gar nicht auf die Erzeuger abgewälzt werden, sondern sollte Sache des Staates sein, argumentiert der frühere EDV-Leiter.
Welche Antworten die Politik derzeit gibt
Antworten gibt es von den drei Bundestagsabgeordneten des Wahlkreises Konstanz. Denn für die Rahmenbedingungen ist der Bund zuständig. Die Einspeisevergütung für Solaranlagenbetreiber habe die Ampel-Koalition schon im Osterpaket 2022 erhöht, schreiben Lina Seitzl (SPD) und Andreas Jung (CDU) übereinstimmend. Doch für den Unterschied zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis führen die Abgeordneten auch andere Punkte an.
So zahle der Stromkunde auch Netzentgelte, Umlagen, Mehrwertsteuer und Stromsteuer, erklärt Ann-Veruschka Jurisch (FDP). Lina Seitzl beziffert deren Anteil am Strompreis für Endkunden auf fast 50 Prozent. Daher sei es auch richtig, dass Stromzähler bei Einspeisung nicht einfach rückwärts laufen. Denn dann würde der Einspeiser Kosten ersetzt bekommen, die gar nicht bei ihm anfallen, so die SPD-Frau.

Um den Unterschied zwischen Einspeisevergütung und Strompreis zu verringern, gebe es Bemühungen, Steuern und Abgaben zu reduzieren, so Jurisch, die auch von geplanten Kostensenkungen bei der Anschaffung von Fotovoltaik-Anlagen spricht. Lina Seitzl blickt auf ein Solarpaket voraus, das bis Ende des Jahres Gesetz werden soll. Es soll dabei helfen, den Solarzubau zu verdreifachen, um das Ziel von 215 Gigawatt installierter PV-Leistung in Deutschland zu erreichen. Dadurch soll etwa die Genehmigung einfacher und schneller werden.
Opposition fordert: Stromsteuer senken
Und Oppositionspolitiker Jung, stellvertretender Bundesvorsitzender und anerkanntester Umweltfachmann seiner Partei? Er verweist unter anderem darauf, dass der Einkaufspreis für Strom inzwischen wieder gesunken sei. Und er liefert Ideen, wie der Unterschied zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis gesenkt werden könnte. So fordere die CDU die Senkung der Stromsteuer aufs europäische Mindestmaß – was auch Jurisch als Ziel der FDP-Fraktion nennt – und die Halbierung der Netzentgelte.

Jung kommt zu dem Schluss: „Um die Spanne zwischen Einspeisung und Einkauf zu reduzieren, ist die kontinuierliche Senkung der Stromkosten der bessere Weg als eine schrittweise Erhöhung der Einspeisevergütung.“ Denn die würde den Strompreis wieder in die Höhe treiben.
Ob Paul Schlebes all das weiterhilft? Er will jedenfalls abwarten, wie das neue Gebäudeenergiegesetz aussieht – und dann überlegen, ob er die fünfstellige Investition in eine Wärmepumpe angeht.