Langsam bewegen sich die eckigen Ungetüme über die Tische. Gebannt schauen die Schüler der Lerngruppe 10a auf die Objekte. Im Fach Naturwissenschaft und Technik (NWT) haben sie kleine Roboter programmiert, die sich aufstellen, verschiedene Fahrtrichtungen einschlagen können und sogar ein schemenhaftes Gesicht zeigen. Hochkonzentriert sind die Mädchen und Jungen bei der Sache.
Neugierige Blicke in das gläserne Klassenzimmer stören nicht. Wer die Peter-Thumb-Gemeinschaftsschule besucht, der kann solche Szenen beobachten. Mit dem neuen Schulkonzept und dem damit verbundenen Um- und Erweiterungsbau ist die Schule transparenter geworden. Große Glasfenster ermöglichen den Blick in die Unterrichtsräume, die sich ruckzuck in Lernateliers verwandeln lassen.
Schule setzt auf professionelle Betreuung
Offenbar macht das Lernen hier Spaß. Das liege nicht alleine an den Räumen, sondern vor allem an den neuen technischen Möglichkeiten, sind sich Schulleiter Martin Trinkner und Konrektor Matthias Zimmerlin einig. Die Schule und damit auch die Trägergemeinde Hilzingen verstehen sich als Vorreiter in Sachen Digitalisierung im Hegau. Es sei nicht damit getan, ein paar Tablets auszuteilen, sind sich die Schulleiter bewusst.
Für eine gute Vernetzung bedarf es weit mehr. Ein funktionierendes WLAN sowie ein starker Server müssen her. Außerdem setzen die Schule und die Gemeinde auf professionelle Betreuung ihres digitalen Systems. „Wir können nicht von unseren Lehrern erwarten, dass sie die IT-Überwachung übernehmen“, sagt Martin Trinkner. Das sehen auch Bürgermeister Holger Mayer und Hauptamtsleiter Markus Wannenmacher so.
Sehr konstruktiv und zügig
Hier kommt die Gottmadinger Firma ICOS-IT-Systeme ins Spiel. Seit Jahren entwickelt das Unternehmen digitale Konzepte für Schulen, Arztpraxen und Behörden. Und nun auch für die Hilzinger Gemeinschaftsschule. „Wie das hier gelaufen ist, ist absolut außergewöhnlich“, schwärmt Geschäftsführer Hartmut Wieser. „Normalerweise ist das ein sehr träger bürokratischer Prozess von der ersten Idee bis zur Umsetzung.“
Hier aber hätten Schulleitung und Verwaltung den Prozess sehr konstruktiv und zügig vorangetrieben. „In Hilzingen lief alles Hand in Hand mit großer Motivation und viel Engagement“, sagt er. Diese Aussage ist dem IT-Spezialisten wichtig, weil sie zeige, dass die Klagen über die schleppende Digitalisierung an Schulen nicht immer berechtigt seien. Voraussetzung sei allerdings, dass ein ausgefeiltes Konzept für die moderne Unterrichtsform vorliege.
Fördermittel wurden schnell abgerufen
In der Corona-Krise haben die Hilzinger Gemeinschaftsschüler davon profitiert, dass sich Gemeinderat und Verwaltung schon früh auf digitale Unterrichtsformen vorbereitet haben. „Wir wollten uns als Vorreiter profilieren und haben unsere Konzeption entsprechend früh erarbeitet“, sagt Holger Mayer.
Und Markus Wannenmacher ergänzt: „Als 2019 der Digitalpakt verabschiedet wurde, hatten wir schon drei Jahrgangsstufen digital ausgestattet.“ Mit dem vorliegenden Konzept sei es dann recht schnell gegangen, die Fördermittel von Bund und Land abzurufen. Das wiederum erleichterte der ausführenden Firma ICOS, die ja auch Hardware beschaffen musste, die rasche Umsetzung.
„Wir waren gut auf die Corona-Krise vorbereitet“, sagt Schulleiter Trinkner. Man habe im Lockdown sehr schnell auf den digitalen Unterricht per Video zu Hause umstellen können. Aus dem Corona-Soforthilfeprogramm konnten im August 2020 noch weitere Tablet-Computer beschafft werden. „Damit haben wir Schüler ohne eigene Endgeräte ausgestattet.“
Intensiv sei darüber diskutiert worden, ob es die teuren IPads von Apple sein müssten, oder ob nicht auch günstigere Tablet-Modelle im Unterricht eingesetzt werden könnten, erinnert sich Matthias Zimmerlin. Die Entscheidung für Apple hält er aber aus zwei Gründen für richtig: „Die Wartung der IPads ist weniger aufwendig. Außerdem können wir die Lern-Software sehr leicht vom Schreibtisch auf die Tablets aufspielen.“
300.000 Euro für Digitalisierung
Rund 300.000 Euro sind seit 2019 in die Digitalisierung der Gemeinschaftsschule geflossen, hat Markus Wannenmacher ausgerechnet. Zwei Drittel davon wurden mit Fördermitteln von Bund und Land bezahlt. Das meiste davon sieht man nicht, weil es in Datenleitungen, Software und Server geflossen ist. Verantwortlich für die technische Umsetzung war Tobias Tautzenberger, der die Schule auch weiterhin betreut.
Als im Januar 2020 die ersten Gespräche über den Aufbau eines neuen Netzwerkes und Serversystems begann, ahnte noch niemand, wie stark die Corona-Pandemie den Schulalltag von digitalen Medien abhängig machen würde. Plötzlich bestätigte sich, dass das bestehende Netzwerk nicht ausreichen würde. Eine Erfahrung, die die Peter-Thumb-Schule mit fast allen Schulen im Land teilen musste.
Umsetzung hat hat „Leuchtturmqualität“
Dass Hilzingen aber bereits im Sommer 2020 eine komplett neue digitale Infrastruktur in der Schule in Betrieb nehmen konnte, hat für den IT-Fachmann Hartmut Wieser „Leuchtturmqualität“. Mit dafür verantwortlich sei ein hochmotiviertes Lehrerkollegium. Ein Beweis dafür sind für ihn die kleinen Roboter. „Das schafft Begeisterung bei den Schülern für das Fach Informatik“, sagt Wieser. Nur so könne man dem eklatanten Fachkräftemangel in der IT-Branche begegnen.