Es ist ein Szenario, das man sich gar nicht vorstellen möchte: Ein Mann schlägt mit einer Axt auf ein Auto ein, im Inneren des Wagens sitzt ein kleines Mädchen. Die Mutter steht nur wenige Meter vom demolierten Auto entfernt und muss alles mitansehen. Im Hilzinger Ortsteil Binningen ist es am Mittwochabend genau zu solch einem Vorfall gekommen: Nachdem ein 64 Jahre alter Mann auch die Polizisten mit der Axt bedrohte und eine Polizistin leicht verletzte, haben Einsatzkräfte ihn erschossen.
Einer, der den Vorfall nicht nur miterlebt hat, sondern durch sein mutiges Eingreifen wahrscheinlich Schlimmeres verhindert hat, ist Bernd Kaier. Der 62-Jährige wohnt in Binningen und ist dem Täter nur mit einem Besenstiel in der Hand entgegengetreten. „Ich musste einfach helfen“, schildert der Rentner.
Erst Hilferufe, dann fallen Schüsse
Bernd Kaier hat an dem Abend seine Mutter besucht, als er plötzlich die Hilferufe eines Jungen gehört habe. Der aggressive Mann habe versucht, mit einem Auto mehrere Jungen, die sich ein Eis beim Eiswagen geholt haben, zu überfahren, erzählt er. Diesen Vorfall bestätigt eine weitere Augenzeugin gegenüber dem SÜDKURIER am Mittwochabend. Das Landeskriminalamt verweist diesbezüglich auf laufende Ermittlungen.

Er habe nicht lange nachgedacht und zum Besenstiel gegriffen, um den Jungs zu helfen. „Ich habe nicht gezögert“, sagt der 62-Jährige. Angst um sein Leben habe er in diesem Moment nicht gehabt. „Irgendjemand musste den Jungs doch helfen“, sagt er.
Als er das Haus verlassen habe, hatte der Mann sich schon eine Axt besorgt und damit ein Auto demoliert. Darin saß ein kleines Mädchen, dessen Bruder am Eiswagen bedroht worden war und dessen Mutter das Geschehen mitansehen musste. „Als er mit der Axt rumgerannt ist, habe ich ihn versucht abzulenken, damit er nicht noch mehr kaputt macht.“ Er habe geschrien, dass der Mann damit aufhören soll. Danach sei der Täter auf ihn zugekommen, sei aggressiv aufgetreten.
Der Täter habe dann aber abgelassen und sei zurück in sein Haus – nur um wenige Augenblicke später samt der Axt in der Hand zurückzukehren. „Dann ging alles ganz schnell und die Polizei war da.“ Die Polizei sei von Kaiers Schwester gerufen worden.

Eine weitere Nachbarin schildert dem SÜDKURIER gegenüber, dass Bernd Kaier durch sein mutiges Eingreifen Schlimmeres verhindern konnte. „Ich will mir gar nicht ausmalen, was passiert wäre, hätte er nicht gehandelt“, sagt sie. Kaier habe der Mutter ermöglicht, ihre Tochter und sich selbst in Sicherheit zu bringen.
Nach dem Eintreffen der Polizei kann Bernd Kaier nur noch beobachten, wie der Mann mit der Axt auf die Einsatzkräfte losgeht. Dann seien Schüsse gefallen. Details zum Tathergang werden derzeit geklärt, das Landeskriminalamt hat die Ermittlungen übernommen. Am Tag nach dem Vorfall gibt es zwar erste Antworten, aber noch viele offene Fragen.
„Der war nicht ganz zurechnungsfähig“
Den erschossenen Nachbarn beschreibt Bernd Kaier als auffällig und im Dorf bekannt. Immer wieder sei dieser „ausgetickt“, wie Kaier es nennt. „Der war nicht ganz zurechnungsfähig, sonst hätte er die Axt doch abgelegt, als die Polizei eingetroffen ist.“ Auch eine weitere Augenzeugin berichtet, dass es immer wieder zu Problemen mit dem 64-Jährigen gekommen sei. Auch von Alkoholproblemen ist die Rede.
Die Stimmung im 800-Einwohner-Dorf sei am Tag danach bedrückt, schildert Kaier. „Das war ein Schockmoment für die Menschen.“ Darauf angesprochen, ob er wieder so reagieren würde, sagt er nur: „Natürlich. Ich würde mir auch wünschen, dass man mir hilft in einer vergleichbaren Situation. Ich hoffe aber, dass es nie wieder so weit kommen muss.“