Im Hilzinger Ortsteil Binningen hat die Polizei einen Mann erschossen. Das schildern mehrere Augenzeugen gegenüber dem SÜDKURIER, die den Polizeieinsatz in der Ringstraße beobachtet haben.

Gegen 17.30 Uhr sei es zu einem Zwischenfall mit einem Mann gekommen, der bereits in der Vergangenheit auffällig gewesen sein soll. Die Polizei bestätigt einen Schusswaffengebrauch von Polizisten gegenüber einer Person. Diese sei tödlich verletzt worden, sagt Marcel Ferraro als Sprecher des Polizeipräsidiums Konstanz vor Ort. Nun übernehme das Landeskriminalamt die Ermittlungen. Einsatzkräfte der Spurensicherung waren rasch vor Ort, der Bereich ist bis in die Abendstunden großräumig abgesperrt.

Mit Axt auf Auto eingeschlagen, in dem ein Mädchen saß

Das Landeskriminalamt soll auch den genauen Tathergang klären, zu dem die Polizei anfangs wenig Angaben machte. Was Ferraro vor Ort sagte: Es habe bereits zuvor einen Polizeieinsatz gegeben, daraus habe sich die Lage entwickelt. Was die Polizisten vorfanden, schildern mehrere Augenzeugen dem SÜDKURIER.

Der Mann habe mehrere Menschen angepöbelt und bedroht, schließlich habe er mit einer Axt auf ein Auto eingeschlagen – und darin habe ein Mädchen gesessen. Vor Ort ist zu sehen, dass Heckscheibe und die Scheibe der Fahrertür eines Wagens zerstört sind.

Bild 1: Polizeischüsse in Hilzingen: Das steckt hinter dem tödlichen Einsatz
Bild: Matthias Güntert

Laut den Augenzeugen war der Mann im 800-Einwohner-Ortsteil bereits wegen seiner Aggressionen bekannt. Am Mittwochnachmittag habe er erst mehrere Jungen angepöbelt, die an einem Eiswagen standen. Als die Mutter des Mädchens, das im Auto saß, den Mann angesprochen habe, sei er mit der Axt zurückgekehrt. Dann kam es zur Attacke gegen das Auto, schließlich sei der Schuss gefallen. Das Mädchen blieb nach derzeitigem Stand unverletzt.

Erste Informationen vom LKA: Polizistin verletzt, mehrere Schüsse

In der Nacht gibt es erste weitere Informationen in einer gemeinsamen Erklärung vom Landeskriminalamt, der Staatsanwaltschaft Konstanz sowie des Polizeipräsidiums Konstanz: Eine Anwohnerin hatte demnach den Notruf gewählt, nachdem der 64 jahre alte Mann mit einer Axt auf ihr Auto eingeschlagen hatte, in dem sich ihr Kind befand. Nachdem er am Fahrzeug eine Scheibe eingeschlagen hatte, ließ der Mann zunächst von Mutter und Kind ab, sodass diese sich unverletzt in Sicherheit bringen konnten.

Beim Eintreffen der alarmierten Polizeibeamten sei er auf diese mit der Axt losgegangen. Dabei wurde eine Polizeibeamtin leicht am Arm verletzt, heißt es weiter. In der Folge gaben die Polizeibeamten mehrere Schüsse ab, wobei der 64-Jährige getroffen wurde. Er verstarb trotz sofort eingeleiteter Reanimationsmaßnahmen noch vor Ort.

Polizei: Keine Gefahr für die Bevölkerung

Es bestand laut Polizeisprecher Ferraro keine Gefahr für die Bevölkerung. Das LKA ist noch am Abend inzwischen im Hegau eingetroffen und hat sich erstmal in Singen eingerichtet, um von dort aus zu ermitteln. Schwerpunkte der gemeinsamen Ermittlungen sind die Motivlage des Mannes, erklären die Behörden in der Nacht. Außerdem soll der gesamte Geschehensablauf detailliert rekonstruiert werden.

Bürgermeister Holger Mayer wurde über den Vorfall von der Polizei informiert und traf rasch vor Ort ein. Er sprach von einem tragischen Vorfall. Er dankte den Einsatzkräften von Polizei und Feuerwehr für ihr rasches Handeln.

Bild 2: Polizeischüsse in Hilzingen: Das steckt hinter dem tödlichen Einsatz
Bild: Matthias Güntert

Die Feuerwehr war vor Ort, um einen Sichtschutz aufzubauen. Außerdem brachte sie mehrere Leuchstrahler, was am Mittwochabend darauf hindeutete, dass der Einsatz noch einige Stunden dauern sollte. Davon ging auch Polizeisprecher Marcel Ferraro aus. Die Spurensicherung war gegen 21 Uhr weiter aktiv, ein Haus wurde versiegelt.

Tödlicher Polizeieinsatz auch in Schramberg

Bereits vor einer Woche endete ein Polizeieinsatz in der Region tödlich: Nach Mitteilung von Polizei und Staatsanwaltschaft soll ein 48 Jahre alter Mann in Schramberg im Garten seiner Wohnung eine Waffe auf die Polizeibeamten gerichtet haben. Mehrere Aufforderungen, die Waffe wegzulegen, habe der Mann ignoriert. Daher habe die Polizei schließlich die Schusswaffe gebraucht.

Dort wird nun unter anderem eine Obduktion vorgenommen, um Details zu klären: „Für das Ermittlungsverfahren muss man ganz konkret belegen, welche Verletzung konkret zum Tod geführt hat“, erklärte Robin Schray von der Staatsanwaltschaft Rottweil das weitere Vorgehen.

Generell kommt es nicht allzu oft vor, dass Polizisten jemanden erschießen. Wie eine Auswertung von Polizeiberichten zeigt, starben 2024 in ganz Deutschland 22 Menschen bei Schusswaffengebrauch durch die Polizei.

Darüber berichteten mehrere Medien. Allerdings war die Zahl im vergangenen Jahr so hoch wie seit 1999 nicht mehr, denn 2023 seien zehn Menschen durch Polizeischüsse getötet worden. In der Mehrheit der Fälle fielen die tödlichen Schüsse 2024 demnach in Situationen, in denen die Beamten auf Personen trafen, die sich in einer psychischen Ausnahmesituation befanden. Das könnte auch im Hilzinger Teilort Binningen der Fall gewesen sein, Details werden die Ermittlungen zeigen.