Wenn das Stockacher Narrengericht einem Wein eine gute Note gibt, dann spricht es heute von der Altmaier-Qualität. Offensichtlich kennt sich CDU-Politiker Peter Altmaier gut mit Weinen aus. Denn: „Altmaier hat als Beklagter des Narrengerichts einen hervorragenden Wein vorbeigebracht.“ Das ist nur eine von vielen Anekdoten, die Narrenschreiber Marcel Reiser an diesem Abend vom Stapel ließ. Das Stockacher Narrengericht hatte zu einer Weinprobe mit dem Winzerverein Hagnau geladen, die gespickt war mit Geschichten über Beklagte des Narrengerichts und kuriose Regeln. Dabei gab es auch exklusive Einblicke.
Was es für die 20 Teilnehmer nicht gab, ist der Strafwein, den die diesjährige Beklagte Julia Klöckner, inzwischen Bundestagspräsidentin, dem Narrengericht schuldet. Denn: „Die Strafe ist noch nicht eingegangen. Das sind wir noch am Eintreiben“, so Reiser auf Nachfrage eines Teilnehmers.

Stattdessen gab es zum Start der Weinprobe ein Gläschen des Hans-Kuony-Sekts, der extra für das Narrengericht produziert wird. Gereicht wurde dieser im Weinkeller des Narrengerichts, gegenüber der Adler Post, der extra für diesen Abend geöffnet wurde. Dabei verriet Reiser, dass es sich um die letzten Fläschchen des exklusiven Prickelweins handelt. Zum Jubiläum im kommenden Jahr soll es nämlich einen neuen Sekt mit neuer Rezeptur geben.

Nach einem Blick in den Weinkeller ging es für die 20 Stockacher und Gäste in den Sitzungssaal des Narrengerichts, wo sie an einer langen Tafel Platz nahmen, die sonst dem Narrengericht vorbehalten ist. In drei Runden wurden den Gästen je zwei Weine serviert. Als Weinexperte ist Achim Schien vom Winzerverein Hagnau dabei, dessen Weine auch verkostet wurden.

Drei Nasen für einen guten Wein
Zunächst erklärte er eine Weinverkostung nach dem Drei-Nasen-Prinzip. Das besagt, dass man erst an dem Wein riecht, den man trinken möchte, ihn dann mit der Hand leicht in Schwingung versetzt, wodurch ihm zufolge weitere Aromen riechbar werden, und zuletzt nehme man einen Schluck, wobei wieder die Nase für den Geschmack verantwortlich sei. Am besten sei es, den Wein zu schlürfen und etwas im Mundraum spielen zu lassen, sodass möglichst viele Geschmacksknospen angeregt werden.

Immer wieder nutzte Narrenschreiber Marcel Reiser zwischendurch die Gelegenheit, um auf das Narrengericht einzugehen. In dieses könne man nicht einfach eintreten, man müsse gewählt werden – und das einstimmig. Der Gewählte, bisher ausschließlich Männer, werde dann von einer Aufnahmekommission besucht, bei der er sich für oder gegen den Posten entscheiden müsse. „Früher war das eine einmalige Chance“, so Reiser. Wer sich einmal gegen das maximal 21-köpfige Narrengericht entschieden hatte, bekam keine zweite Möglichkeit.
Weil das Thema Frauen im Narrengericht immer wieder aufkam, beteuerte Reiser. „Ich persönlich habe nichts gegen Frauen im Narrengericht. Es wurde halt nur noch keine gewählt“, was mit reichlich Gelächter quittiert wurde.
Andreas Jung weiß mehr als manches Mitglied des Narrengerichts
Und wie wird jedes Jahr der Beklagte ausgewählt?, wollte ein Teilnehmer wissen. Darauf hatte selbst Reiser keine Antwort. Denn, wie er verriet, erfahre er den Beklagten eines Jahres selbst erst in der Dreikönigs-Sitzung, in der dieser bekannt gegeben werde. Lediglich der Kläger, der Fürsprech und der Narrenrichter wüssten früher Bescheid. Und vielleicht noch der CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Jung – der helfe dem Gericht mit seinen Verbindungen nach Berlin nämlich dabei, eine Wahl zu treffen.
Welche Strafe ein Beklagter erhält, steht laut Reiser nicht vorher fest. Das entscheide sich erst am Verhandlungstag und sei abhängig davon, wie sehr der Beklagte austeilt. Einen Freispruch habe es bisher nur ein einziges Mal gegeben – für den damaligen saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller (CDU), der sich 2005 vor dem Narrengericht verantworten musste. Doch ganz ohne Weinlieferung kam auch er nicht davon. Denn er musste ein Ordnungsgeld wegen Ungebührlichkeiten gegenüber dem Gericht zahlen.
Strafwein rettet aus misslicher Lage
In den vergangenen Jahren ist so eine ganze Menge Wein zusammengekommen. Daher fragte sich ein Teilnehmer, was denn aus dem ganzen Wein wird, den die Narren eintreiben. „Der Wein wird zum Großteil selbst verbraucht“, gesteht Reiser. Man nutze ihn unter anderem aber auch für Zunftfeste – und einmal als Glühwein. Denn als bei einem Winterzauber der Glühwein ausgegangen sei, habe man kurzerhand Strafwein als dem Keller geholt und diesen ausgeschenkt.
An diesem Abend probierten sich die Teilnehmer durch sechs verschiedene Weine – vom Müller-Thurgau bis zum Sauvignon blanc. Und zum Abschluss erhielt jeder noch ein Fläschchen Hans-Kuony-Sekt. „Wenn Sie noch können“, so Reiser schmunzelnd.