So hatte Marc Nagel sich das eigentlich nicht vorgestellt. Der Hausarzt mit Gemeinschaftspraxis in Hohenfels bietet im Dezember eine komplette Impfwoche für 745 Personen an, die schnell ausgebucht war – und die aufgrund von Impfstoff-Einschränkungen durch die Regierung plötzlich für ein paar Tage auf der Kippe stand. Die Frage war: Gibt es genug Impfstoff für alle Angemeldeten? Die Antwort lautet inzwischen: Ja. Marc Nagel ist sich jetzt sicher, da die Bestellung bei der Apotheke geklappt hat. „Ich bin jetzt etwas beruhigter“, sagt er.
Der Arzt hatte schon vor Längerem die Impfwoche im Dezember geplant und publik gemacht. Außerdem ist eine weitere im Januar angedacht. Er habe sich dafür entschieden, weil die bisherigen zwei Vormittage pro Woche mit je 60 Impfungen gut geklappt hätten. Die Einschränkung von Impfstoff-Lieferungen an Hausarztpraxen versetzte den Plänen für die Impfwochen einen Dämpfer.
Was den Arzt so ärgert
Obwohl die großanlegte Aktion nun gesichert ist und die Praxis in dieser Zeit zu einem kleinen Impfzentrum wird und alles andere so lange einstellt, ist Marc Nagel noch verärgert über die Politik. Einerseits solle geimpft werden, andererseits würden den Ärzten, die sich engagieren, solche Steine in den Weg gelegt, sagt er.
Und es gibt ein Versprechen, das er nun deshalb nicht halten kann: Statt dem angekündigten von Biontech muss er nun das Vakzin von Moderna einsetzen. Das müsse er den Patienten dann erklären. Es werde vermutlich die eine oder andere Diskussion geben, vermutet Nagel.
Warum Moderna die Sache kompliziert macht
Obwohl Moderna genauso gut wie Biontech sei, hätten die Hausärzte keine Übung damit. In den Praxen sei bisher überall nur Biontech verwendet worden – Moderna nur in Impfzentren. Es sei mit Moderna in der Verwendung und bei der Dokumentation recht kompliziert, sagt Nagel. Bei diesem Vakzin habe die Erst- und Zweitimpfung jeweils eine Dosis von 0,5 Milliliter, beim der Auffrischungsimpfung (Booster) seien es 0,25 Milliliter. So könne man aus einem Fläschchen bei einem Booster 20 Impfdosen gewinnen, bei Erst- oder Zweitimpfungen die Hälfte.
Bei Biontech dagegen hätten alle drei Impfungen jeweils 0,3 Milliliter. Momentan seien 80 bis 90 Prozent der Impfungen in der Praxis die Booster, so Nagel.
Politiker antworten auf Beschwerde nur teilweise
Am Wochenende hat Nagel an die Kassenärztliche Vereinigung, einige Abgeordnete aus den hiesigen Wahlkreisen sowie die Kassenärztliche Vereinigung gemailt und die da noch brenzlige Situation um die Impfwochen geschildert. Unter anderem beschrieb er in seiner E-Mail den Aufwand, den die Praxis für die Organisation der beiden Impfwochen gehabt habe: „Zwei Mitarbeiterinnen haben per Telefon in weniger als zehn Tagen alle 1400 Impftermine vergeben. Neben dem normalen Alltagsgeschäft.“ Absagen seien logistisch gar nicht leistbar.
Antworten auf seine E-Mail kamen verzögert und nur zum Teil, sagt er auf SÜDKURIER-Nachfrage. Dorotha Wehinger (Grüne) erläuterte ihm in einer Antwort, die der Redaktion vorliegt, wie die Impfstoffverteilung und die Auslieferung ablaufe. Die Kassenärztliche Vereinigung nehme die Verteilung vor. Es sei jedoch von Seiten des Sozialministeriums nachjustiert und mehr Impfstoff zugesichert worden. Wehinger ergänzte unter anderem, von Seiten des Landes wünsche man sich, dass auch „Zahnärzte, Apotheker oder andere medizinische Fachkräfte Impfungen vornehmen dürfen, was aber leider einer gesetzlichen Änderung bedarf“. In einer gemeinsamen Pressemitteilung appellieren Dorothea Wehinger und der SPD-Landtagsabgeordnete Hans-Peter Storz gemeinsam an die Bürger: „Lassen Sie sich bitte impfen, denn impfen ist der Weg aus der Krise.“
Alles ist bereits ausgebucht
Die Termine für die Dezember-Impfwoche in der Praxis Nagel sind zwar alle ausgebucht, aber Absagen könnten vorkommen, sofern jemand woanders schon früher etwas bekommen konnte, sagt Marc Nagel auf Nachfrage. Freiwerdende Termine würden in solchen Fällen neu an andere Patienten vergeben.
Und dann wäre da eigentlich noch die zweite Impfwoche, die in der Hohenfelser Arztpraxis für Januar angesetzt ist, die auch ausgebucht ist. Auch da geht es um mehr als 700 Patienten. Marc Nagel weiß zwar jetzt noch nicht, ob bis dahin alles so machbar sei, hofft es aber. Nach jetzigem Stand sollte es klappen, sagt der Arzt. „Falls ich im Januar nicht impfen kann, dann nicht weil ich es nicht will, sondern nicht kann“, betont er. „Der Grund wäre politisches Versagen.“
Biontech, Moderna und wo es Impfmöglichkeiten gibt
- Haltbarkeit: Das Vakzin von Moderna ist laut Hausarzt Marc Nagel aus Hohenfels 30 Tage haltbar. Daher könne er es nicht zu früh für die Impfwochen bestellen. Auch bei Biontech gebe es diese begrenzte Haltbarkeit, weshalb er es nicht mehr rechtzeitig für seine Impfwochen bestellen konnte, ehe die Beschränkungen durch die Regierung kamen. In der Impfwoche im Dezember kommt bei ihm nun Moderna zum Einsatz. Biontech und Moderna sind jeweils mRNA-Impfstoffe
- Impf-Möglichkeiten im Raum Stockach: In einer Übersicht impfender Ärzte auf der Seite des Landratsamts Konstanz steht nur eine einzige Arztpraxis aus dem Raum Stockach. Dennoch impfen auch hier die Hausärzte, teilweise auch Fachärzte. Eine Stockacher Fachärztin, die namentlich nicht genannt werden möchte, da die Impfungen bei ihr gut ausgelastet seien, impft regelmäßig samstags, da es im normalen Praxisalltag sonst nicht leistbar sei. Die Nachfrage sei hoch. Sie wisse, dass auch einige andere Stockacher Ärzte impfen. Wie die Liste zustande kommt, erklärt Marlene Pellhammer, Pressesprecherin des Landratsamts, auf SÜDKURIER-Nachfrage: „Die niedergelassene Ärzteschaft hat zum Eintrag in die Liste aufgerufen. Die Teilnahme ist natürlich auf freiwilliger Basis. Das Landratsamt pflegt sie, wenn sich jemand bezüglich Änderungen, Ergänzungen oder Streichungen meldet.“
- Impftag bereits ausgebucht: In Stockach gibt es zwar am Donnerstag, 16. Dezember, einen Impftag in der Jahnhalle, doch dieser Termin war schnell ausgebucht, nachdem die Stadtverwaltung ihn veröffentlicht hatte. Auch andere Impftage im Landkreis Konstanz mit Anmeldepflicht haben keine freien Termine mehr. Dort ist das mobile Impfteam des Landkreises im Einsatz. (löf)
Eine Übersicht von Impfmöglichkeiten im Landkreis sowie allgemeine Informationen: www.lrakn.de/coronaimpfung