Die Empörung war groß, und kein einzelnes Ereignis hat der Stadt Konstanz in den vergangenen Jahren mehr Medienöffentlichkeit eingebracht als die Inszenierung von "Mein Kampf" am Stadttheater. Gelben Stern oder Hakenkreuz-Armbinde sollten die Besucher tragen, wer sich das Symbol der nationalsozialistischen Gewaltherrscher überstreifen würde, sollte eine Freikarte bekommen. Was im Vorfeld der Inszenierung von Serdar Somuncu am Theater lief, wurde weltweit medial beachtet. All das ist bekannt und bedarf keiner weiteren Aufklärung. Zumal die Premiere am symbolträchtigen Termin 20. April am Ende künstlerisch mittel war und auf die Provokation in letzter Konsequenz verzichtete.
Andreas Osner und die Kameras vor dem Theater
Es gibt aber auch noch eine andere Szene. Es ist die, bei der Kulturbürgermeister Andreas Osner am Abend dieser Premiere vor dem Theater steht und in jedes ihm hingestreckte Reportermikrofon und in jede Kamera erzählt, warum er diese Vorstellung keinesfalls besuchen werde. Nun kann man fragen, ob er nicht an dem Abend die Dienstaufsicht über das ihm unterstellte Theater hätte ausüben müssen. Man kann ihm aber auch zugestehen, dass er sich nicht zum Teil dieser großen Inszenierung machen wollte. Festzuhalten bleibt aber: Er hat sich ferngehalten.
Was soll diese Medienananalyse eigentlich zeigen?
Umso verstörender ist es, dass er nun 13.000 Euro aus Steuermitteln dafür ausgibt, das Echo auf die Vorgänge rund um diesen 20. April untersuchen zu lassen. Ohne dass das Theater oder die gewählten Stadträte eine Chance gehabt hätten, den Forschungsauftrag mitzuformulieren oder nach dem Sinn und Nutzen einer solchen Studie zu fragen. Denn ihr Ergebnis ist so erwartbar, dass zu bezweifeln ist, ob diese Untersuchung ihr Geld wert ist: Es gibt eine vierstellige Zahl von Medienberichten unterschiedlicher Qualität. Ableitungen für das Ansehen der Stadt als solcher werden sich kaum treffen lassen. Denn dazu reicht es eben nicht, Artikel, Film- und Radiobeiträge auszuwerten.
Über Osner schütteln viele nur noch den Kopf
Selbst in Osners Umfeld ist das Kopfschütteln groß – mal wieder. Will er sich mit der sogenannten Medienanalyse für seine Dauer-Fehde mit Intendant Christoph Nix aufmunitionieren? Will er seinen Boykottaufruf gegen eine Einrichtung in seinem Verantwortungsbereich nachträglich rechtfertigen? Oder will er wirklich eine Debatte, was aus dem Vorgang zu lernen wäre? Letzteres ist schwer vorstellbar, wenn der Öffentlichkeit von ihr finanzierten Ergebnisse vorenthalten werden sollen. Das Theater um "Mein Kampf" ist ein beispielloser Vorgang, der sich so nicht wiederholen wird. Welche Lehren könnte man also daraus ziehen? Eine schon: Der Vorhang ist gefallen, und zurück bleibt ein Bürgermeister, der sich in Erklärungsnot gebracht hat.