Die Sonne scheint, der letzte Schnee glitzert – und im Bodenseeforum sind die Jalousien heruntergelassen. Klar, anders ist das Bühnenprogramm nicht zu machen, aber der Kontrast könnte größer kaum sein. Und auf der Bühne steht Uli Burchardt, Oberbürgermeister der Stadt Konstanz, und sagt einen Satz, der ihm besonders wichtig ist: „Wir sind eine Stadt, die einen sehr guten Zusammenhalt hat, in der die Mitte der Gesellschaft zusammensteht.“

Und der Blick ins Publikum bestätigt ihn: 750 Menschen sind an diesem Sonntagnachmittag nicht einfach gemütlich spazieren gegangen, sondern Burchardts Einladung gefolgt, weil sie die Begegnung mit anderen Konstanzern suchen (und vielleicht auch gerne vom leckeren Kuchen naschen wollen). Dazu 90 Mitwirkende, zwei Dutzend Helfer hinter den Kulissen – der Bürgerempfang ist fraglos ein solcher Moment der Gemeinschaft.

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Bevor Burchardt anhand von Fotos aus seinem Handy durch das vergangene Jahr spaziert, hat er aber noch eine weitere Botschaft, und damit ist es im ernst. Zwei sehr grundsätzliche Dinge leiteten sei Handeln: eine „klimaneutrale Stadt an die nächste Generation übergeben“ und „ein gutes Leben für alle“ ermöglichen.

Und all das in Demokratie und Frieden, das es beides zu verteidigen gelte. Dann geht es durch das Jahr 2023, vom Baustart für den Lago-Kreisel bis zur Hecker-Ausstellung des Rosgartenmuseums und vom Hafner bis zur Kampagne „Kein Platz für Antisemitismus“.

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OB übers Geld: „Ich schlafe gut“

Ein paar Punkte will Burchardt dann offenbar auch noch geraderücken. Die ‚Richmond‘ sei mitnichten eine ‚Pannen-Fähre‘, und Konstanz sei nicht pleite. „Ich schlafe gut“, sagte er mit Blick auf die Finanzen. Einem Vermögen von über 800 Millionen Euro stünden nur 33 Millionen Euro Schulden gegenüber – die Zahlen stammen allerdings aus dem Jahr 2022. Und: Allein zehn Millionen Euro pro Jahr brauche die Stadt derzeit, um das Klinik-Defizit des Kreises mit auszugleichen.

Da wirkt es dann doch zum Schmunzeln, dass das Akkordeon-Ensemble Konstanz gleich zu Beginn die Western-Melodie „Spiel mir das Lied vom Tod“ anstimmt. Die Musiker, die sich mit dem Handharmonika-Orchester Kreuzlingen zusammengetan haben, legen einen großartigen Auftritt hin. Der Verbund aus Chorohnenamen und Choryphäen präsentiert mit „Music“ ein emotionales Feuerwerk, und das Tanzstudio Dance4U rockt die Bude mit einer tollen Choreografie.

Beim Bürgerempfang hat Dance4U für Stimmung unter den 750 Besuchern im Bodenseeforum für Stimmung gesorgt.
Beim Bürgerempfang hat Dance4U für Stimmung unter den 750 Besuchern im Bodenseeforum für Stimmung gesorgt. | Bild: Hanser, Oliver

Zufällig ist an diesem Nachmittag nichts, das Akkordeon-Ensemble gehört zu den Gruppen, die stellvertretend für alle Konstanzer Initiativen geehrt werden, die etwas für das Zusammenleben in der Stadt tun. Der langjährige Leiter Peter Bulz nimmt den Dank gerührt entgegen. Ebenfalls auf der Bühne: Winfried Koeder – auch in Vertretung für Angela Büsing – von der Stiftung Stadtbild Konstanz.

Adelina Rommel hat ihren Master-Abschluss an der Universität zurückgestellt, um eine Hilfsinitiative für die Ukraine aufzubauen. 13 Paletten medizinische Hilfsgüter vom Hustensaft bis zum Ultraschallgerät hat sie organisiert und den Transport ins Kriegsgebiet auf die Beine gestellt. Ihre Botschaft geht zum Ende der Ehrungen zu Herzen. Sie wolle daran erinnern, „dass es den Menschen guttut, wenn sie an sich glauben und daran, dass ihre Wünsche und Träume in Erfüllung gehen können.“

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Gäste zeigen großes Interesse

Nach dem zweistündigen Programm zieht es viele Besucher an eine der 13 Stationen, an denen die Führungskräfte aus dem Rathaus über wesentliche Themen in ihren Bereichen informieren und geduldig Nachfragen beantworten. Vor der Tür zieht das 800.000 Euro teure neue E-Müllfahrzeug der Entsorgungsbetriebe die Blicke auf sich.

Und es findet sich sogar eine stattliche Gruppe, die sich, schon in der Abenddämmerung, zum fast fertigen Fernbus-Bahnhof unter der Schänzlebrücke führen lässt und dort erklärt bekommt, wie dieser Standort mit dem künftigen Parkhaus – auch dafür soll 2024 Baubeginn sein – zu einer Mobilitätsdrehscheibe entwickeln soll.

Keywan Hirz (links) und Sascha Zamai erfahren von Jörg Zimmermann alles über das neue E-Müllauto der Entsorgungsbetriebe.
Keywan Hirz (links) und Sascha Zamai erfahren von Jörg Zimmermann alles über das neue E-Müllauto der Entsorgungsbetriebe. | Bild: Hanser, Oliver

Das Interesse an der Stadt und ihren Menschen ist es wohl, das die meisten dazu bewogen hat, den Bürgerempfang einem Sonntagnachmittagsspaziergang vorzuziehen. Und sie können mit bestem Gewissen wieder nach Hause gehen, zumal wenn sie einen der Sonderbusse oder das Fahrrad für den Weg an den Seerhein benutzt haben.

Bodenseeforum-Chefin Ruth Bader, die als Gastgeberin großartig durch den Nachmittag führt, erklärt, dass der Empfang für die Bürgerinnen und Bürger im Rahmen von „Green Event BW“ stattfindet und in besonderer Weise auf den Klimaschutz, aber auch auf Werte wie Teilhabe und Gleichberechtigung geachtet werde. Auch da gibt es viel Beifall. Zumindest für die 750 Gäste des Nachmittags dürfte Burchardt also mit seiner „Zusammenhalt“-Diagnose nicht ganz falsch liegen.