So richtig gut gelaunt kann Stadtkämmerer Ulrich Schwarz kaum ins neue Jahr gehen, zumindest nicht beruflich. Die Stadt Konstanz wird auch 2024 von der Substanz leben, neue Kredite aufnehmen und bei neuen Ideen härter als bisher Nein sagen müssen. Das ist die Perspektive, die im Budget steckt, das der Gemeinderat kurz vor Weihnachten noch verabschiedet hat.
Und manche der Kommunalpolitiker hatten dabei auch ein erkennbar ungutes Gefühl: Die 15 Millionen Euro im Jahr, die die Stadt nach eigenen Berechnungen für einen ausgeglichenen Haushalt einsparen muss, sind bei weitem nicht erreicht. Vor allem beim Sparen tut sich Konstanz weiterhin schwer, wie etwa Jürgen Faden von den Freien Wählern vorrechnet: Von angepeilten sechs Millionen Euro Einsparungen habe man, „großzügig gerechnet“, zwei Millionen erreicht.
Am Ende herrschte dann aber doch Einmütigkeit: 34 Ratsmitglieder sagten Ja zum Nachtragshaushalt, nur drei Nein. Doch was steckt drin in dem Zahlenwerk, das die Basis für die Arbeit und Investitionen der Stadt im nächsten Jahr ist? Wie schätzen Oberbürgermeister Uli Burchardt und die Fraktionen die Lage ein? Hier die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.
Um wie viel Geld geht es und woher kommt es?
Die Stadt Konstanz setzt im nächsten Jahr rund 355 Millionen Euro um. Gegenüber der Planung von vor einem Jahr – eigentlich gilt das Budget als Doppelhaushalt für 2023 und 2024 – sind Erträge und Aufwendungen jeweils um rund sieben Millionen Euro gestiegen. Nach aktueller Planung gibt Konstanz 2024 rund zehn Millionen Euro mehr aus, als die Stadt einnimmt.

Die wichtigsten Einnahmequellen sind (im Doppelhaushaus für 2024 geplantes Aufkommen in Millionen Euro): Zuweisungen vom Land wegen mangelnder Steuerkraft („Konstanz als arme Stadt“, 72 Millionen Euro), Einkommen- und Umsatzsteueranteil (96), Gewerbesteuer (52) und Grundsteuer (18). In den sonstigen Steuern (7,8 Millionen Euro) sind unter anderem die Hunde-, Zweitwohnungs- und Vergnügungssteuer und die Tourismusabgabe enthalten. Bußgelder machen rund 3,3 Millionen Euro aus.
Was sind die größten Ausgaben?
Nach Themen/Aufgaben gibt Konstanz 2024 am meisten Geld aus für Kinder-, Jugend- und Familienhilfe (rund 42 Millionen Euro), Tiefbau (24), Kultur (22), Schulträgeraufgaben (17), Städtebauliche Planung (9,4) und Hochbau mit Liegenschaften (9,1 Mio).

Nach Art der Aufwendungen fließen rund 85 Millionen Euro – und damit nochmals mehr als vor einem Jahr geplant – in Personal, was laut SPD-Stadtrat Jan Welsch eine Verdoppelung innerhalb von zwölf Jahren darstellt. Weitere große Posten sind die Kreisumlage (61 Millionen Euro), Einzahlungen in die Finanzausgleichs-Umlage (38) und Zuschüsse an freie Kita-Träger wie Kirchen oder Verbände (31).
Was bedeutet es, dass die Stadt ihre Abschreibungen nicht erwirtschaften kann?
Die Stadt ist rechtlich verpflichtet, Geld zu erwirtschaften, um beispielsweise Immobilien ersetzen oder instand halten zu können – so, wie wenn ein privater Autofahrer bei einer Nutzung seines Wagens über zehn Jahre jedes Jahr zehn Prozent des Neupreises für die nächste Anschaffung zurücklegt.

Dieses Ziel erreicht die Stadt Konstanz nicht, sie erwirtschaftet nicht den laufenden Wertverzehr, so Oberbürgermeister Uli Burchardt. Damit engen sich die Möglichkeiten für spätere Generationen ein, die überdies ja auch Zins und Tilgung für jetzt aufgenommene Darlehen mit tragen müssen.
Wie ist die Verschuldung einzuschätzen?
Konstanz wird das Jahr 2023 nach neuester Berechnung mit etwa 52 Millionen Euro Schulden beenden, hier sind die Schulden von Entsorgungsbetrieben, Stadtwerken und anderen Betrieben nicht eingerechnet. Damit hat die Stadt weniger Kredite aufnehmen müssen als in den düstersten Szenarien berechnet.

Für 2024 rechnet die Stadt mit einem Defizit von zehn Millionen Euro. Dazu kommt aber auch noch ein Kreditrahmen aus 2023, der noch nicht ausgeschöpft wurde. Im schlimmsten – aber unwahrscheinlichen – Fall steht Konstanz in einem Jahr mit 71 Millionen Euro Schulden da. So steht es in der Nachtragshaushaltssatzung, die vom Rat jüngst beschlossen wurde.
Könnten das Bodenseeforum und der Klimaschutz zu Zankäpfeln werden?
In der Politik wächst die Sorge, dass sich Konstanz mehr leistet, als die an Industrie arme und auch deshalb steuerschwache Stadt bezahlen kann. Neben der Linken Liste stellt, so Stadträtin Soteria Fuchs, jetzt auch die Freie Grüne Liste das Bodenseeforum in Frage, weil es zwei Millionen Euro Zuschuss pro Jahr braucht. Linken-Stadtrat Simon Pschorr mahnt: „Wenn wir das Geld fürs Bodenseeforum aufbringen, werden wir irgendwann an den Punkt kommen, wo wir bei Philharmonie und Theater nicht mehr können.“

Auf der anderen Seite fordert FDP-Stadtrat Heinrich Everke, das Ziel einer weitgehenden Klimaneutralität bis 2035 zu hinterfragen. Durch „überhastetes Handeln“ werde weder für Welt- noch fürs Stadtklima etwas gewonnen. Auch Jürgen Faden (Freie Wähler) fordert, das Geld „sinnvoll“ einzusetzen.
Woher kommt die hohe Belastung aus Krankenhaus und Bädern?
Konstanz hat sich für eine kommunale Trägerschaft von Kliniken und Bädern entscheiden. Über den Kreis ist Konstanz am Defizit des Gesundheitsverbundes (laut Stadtverwaltung rund 30 Millionen Euro im Jahr 2024) beteiligt. Der Bäderzuschuss erreicht die Rekordhöhe von rund neun Millionen Euro.

Hier schlagen Zins und Tilgung für die hohen Baukosten für das Schwaketenbad (mindestens 41 statt geplanten 28 Millionen Euro) ebenso zu Buche wie der hohe Tarifabschluss im Öffentlichen Dienst, der generell die Hauptursache für die stark steigenden Personalkosten ist.
Wie schauen Politiker auf das Thema?
In der letzten Sitzung des Jahres haben die Ratsfraktionen jeweils eine Erklärung abgegeben, wie sie die Finanzplanung für 2024 sehen. Soteria Fuchs (Freie Grüne Liste, 13 Sitze) sieht alle Kommunen in einer schwierigen Lage, in Konstanz sei der Sparwille vorhanden, neue Schulden unvermeidbar. Roger Tscheulin (CDU, sieben Sitze) kritisiert, dass trotz Steuererhöhungen erneut mehr ausgegeben als eingenommen werde und übt indirekt Kritik am Spitzenpersonal im Rathaus: Er erwarte „klare und geschlossene Führung in diesen Zeiten“.

Jürgen Faden (Freie Wähler, fünf Sitze) vermisst „Sparwillen“ im Gemeinderat, auch Investitionen in die Zukunft könnten eine weitere Verschuldung nicht rechtfertigen. Jürgen Ruff (SPD, fünf Sitze) fordert vor allem, die Personalausgaben nicht weiter ansteigen zu lassen und bei den Investitionen sich auf das Machbare zu beschränken.
Matthias Schäfer (Junges Forum, vier Sitze) meint, für Klimaschutz könne es kein Ja-aber geben, denn heute zu sparen, ziehe später noch viel höhere Kosten nach sich. Heinrich Everke (FDP, drei Sitze) fordert, dass die Kultureinrichtungen vor allem ihre Einnahmen erhöhen sollten, und sieht das Bodenseeforum als Förderung für die Wirtschaft der Stadt. Das Klimaprogramm solle um fünf Jahre gestreckt werden. Simon Pschorr (Linke Liste, drei Sitze) fordert, dass die Stadt sich enger am „Wohl der örtlichen Gemeinschaft“ orientiert und keine Aufgaben mehr finanziert, die dem nicht nachweislich entsprechen – etwa bei Smart Green City oder Kongressen und Tagungen.