Zwei Konfliktparteien reklamieren – aus nachvollziehbaren Gründen – für sich ein elementares Bedürfnis. Auf der einen Seite stehen Kinder, die spielen möchten. Auf der anderen erwachsene Anwohner, die sich um den nächtlichen Schlaf gebracht fühlen.

Wenn hüpfende Partygänger den Schlaf rauben

Begonnen hat alles im August 2016, als die Stadt auf dem Alemannenplatz an der Bruder-Klaus-Straße, wo in Petershausen neue Wohngebäude an der Bahnlinie entstanden sind, ein Trampolin an einer Spielstätte installierte.

Ein Trampolin, ist das nicht ein harmloses Spielelement für Kinder?

Das kann Raphael Stolt, Anwohner an der Bruder-Klaus-Straße, inzwischen nicht mehr bestätigen. Dabei geht es ihm in erster Linie nicht um die Kinder. "Viele Partyheimkehrer, also Erwachsene, gönnen sich das Vergnügen, nachts nach dem Diskobesuch noch zu hüpfen", erläutert er. Das Geräusch, das man in der nächtlichen Stille als sehr laut empfindet, ruiniert seit Monaten die Nerven der Nachbarn – und ihr Bemühen um Schlaf. Auf dem Video, das ein Anwohner mit dem Smartphone aufgenommen hat, kann man das hören:

Trampolin bei Nacht Video: privat

Anwohner beginnen sich zu wehren

Seit Mitte 2018 wehrt sich Raphael Stolt – und mit ihm viele weitere Anwohner – gegen den Lärmterror durch ein Kindertrampolin.

Zunächst habe man es mit Gesprächen versucht: "Wir haben Leute angesprochen, die das Trampolin spätabends nutzten", sagt Stolt, doch das habe nicht gefruchtet. "Der Ton zwischen den Nachbarn und den Spielplatznutzern wurde immer aggressiver".

Es folgen Beschwerdeanrufe bei der Stadt, beim Hausverwalter, Briefe an den Vermieter, der eine "schallisolierte Wohnung" versprochen hatte.

Als alles nichts hilft, sammeln die Mieter Unterschriften – und lassen sie der Stadtverwaltung zukommen. Die Stadtverwaltung reagiert, indem sie an alle Nutzer mit einem Schild appelliert, dass das Trampolin nur bis 22 Uhr zu nutzen sei – der Kommunale Ordnungsdienst solle die Einhaltung überwachen.

Das funktioniert aus Sicht der Anwohner leidlich bis gar nicht.

Dann kam die Sache mit der Shisha-Bar

Die Sache eskaliert, als ein Nebenschauplatz im Sommer 2018 hinzu kommt. Das Café am Alemannenplatz plant zur selben Zeit eine Erweiterung der Betriebszeiten und bietet abends eine Shisha-Bar an. Eine Betriebsgenehmigung habe vorgelegen, sagt Ilja Spitzer, Betreiber des Cafes "Holy Bean", jedenfalls für eine Shisha-Bar in geschlossenen Räumen.

Dass die Wasserpfeifen auch draußen geraucht werden, gefällt vielen Anwohnern überhaupt nicht, auch nicht die Lautstärke in den Abendstunden. "Dann haben sie angefangen, WM- und Champions-League-Spiele draußen zu übertragen", sagt Stolt. "Die Betreiber haben uns Anwohner nicht informiert, nicht mitgenommen."

Dem widerspricht der Betreiber: Die Übertragung der WM sei genehmigt gewesen. Zudem habe er anfangs versucht, gut mit den Nachbarn auszukommen, sagt Ilja Spitzer, der selbst in dem Wohnblock wohnt. "Unter der Woche haben wir alle Gäste um 23 Uhr reingeholt."

Für die Dauerklagen der Nachbarn habe er nur mäßiges Verständnis. "Jeder, der hier einen Mietvertrag unterschreibt, weiß, dass auch Gastronomie geplant war. Wir leben in einer Stadt."

Wie Trampolin und Cafébetrieb zusammenhängen

Was aber haben Café und Shisha-Bar mit dem Trampolin zu tun? Die eine Nutzung verstärkt die andere.

Nach dem Besuch in der Shisha-Bar hüpfen Jugendliche noch gern auf dem Trampolin. "Die haben wir aber ermahnt, die Ruhezeit ab 22 Uhr einzuhalten", sagt Spitzer.

Das fruchtet nur bedingt. Der Konflikt verschärft sich. Ein aggressiv gestimmter Mieter soll, als ihm Lärm und Trampolin zu sehr auf den Nerven herumhopsten, mit Blumentöpfen nach den Urhebern des Krachs geworfen haben. In einer anderen Version soll es eine Mieterin gewesen sein. Das Holy-Bean-Team kontert mit einem unfreundlichen Facebook-Post, dass man sich nicht werde unterkriegen lassen. Die Anwohner verstehen das eher als Drohung.

Raphael Stolt und andere organisieren eine weitere Unterschriftenliste: Zunächst mit dem Vorschlag, das Trampolin nachts abzuschließen. Dann mit der klaren Forderung, dass es abgebaut wird.

Was sagen eigentlich die, die spielen wollen?

Und am Trampolin? Dort haben vor allem viele kleine Kinder und ihre Eltern sehr viel Spaß. Auch bei eisigen Temperaturen verabreden sich Mütter am Spielgerät.

Sie spielen gerne hier und würden das Aus für das Trampolin sehr bedauern: Mirjam Huss (links) mit Samuel (3) und Jia Eckhard mit Luna ...
Sie spielen gerne hier und würden das Aus für das Trampolin sehr bedauern: Mirjam Huss (links) mit Samuel (3) und Jia Eckhard mit Luna (eineinhalb Jahre). | Bild: Wagner, Claudia

"Wir mögen es total", sagt Mirjam Huss, die einen Block weiter wohnt. Dem dreijährige Samuel bereitet das Hüpfen sichtlich Vergnügen. "Es ist ein schöner Treffpunkt für Mütter und Kinder, auch in Kombination mit dem Cafe. Das Trampolin ist mal etwas anderes als eine Schaukel und fördert die Bewegung."

Jia Eckhard, die mit der kleinen Luna da ist, bestätigt: "Es ist schön hier. Luna macht es Spaß und sie lernt viel von anderen Kindern."

Katrin Heinzelmann schwankt zwischen Verständnis für das Ruhebedürfnis der Anwohner und den eigenen Bedürfnissen. "Für uns ist es perfekt. Die Anwohner müssten wissen, dass es nie ganz leise sein wird hier, wir wohnen nicht auf dem Land."

Wie soll es weitergehen? Genau kann das auch die Stadtverwaltung nicht sagen.

Martin Wichmann, stellvertretender Leiter des Amts für Stadtplanung und Umwelt, macht sich Sorgen. "Wir haben alles versucht", berichtet er im Ausschuss für Technik und Umwelt. "Aber das Trampolin quietscht und macht Lärm, vor allem nachts."

Man habe es mit Schildern probiert.

Man habe den Hersteller kontaktiert und gebeten, das Geräusch zu reduzieren.

Erfolglos.

Die Verwaltung versuche, das Gerät zu halten, weil es so attraktiv sei. Aber er sehe nicht mehr viele Möglichkeiten, sagt er und es klingt ein wenig verzweifelt. "Wenn die Ruhezeiten nicht eingehalten werden, bin ich als Verantwortlicher gezwungen, zu reagieren." Ein Gespräch mit den Anwohnern ist anberaumt.

Und das End' von der Geschicht'?

Am Ende werden wohl die meisten Anwohner bleiben, auch, weil es so schwierig ist, in Konstanz eine Wohnung zu finden. Das Café wird bleiben und Betrieb in den Abendstunden anbieten, auch im Sommer. Shishas soll es nicht mehr geben.

Wie lange Kinder noch auf dem Trampolin hüpfen können, ist unklar. Der Frieden, der hat sich jedoch vorerst am Alemannenplatz verabschiedet.