Wer für die CDU in den Konstanzer Gemeinderat einziehen will, sollte erstens mindestens 50 Jahre alt und zweitens keine Frau sein. Neuling Daniel Groß ist mit 52 Jahren der Jungspund unter den künftigen Räten. Die übrigen Jahrgänge: 1958, 1957, 1957, 1956, 1953 und 1941. Mit Matthias Heider und Joachim Filleböck wurden zwei Kandidaten abgewählt, die den Altersschnitt – wenigstens für CDU-Verhältnisse – noch etwas gesenkt hätten. Mit Ende der Amtsperiode 2024 sind bis auf Groß alle CDU-Stadträte im Rentenalter.
Die CDU-Räte repräsentieren nicht die Konstanzer Bevölkerung
Alte Besen kehren gut, werden diejenigen sagen, die es gut mit den Christdemokraten meinen. Und niemand behauptet: Im Ratsaal säße ein versprengter Haufen seniler Herren. Dennoch ist das CDU-Ergebnis bei der Gemeinderatswahl eine echte Bankrotterklärung. Viel gewichtiger als die ohnehin schon bitteren Stimm- und Sitzverluste ist dabei, dass die einst stolze Konstanzer Fraktion die Bevölkerung nicht repräsentiert.
Mehr als 80 Prozent der etwa 86.000 Bürger sind unter 65 Jahre alt, das Durchschnittsalter liegt bei 41,5 Jahren, mehr als die Hälfte davon sind Frauen. Der Einwand, andere Parteien schickten ebenfalls keine weiblichen und zudem auch nur ältere Kandidaten an, ist nicht ganz berechtigt.
Andere Parteien sind in den Bereichen Ausgewogenheit und Verjüngung weiter
Denn die CDU muss einen anderen Anspruch haben als beispielsweise FDP oder Freie Wähler. Zumindest, wenn sie sich glaub- und ernsthaft mit der neuen starken Kraft in Konstanz, der Freien Grünen Liste, messen lassen will. Dass für ihre Fraktion, für die der SPD und des Jungen Forums fünf Studierende Anfang oder Mitte 20 in den neuen Gemeinderat einziehen, zeigt: Es geht schon. Offenbar nur nicht bei der CDU.
Dabei ließ sie es nicht einmal unversucht, platzierte mit Levin Eisenmann einen Kandidaten mit Jahrgang 1997 sogar weit vorn auf der Liste. Er kämpfte sich ab, zeigte sich als einziger regelmäßig und offensiv in den sozialen Medien und holte dennoch weniger als 8400 Stimmen – Sitz klar verpasst.
Was war zuerst: Die Henne oder das Ei?
Die Anstrengungen, für etwas mehr Geschlechtergerechtigkeit in den christdemokratischen Reihen zu sorgen, war ebenso erfolglos: Heike Rawitzer auf Listenplatz 2 hatte Pech, um 139 Stimmen verpasste sie den Einzug; Sarah Seidel, immerhin Sechste auf der Liste, war dagegen chancenlos. Dass mit Claudia Zähringer ausgerechnet noch die Letzte auf der Kandidatenliste die zweitmeisten Stimmen der CDU-Frauen erhielt, wirkt wie ein Treppenwitz und dürfte vor allem der Prominenz der Fasnachterin geschuldet sein.
Was war zuerst, die Henne oder das Ei? Auf diese Frage muss die interne Analyse der Konstanzer CDU hinauslaufen: Haben wir nicht die richtigen jungen Leute und die richtigen Frauen ins Rennen geschickt? Oder ist der Konstanzer CDU-Wähler nicht bereit dazu, diese trotz ihrer Befähigung zur Stadträtin oder zum Stadtrat zu wählen?