Es ist wieder da. Nach der staatlich verordneten Enteignung und Aufhebung der Klöster im Kanton Thurgau 1848 kam das Kreuzlinger Reliquienkreuz über Frankfurt und Paris nach Rom in den Vatikan. Dort war es bis vor Kurzem im "Museo cristiano" in den Vatikanischen Museen ausgestellt. Georg Strasser und seine Frau hatten es bei einem Besuch in Rom nach einem Hinweis des damaligen Kreuzlinger Pfarrers Anton Hopp gesucht. "Da mein Sohn in der Schweizer Garde war, erzählte ich dem Kommandanten davon. Der schickte uns zu einem Professor, der uns sagen konnte, wo es war", erzählt der Lokalhistoriker anlässlich der Medieninformation. "Wir haben es daraufhin oft besucht."
2015 ging Jules Brenneis mit ins "Museo Cristiano". Das Kreuz und dessen Geschichte beschäftigen ihn seit 2013. Er hatte ein Bild davon gefunden, als er eine Ausstellung im Kirchenmuseum plante. "Bei einem Bier in Rom haben wir entschieden, dass wir versuchen wollen, das Kreuz zurück nach Kreuzlingen zu holen", sagt Strasser. Wenn sie gewusst hätten, was alles auf sie zukommt, hätten sie es sich wohl anders überlegt, fügt Brenneis hinzu und lacht. Motiviert habe sie die grosse Unterstützung der Katholischen Kirchgemeinde Kreuzlingen, von Stadtpräsident Andreas Netzle sowie von Erzbischof Felix Gmür und Erzbischof Thomas Edward Gullickson, dem apostolischen Nuntius in der Schweiz.
Eine wichtige Rolle im Projekt hatte Alois Jehle, Pfarradministrator von St. Ulrich. "Nach 17 Jahren im Vatikan konnte ich von meinen Kontakten profitieren", erzählt er. Speziell Professor Arnold Nesselrath, der eine Abteilung der Vatikanischen Museen leitet, habe ihnen sehr geholfen. Er hätte sofort ein offenes Ohr für das Anliegen gehabt. "Der Professor hat gewusst, was wir alles für die Anfrage benötigen und hat alles gut vorbereitet." Er habe ihn mehrere Male getroffen. "Nesselrath war überzeugt, dass so eine Leihgabe nicht nur eine kulturelle, sondern eine kulturelle-religiöse Bedeutung und eine universelle Botschaft hat", sagt Jehle. Das Kreuz könne in Kreuzlingen eine Brücke bauen zwischen den Kulturen und Religionen. Das habe geholfen. "Diese Vision ist bereits eingetreten. Viele Leute, nicht nur Katholiken, sind begeistert, dass das Kreuz wieder da ist", sagt Jehle. Sie seien sehr dankbar, dass der Vatikan das Kreuz mindestens drei Monate ausleihe. "Eigentlich macht er das nur in Zusammenarbeit mit Museen, nicht mit Pfarreien."
Der Vatikan hat die Gebühren für die Leihgabe übernommen. Für den Transport, die Versicherung und Spesen müssen jedoch zwischen 23 und 25 000 Franken aufgebracht werden. "Wir haben Spender gefunden. Auch die Kirchgemeinde und die Stadt beteiligen sich", sagt Brenneis. Er freue sich nun auf Sonntag. Dann wird das Reliquienkreuz im Rahmen des Festgottesdienstes zu Ehren des Kirchenpatrons St. Ulrich, der um 11 Uhr beginnt, feierlich enthüllt. Ein besonderer Moment für Kreuzlingen.
Namensgeber der Stadt
Konrad, Bischof von Konstanz, stiftete im Jahr 950 ein Hospiz beim Münster und schenkte ihm eine Reliquie des Heiligen Kreuzes, an dem Jesus starb. Der Bischof hatte dieses von seinen Reisen nach Jerusalem mit gebracht. Im Volksmund wurde die Reliquie Cruzelin, Kreuzchen, genannt. Im Jahr 1120 gründete Bischof Ulrich I. das Augustiner Chorherrenstift, das spätere Kloster Kreuzlingen. 1125 wurde das Hospiz mitsamt der Reliquie ins neue Stift verlegt. "Cruzelin" war bis Mitte des 19. Jahrhunderts die Bezeichnung des Stiftbezirks und gab der Stadt Kreuzlingen den Namen. 1557 schenkte Abt Georg Tschudi dem Chorherrenstift ein silbernes Reliquienkreuz. Als 1848 die Klöster enteignet wurden, wurde das Silberkreuz versteigert. Papst Pius IX. ersteigerte es. (ndo)