Das Weinglöckle in der Inselgasse. In dieser urigen Weinstube haben Generationen von Konstanzern bei Spätburgunder und saurer Leberle schöne Stunden verbracht. Das Glöckle, wie es genannt wird, gehört zu Konstanz wie das Münster und der See. Zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts war hier die Weinhandlung Auer beheimatet. In den 50er Jahren wurde das Haus zur Weinstube umgebaut. Alte Fässer im Keller zeugen von der bewegten Geschichte, im hinteren Bereich der Stube lädt ein Fass als Sitzgelegenheit ein.

Weinstube als Treffpunkt der Handwerker
Die Handwerker der Niederburg trafen sich hier genau wie beim Fritz, im Guten Hirten oder in einer anderen der vielen Konstanzer Weinstuben, um sich in der Mittagspause zu stärken. Achim Gretzmeier hat das Glöckle 2015 übernommen. Der umtriebige Wirt betreibt nebenher noch die Steinerne Kugel, die Lände in Allmannsdorf und den Ziegelhof, bis 2012 auch noch den Pfohl Keller. Konstanzer Institutionen, die für Gemütlichkeit und Geselligkeit stehen.
Die Stammgäste sterben langsam aus
Die Gäste schimpfen hier über die viel zu lasche Lokalpolitik, träumen von der Zeit der Pi Schneider, Vize Klökler oder Dieter Graf, als der Konstanzer Fußball noch erfolgreich war und ein Besuch im Bodenseestadion zum Pflichtprogramm zählte, oder sie wundern sich über die Kaufwut der Eidgenossen. Doch die Zeit der reinen Weinstuben neigt sich dem Ende entgegen. „Die alten Stammgäste, die nach Feierabend noch auf ein Viertele vorbei schauen, sterben langsam aus“, sagt Achim Gretzmeier. „Wenn wir warten mit Veränderungen, bis diese Personen nicht mehr da sind, ist es vielleicht zu spät.“
Neuer Weg statt Schließung
Das Glöckle hat zuletzt nicht mehr viel abgeworfen, zu wenige Gäste kamen in den vergangenen Jahren. Um die Schließung zu verhindern, beschreitet Achim Gretzmeier neue Wege. Es wird in Zukunft zwar weiterhin Wein geben, „das ist klar. Das ist ja unser Charakter, den wird das Haus behalten. Doch wir weiten aus und werden in Zukunft mehr ein Restaurant sein“, sagt er. Zoran und Enisa, seine Mitarbeiter, die im Sommer die Lände am Fährehafen schmeißen, werden nun das Weinglöckle federführend übernehmen – Enisa als Köchin, Zoran als Servicekraft.
Badisch-Kroatische Speisekarte
Die Karte wird Gerichte aus Kroatien anbieten, der Heimat der beiden. „Doch es wird auch badische Küche mit Leberle, Bratkartoffeln, Steak oder Salat geben“, sagt Achim Gretzmeier. Damit möchte er ältere und jüngere Generationen an einen Tisch bringen. „Die Leute wollen Essen gehen, nicht mehr nur auf einen Wein ins Lokal sitzen“, schildert er seine Beobachtungen. „In Konstanz gibt es heute viel mehr gute und schöne Restaurants als früher, wenn man nur mal die Beispiele Hafenhalle, Wirtshaus, Hafenmeisterei oder Steg 4 sieht“, sagt Achim Gretzmeier.

Er habe andere Lokale in der Niederburg wie das Brauhaus, die Wendelgard oder die Bodega beobachtet, „und die sind stets gut besucht. Dann habe ich mir Gedanken gemacht und kam darauf, dass dort primär gegessen wird. Also starten wir diesen Versuch“. Sollte das schiefgehen? „Ich weiß ja nicht, was das nächste Jahr bringt. Wer kann das vorher sagen?“, erklärt er. „Fakt ist, dass es eine reine Weinstube immer schwerer haben wird. Daher muss ich handeln.“
„Es lohnt sich, fürs Glöckle zu kämpfen“
Gerüchte in der Stadt, dass er das Glöckle komplett abgeben würde, bestätigt er nicht: „Dieses Weinlokal ist so schön und urig“, sagt Achim Gretzmeier. „Dafür lohnt es sich zu kämpfen.“ Viele Konstanzer werden ihm da zustimmen. Letztlich entscheidet jedoch nur der Gast, ob dieses traditionsreiche Haus überlebt. Am 22. November ist Neueröffnung.