Eigentlich wollte Roy File nur kurz ins Bad, als er in der Nacht auf den 9. März im Haus seines Sohnes in den Niederlanden aufwachte. Schlaftrunken stürzte der Konstanzer die Treppe hinunter. Drei Tage später lag er als einer der ersten Patienten auf der Corona-Quarantänestation in einem Krankenhaus in Arnheim.
„Das war alles ganz unwirklich“
„Das war alles ganz unwirklich“, sagt Roy File am Telefon. Seit 27 Jahren lebt er in Konstanz, er liebt die Stadt und ist als Zimmermann selbstständig. Anfang März wollte er für ein paar Tage seinen 34-jährigen Sohn und seine Ex-Frau besuchen. Daraus sind nunmehr drei Wochen geworden.
Nach dem Sturz konnte er sich kaum bewegen, seine Verwandten brachten ihn ins Krankenhaus. Schlüsselbein gebrochen, Rippe gebrochen, lautete die Diagnose. Das war ein Donnerstag, am Montag sollte er operiert werden. Zwei Tage vorher bekam er Fieber. Sicherheitshalber nahmen die Ärzte einen Abstrich, sagt File, um ihn auf Covid-19 zu testen. „Es war der Tag der Operation, ich war bereits im OP, dann kamen sie und sagten: ‚Du hast Corona‚.“
File hatte kaum Symptome
Der 66-Jährige beschreibt seine Stimmung in diesem Moment so: „Am Anfang kannst du es nicht glauben. Weil ich diese Erkrankung in Verbindung gebracht habe mit starken Symptomen. Ich konnte es nicht glauben, aber das Testergebnis hat es gesagt, also wird es wohl stimmen, dachte ich. Denn angefühlt hat es sich für mich wie eine leichte Erkältung. Nichts, weswegen ich zu Hause bleiben würde.“
Trotzdem: Das Ergebnis war eindeutig und Roy File wurde in die Quarantänestation gebracht. „Das war auch für das Personal ganz neu, ich und zwei andere Männer waren die ersten Fälle dort im Krankenhaus.“ Auf der Station, erinnert sich der Konstanzer, waren vier Betten, alle mit Vorhängen voneinander getrennt.

„Dann liegst du da mit drei Mann, später vier. Die anderen hatten es ziemlich kräftig. Ich nicht. Ich hatte kein Fieber, nur ein bisschen Husten. Das tat mir echt leid, alle fünf Minuten hat es sie durchgeschüttelt, Tag und Nacht. Sie bekamen immer wieder hohes Fieber, dann flaute es ab, wie Wellen“, sagt Roy File im Gespräch mit dem SÜDKURIER.
Nach drei Tagen die Erlösung
Nach drei Tagen die Erlösung für Roy File: Das Krankenhaus schickte ihn weg, in häusliche Quarantäne. „Wahrscheinlich, weil sie Betten brauchten. Ich aber hatte kein Fieber und keine starken Symptome. Die anderen Männer mussten bleiben.“ Zu seinem Glück kümmern sich derzeit sein Sohn und seine Ex-Frau – im empfohlenen Abstand von 1,50 Meter – liebevoll um ihn.
Noch eine Woche Wohnzimmer-Quarantäne
„Sie haben extra eine Ecke im Wohnzimmer für mich hergerichtet. Außerdem ist mein Sohn Koch, das Essen ist köstlich“, freut er sich. Aber er vermisse Konstanz. „Ich weiß nicht, wann ich zurück darf.“ Die Quarantäne dauere noch eine Woche. Wie es anschließend weitergeht, ist offen: „Ich weiß nicht, ob ich über die Grenze darf.“
Covid-19: Meistens milde
- Laut Robert Koch Institut verlaufen etwa 80 Prozent aller Covid-19-Erkrankungen milde. Wie bei dem Konstanzer Roy File.
- Jeder fünfte Infizierte hat einen schlimmeren, potenziell tödlichen Krankheitsverlauf, vor allem Ältere und Männer.
- Dass sich die Viren vor allem im Rachen vermehren, erklärt, warum Covid-19 oft milde verläuft. Schafft es der Erreger in die unteren Atemwege, verläuft die Krankheit schwerer.
- Im Landkreis Konstanz sind derzeit 136 Personen infiziert, zwölf werden stationär behandelt (siehe Seite 31).