Marcel Sambale arbeitet in Winterthur und wohnt in Konstanz. Grenzgänger haben viele Gründe, ihre Arbeit in der Schweiz zu schätzen, in erster Linie den deutlich höheren Lohn. Viele arbeiten in Grenznähe, Marcel Sambale aber trennen 45 Kilometer von seinem Arbeitsplatz.

Die Entscheidung für den Schweizer Arbeitgeber fiel eher zufällig. Nach dem Studium und einem Auslandsaufenthalt wollte der Wirtschaftsingenieur vor fünf Jahren wieder zurück in die Bodenseeregion. Ein Freund vermittelte ihm ein Praktikum bei einem Automobilzulieferer in Winterthur. Aus dem Praktikumsplatz im Marketing wurde eine Festanstellung als IT-Manager. Inzwischen lebt Marcel Sambale mit seiner Partnerin und der einjährigen Tochter in Konstanz. Dass der 31-Jährige durch den Arbeitsplatz in der Schweiz Vorteile bei den Lebenshaltungskosten in Deutschland hat, ist ihm bewusst. So kann sich die Familie eine relativ hohe Miete in Konstanz leisten.

Für Familien ist das Leben in der Schweiz deutlich teurer

Ob er dauerhaft in die Schweiz ziehen soll wie während der Praktikumszeit, auch darüber hat Marcel Sambale nachgedacht. „Das haben wir aber verworfen“, sagt der Wirtschaftsingenieur, „mit Familie wären die Lebenshaltungskosten in der Schweiz trotz der Steuererleichterung vermutlich teurer“. Kinderbetreuung in der Schweiz sei zwar sehr gut organisiert, aber eben auch teuer.

Bild 1: Der Schweizer Franken bleibt eine starke Währung. Wie wirkt sich das auf Konstanzer Grenzgänger aus?
Bild: Schönlein, Ute

Einzelne Schwankungen im Wechselkurs seien für ihn persönlich im Alltag nicht spürbar, sagt Marcel Sambale. Allerdings bekomme seine Firma den Druck, der durch den starken Schweizer Franken entsteht, zu spüren. Das Unternehmen muss sich auf dem Weltmarkt behaupten, durch die starke Währung sind seine Produkte teurer als jene aus anderen Staaten, das macht den Absatz schwieriger. Bei dem Automobilzulieferer sind viele Ausländer beschäftigt, allein in der IT-Abteilung arbeiten neben Schweizern auch Deutsche, Italiener, Franzosen, Spanier, Slowenen, Griechen, Inder – die Arbeitssprache ist Englisch. „Seit ich dort beschäftigt bin, ist das Lohnniveau gesunken“, berichtet der 31-Jährige. Zum einen durch die Strategie, Ausländer einzustellen, denen man geringere Gehälter zahle als Schweizern, zum anderen durch neue, schlechter dotierte Arbeitsverträge.

Marcel Sambale an seinem Arbeitsplatz
Marcel Sambale an seinem Arbeitsplatz | Bild: Lasse Grosskurth

Gerade die Automobilzuliefererbranche in der Schweiz steht unter Druck. Deutsche Konkurrenten können bei niedrigeren Löhnen günstiger exportieren. „Wir spüren das durch einen permanent hohen Druck im Arbeitsalltag“, sagt Sambale.

Auch Finanzexperte Ehmann geht nicht automatisch davon aus, dass Grenzgänger der höhere Schweizer Lohn ausschließlich nutzt. Der schwächere Euro bewirke zwar eine faktische „Lohnerhöhung“. Allerdings fielen in der Schweiz die tatsächlichen Lohnerhöhungen deutlich seltener aus. Ein gut verdienender Kollege im selben Job in Deutschland könne also unter Umständen höhere Gehaltssprünge verzeichnen, so Ehmann.

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Die Überlegung, in der Nähe zu arbeiten, steht immer im Raum

Außerdem ist ein gutes Gehalt nicht alles. Marcel Sambale hat schon häufig überlegt, wieder in Deutschland zu arbeiten oder zumindest in einem Schweizer Ort, der Konstanz näher ist. Vor allem die lange Fahrtzeit zur Arbeit bedeutet für ihn einen Verlust an Lebensqualität. Seine kleine Tochter sieht er abends nur kurz. Ihm ist aber auch klar: Konstanz selbst hat keine Industrie, einen Job müsste er also auf der anderen Seeseite suchen. „Und dann wäre ich unter Umständen genauso lang unterwegs. Dann bleibe ich lieber in Winterthur, wo mir meine Firma gute Entwicklungsmöglichkeiten bietet.“