An manchen Tagen bekommen die Konstanzer Angst, dass ihre Stadt ein ähnliches Schicksal wie Venedig oder Dubrovnik erleiden könnte. Dann ist meistens Stau in der Bodanstraße, auf der B33 Richtung Konstanz staut es sich ebenfalls und in der Altstadt kommt man kaum einen Meter weiter, weil überall Menschen stehen, gehen und einkaufen.

Das Wachstum bleibt momentan moderat, aber stabil

Manch Konstanzer fragt sich in einem solchen Moment: Soll das so immer weiter gehen? Kommen immer mehr Touristen nach Konstanz?

Wenn es nach den Zielen der Marketing und Tourismus Konstanz GmbH (MTK) und jenen des Gemeinderats geht, soll es in Konstanz das Phänomen des "Overtourism" (Übertourismus) auch künftig nicht geben.

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Beim Übernachtungstourismus strebe die Stadtverwaltung ein verträgliches Wachstum von drei bis vier Prozent ein, so die Auskunft bei der MTK auf Anfrage des SÜDKURIER. Im Jahr 2018 wurde genau diese Zielmarke erreicht: das Wachstum bei den Übernachtungen liegt, zumindest bei den gewerblichen Tourismus-Betrieben, bei 3,5 Prozent.

Damit es nicht noch voller in Konstanz wird, werde die Hochsaison von der MTK gar nicht mehr beworben. Gemäß dem vom Gemeinderat verabschiedeten Tourismuskonzept konzentriere man sich auf die Bewerbung der Nebensaison.

Warum hat man trotzdem oft das Gefühl, dass die Stadt sehr voll ist?

Was weniger steuerbar ist, ist der Tagestourismus. Die meisten Besucher reisen zwischen 9 und 11 Uhr an und, sofern sie keine öffentlichen Verkehrsmittel nutzen, erzeugen so den Stau und das Gedränge in der Innenstadt. Um dem entgegenzusteuern, setzt die Stadt Verkehrskadetten ein und will den Pak-and-Ride-Parkplatz an der Schänzlebrücke weiter bewerben.

Wie gelingt die Entwicklung hin zum Tagungstourismus und zur Nebensaison?

Die Perspektive Tagungstourismus ist für die Hoteliers der Stadt von unterschiedlicher Bedeutung. Peter Martin, Direktor des Inselhotels, sieht diesen Bereich als zentral für die Überlebensfähigkeit vieler Betriebe an, gerade auch wegen des Personals. Heute wolle kaum noch jemand "saisonarbeiten" und seinen Aufenthaltsort wechseln.

Der Tagungsbereich im Inselhotel generiere 10 bis 15 Prozent des Umsatzes, hinzu kämen weitere acht bis zehn Prozent Übernachtungsgäste, die für Tagungen im Konzil oder auf der Mainau anreisten und im Inselhotel übernachteten. Dabei sei dieser Bereich enorm wichtig für das Steigenberger Inselhotel.

Kleine, exklusive Tagungen sind fürs Riva interessant

Ähnlich sieht es Thomas Bechtold, Direktor des Riva-Hotels an der Seestraße: ein Ausbau der Nebensaison sei auch für das Riva von Bedeutung. "Beim Tagungstourismus sind für uns eher kleinere, exklusivere Tagungen und Veranstaltungen wichtig", schreibt er auf Anfrage. Da das Riva seine Kapazitäten in diesem Bereich gerade erweitere, sei der Tagungstourismus in der Nebensaison ein interessantes Segment.

Wie stehen Hoteliers zu einer Erweiterung der Hotelkapazitäten?

Zumindest die Leiter der größeren Hotels können sich weitere Hotels in der Stadt als Bereicherung vorstellen, so sieht es beispielsweise Thomas Bechtold. Auch Peter Martin vom Inselhotel steht einer Erweiterung positiv gegenüber, allerdings wünscht er sich eine Ausweitung des Angebots in speziellen Bereichen. Ein positives Beispiel wäre das Sea Palace auf dem Büdingen Areal. Es brächte aus seiner Sicht ein ganz neues Klientel nach Konstanz und könnte den Ruf der Stadt verbessern.

Hotelketten sind bei den Konstanzer Hoteliers wenig beliebt

Was die Stadt auf keinen Fall mehr brauche, seien noch mehr günstige Hotels in weniger guten Lagen, so Martin. Sie schadeten den anderen Hotels, indem sie versuchten, Gäste durch Billigangebote anzulocken. Martin hat dabei vor allem die größeren Hotelketten im Blick.

Weitere Hotelbetreiber wie die Leiter des Aqua-Hotels, des Peterhofs in Petershausen und des Hotels 47 Grad antworteten nicht auf die Anfrage des SÜDKURIER.

In welchen Bereichen es Entwicklungspotenzial gibt

Auch bei der MTK ist man überzeugt, dass es weitere Hotelkapazitäten braucht, diese aber nicht beliebig sein dürften. Neuartige Hotelangebote, die eine Nische ausfüllten, seien interessant, schreibt Andrea Mauch, Pressesprecherin der MTK, wie beispielsweise das Angebot eines Hostels.

Besser werden könne man in Konstanz auch bei der Internationalisierung. Inzwischen sei Konstanz für Reisende aus Frankreich, Italien und Großbritannien interessant geworden. Die internationalen Gäste bekämen aber nicht immer ausreichend Angebote und Hilfestellungen in englischer Sprache wie Speisekarten oder Stadtführungen.

Mögliche Folgen eines "noch mehr" an Touristen

Dass es wichtig ist, beim Thema Tourismus maßzuhalten, sieht nicht nur die Branche selbst so. Auch bei der Feuerwehr macht man sich Gedanken zu einer Ausweitung der Menschenmengen in der Stadt. Christoph Kutschker, Pressesprecher der Feuerwehr, betont, dass es vor allem um den Verkehr gehe. An den sogenannten Hauptlasttagen hätten Rettungsdienste kaum eine Chance, einen Einsatzort zu erreichen. Das führe zu einer Verlängerung der Hilfsfristen. An dieser Stelle sei die Stadt mit entsprechenden Verkehrskonzepten gefordert.

Ein zweites Problem stellten die vielen Veranstaltungen, die in einer Touristenstadt stattfinden. An manchen Orten ist eine Ausweitung aus Sicht der Feuerwehr nicht mehr möglich: auf Klein-Venedig werden deshalb keine zusätzlichen Veranstaltungen mehr genehmigt. Außerdem wird es demnächst eine Aufstockung der hauptamtlichen Feuerwehrkräfte geben – auch dies hilft im Einsatzfall, dass die Hilfsfristen besser eingehalten werden können.