Der Gasthof Linde steht vor allem wegen seines Saals hoch im Kurs. Mit ihm haben Vereine, wie beispielsweise die Narren der Fürstenbergler und Schneckenbürgler, einen Veranstaltungsort für ihre bunten Abende. Nun könnte ein Ende drohen. Linde-Wirt Roland Kederer sagt auf die Frage, ob er an eine Aufgabe denke: Das stimme, „Ende 2019 hören wir auf“, sagt er gegenüber dem SÜDKURIER.
Das Traditionshaus hat seinen Ursprung im Jahr 1884. Seinerzeit stellte Bartholomä Oehri, ein Vorfahr Kederers, das Gesuch „zum Betrieb einer Schankwirtschaft“ und bat zudem um die Erlaubnis, „Branntwein auszuschenken“. Roland Kederer hat noch viele Unterlagen aus der 134-jährigen Geschichte des familiengeführten Gasthofs, in dem er aufgewachsen ist.

„Wir haben lange abgewogen“, bekennt Roland Kederer, der im Jahr 1981 nach dem frühen Tod seiner Eltern den eingeführten Familienbetrieb übernommen hatte. Schon als Kind half er im Gastronomiebetrieb mit. Für ihn war es selbstverständlich, das Traditionshaus weiterzuführen. Aber jetzt ist das Ende in Sicht. Roland und Ute Kederer sind jetzt beide 65 Jahre alt und haben für sich die Frage gestellt, wann der Zeitpunkt des Aufhörens und damit eines neuen Lebensabschnitts folgen sollte.
Ein Konstanzer hat Interesse am Kauf des Hauses
„Wir haben lange überlegt und auch über eine Verpachtung nachgedacht. Aber ohne einen Nachfolger ist das Ganze doch ergebnislos“, stellt Roland Kederer fest. So fasste das Wirte-Paar den Entschluss, den ortsbildprägenden Altbau, der nach einem Blitzschlag abgebrannt war und in den Jahren 1904 und 1905 wieder aufgebaut wurde, zu verkaufen. Auch das fällt Kederer nicht leicht, denn die Bindung zu jenem Haus, in dem er groß geworden und eigentlich sein ganzes Leben verbracht hat, ist eng.
„Wir haben einen Käufer, einen Konstanzer“, berichtet Kederer, ohne Namen nennen zu wollen, und fügt an: „Für uns war es wichtig, einen Käufer aus der Region zu finden. Wir wollten das Gefühl haben, dass das Haus in gute Hände kommt.“ Dann fügt Roland Kederer hinzu: „Was der Käufer daraus macht, ist offen. Es ist möglich, dass die Gastronomie bleibt, denn er kauft die Linde mitsamt Inventar.“ Das Zittern und Bangen um den beliebten Linde-Saal wird also noch andauern.

Der Festsaal, der 1928 dazukam, wie Roland Kederer erzählt, ist das eigentliche Markenzeichen und für viele Konstanzer schier unverzichtbar. Viele Hochzeiten und andere Familienfeste haben hier stattgefunden. Alte Konstanzer werden sich noch an die Tanzveranstaltungen in den 1950er und 1960er Jahre erinnern, als sogar Altstädter nach Wollmatingen fuhren, um in der Linde und im Rössle zu Livemusik das Tanzbein zu schwingen.
Vor allem für die Narrenvereine war der Linde-Saal eine Heimat. Früher war die Linde das Stammhaus der Giraffen AG. „1963 kamen die Fürstenbergler zu uns und seit 1994 veranstalten auch die Schneckenbürgler ihre bunten Abende in unserem Saal“, erzählt Roland Kederer. Die Jahreszahlen hat er sofort parat; nachschlagen muss er nicht. Die Vereine sind ihm ans Herz gewachsen. „Es war immer ein gutes, vertrauensvolles Miteinander und wir haben den Vereinen immer freie Hand gelassen“, so Kederer.

Dass das Entgegenkommen nicht selbstverständlich ist, war den Vereinen immer bewusst. Jürgen Stöß, Präsident des Narrenvereins Schneckenburg, kann das rundheraus bestätigen. „Wir konnten eigentlich schalten und walten, wie wir wollten. Bereits im Sommer konnten wir im Saal Kulissen malen. Und wenn Ute und Roland im Urlaub waren, haben sie uns einfach den Schlüssel gegeben“, erzählt Stöß, wohlwissend, dass solch eine Freiheit heutzutage Ausnahmen sind.
Gerade für die Vereine beginnt jetzt die Zeit des Suchens, denn finanziell leistbare Veranstaltungsräume sind in Konstanz Mangelware. Deshalb hoffen sie, dass der künftige Eigner des Gasthofs den Linde-Saal beibehält.
„Ich werde dann meine nicht vorhandenen Hobbys pflegen“
Wenn auch die Zukunft ungewiss ist – ein Jahr lang wird alles noch seinen Gang nehmen unter der Regie von Ute und Roland Kederer, denn „wir hören erst Ende 2019 auf“, sagt der Linde-Wirt im Gespräch. Den Gasthof wird das Paar zwar verkaufen, aber das Gästehaus, das im Jahr 1993 im hinteren Teil des Anwesens erbaut wurde, werden Kederers weiterführen. „2020 wird für uns dann ein bisschen ruhiger“, meint Kederer und fügt an: „Und dann werde ich meine nicht vorhandenen Hobbys pflegen.“
Der Gasthof
Bartholomä Oehri hat den Gasthof Linde 1884 eröffnet. Das Haus wurde 1904/1905 nach einem Brand wieder aufgebaut. Der Linde-Saal kam 1928 dazu. Das Interieur der Gaststätte ist von 1963. Sogar die Telefonkabine neben dem Eingang ist noch erhalten und das Münztelefon steht noch zur Verfügung. „Früher habe ich es einmal pro Woche geleert“, erinnert sich Roland Kederer, der 1981 den Familienbetrieb seiner Eltern übernommen hat. Angaben zu denkmalgeschützten Teilen konnte er nicht machen.