200 Verstöße. Pro Nacht. Pro Fahrtrichtung. Vier Wochen lang. So oft habe es auf der Schänzlebrücke geblitzt, nachdem die beiden neuen Radaranlagen im September in Betrieb genommen wurden. Das berichtet Frank Conze, der die Abteilung Verkehrsweisen beim Bürgeramt Konstanz leitet. "Erst seit November gehen die Verstöße langsam zurück", sagt er.
Wegen einer Folge von Problemen – angefangen bei der schleppenden Kommunikation mit dem für diese Bundesstraße zuständigen Regierungspräsidium Freiburg über anschließende Lieferengpässe des Herstellers bis zu Schwierigkeiten beim Bau der Anlagen – hatte sich deren Einrichtung bis in diesen Herbst hinein verzögert.
Wäre es hierzu nicht gekommen, fiele die Statistik der insgesamt acht Standorte in Konstanz, die mit modernen Radarfallen aufgestellt wurden, noch gravierender aus. Zumal auch der erst im zurückliegenden April aktivierte Standort Reichenaustraße Casino überproportional zu Buche schlägt.
Unser Video zeigt die sieben Stellen im Konstanzer Stadtgebiet, an denen feste Blitzanlagen installiert wurden. Eine weitere findet sich am Ortseingang von Litzelstetten.
Bürgeramt rechnet bis Ende des Jahres mit bis zu 550.000 Euro Einnahmen durch Bußgelder
Schon so lösten die neuen Radarfallen häufiger aus, als von der Stadtverwaltung vor ihrer Inbetriebnahme im November 2017 vorhergesagt. "Wir waren mit der Prognose bewusst vorsichtig", erklärt Frank Conze. 15.000 Verstöße jährlich wurden in der Modellrechnung zur Finanzierung des Projekts genannt – jetzt sind es seit Januar knapp 29.000, die 30.000er-Marke wird wohl bis Neujahr noch geknackt.
Bei einer durchschnittlichen Bußgeldhöhe von 16 Euro je Verstoß rechnet die Verwaltung bis Ende dieses Jahres mit Einnahmen von bis zu 550.000 Euro. Die gehen an den städtischen Haushalt – ohne bestimmten Verwendungszweck, sagt Conze. Die Kosten von 650.000 Euro für die Umsetzung des Projekts, die im zurückliegenden Doppelhaushalt eingeplant waren, sind damit fast wieder eingespielt.
Mehr als eine halbe Million Euro dank Temposündern – das sei nichts anderes als Abzocke, schallt es bisweilen durch Konstanz. Die Stadtverwaltung hat sich gegen diese Vorwürfe stets verwehrt und betont, bei den insgesamt 16 aufgestellten Blitzern – einer je Standort und Fahrtrichtung – gehe es einzig um Verkehrssicherheit. So wurden für die Festlegung der Standorte sieben Kriterien nach unterschiedlicher Gewichtung herangezogen – Unfallschwerpunkte oder die Nähe zu Schulen oder Altenheimen zählten in dieser Untersuchung zum Beispiel besonders viel.
Abzock-Vorwürfe sind für die Bürgeramtsleiterin "schwer nachvollziehbar"
Anja Risse, Leiterin des Bürgeramts, kann daher Abzock-Vorwürfe auch nach einem Jahr Betrieb "nur schwer nachvollziehen. Die Stadtverwaltung macht ja nichts falsch, sondern diejenigen, die gegen die geltenden Regeln verstoßen," argumentiert sie.
Vor dem Begriff Erfolgsmodell scheut sie im Bezug auf die neuen Blitzer jedoch zurück: "Das sind sie dann, wenn die Verstöße im kommenden Jahr weniger werden. Das machen wir nicht am monetären Erfolg jetzt fest, sondern am langfristigen Ziel von mehr Verkehrssicherheit."
Für Frank Conze vom Amt für Verkehrswesen seien daher die wenigen registrierten Verstöße vor der Grundschule Wallgut in der Gartenstraße auch ein größerer Erfolg.
Gleichzeitig warnt er davor, die absoluten Zahlen falsch zu interpretieren. Denn von den insgesamt 16 Anlagen sind nur jeweils fünf aktiv. "Man müsste sich also ansehen, wie lange jeweils eine Kamera eingesetzt ist", sagt er. Eine solche Statistik gebe es im Moment jedoch nicht. Denkbar sei, dass die Verwaltung weitere Kameras kaufe – im kommenden Jahr sei das aber nicht geplant, so Conze.
Stadteinwärts unterwegs mit 118 statt erlaubter 60 km/h
Um die Zahlen besser einordnen zu können, hilft ein Blick auf die Anzahl der Fahrzeuge, die den jeweiligen Blitzer passierten. So erwischte es zum Beispiel am Standort Reichenaustraße Casino in beide Fahrtrichtungen seit April fast 6200 Menschen.
Dort stellte ein Autofahrer auch den unrühmlichen Rekord auf: Mit 118 km/h fuhr er Richtung Innenstadt – erlaubt sind 60. Er oder sie ist einer von insgesamt 444 Personen, die so schnell unterwegs waren, dass sie dafür einen oder mehrere Punkte in Flensburg kassierten.
Im gleichen Zeitraum fuhren dort aber auch fast 2,3 Millionen Fahrzeuge entlang. Jeder 370. tappt damit in die Tempofalle. Andererseits wurden in diesem Jahr in der Steinstraße bisher 3500 Verstöße registriert – dort waren aber auch nur 450.000 Fahrzeuge unterwegs. Das heißt: Jeder 130. war zu schnell.